Drucksache 16/2316 14. 05. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 13. Juni 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Dr. Rahim Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Gesundheitsforschung in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 1509 vom 22. April 2013 hat folgenden Wortlaut: Die Gesundheitsforschung leistet einen wichtigen Beitrag, um die Lebensqualität der Menschen zu erhöhen. Im Mittelpunkt stehen neue und bessere Diagnoseverfahren und Therapien, aber auch Wege zur Prävention. Bund und Länder fördern vor allem die Erforschung der sogenannten Volkskrankheiten, wie z. B. Krebs, Herz-Kreislauf-, Infektions- oder neurodegenerative Erkrankungen. Dabei spielt vor allem die Translation eine Rolle, d. h. die Überführung der Ergebnisse aus der Grundlagen- und der klinischen Forschung in die medizinische Regelversorgung. In Rheinland-Pfalz gibt es eine Reihe von wissenschaftlichen Einrichtungen, die in der Gesundheitsforschung herausragende Leistungen erbringen, u. a. in Mainz die Universitätsmedizin, das Institut für Molekulare Biologie IMB oder das Institut für Translationale Onkologie TRON. Die Qualität der Ergebnisse der Gesundheitsforschung hängt vor allem von einer hervorragenden Ausstattung, dem Know-how zur Durchführung klinischer Studien, guter Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, einer Spezialisierung der Akteure, aber auch von überregionalen Kooperationen ab. Ich bitte die Landesregierung um die Beantwortung folgender Fragen: 1. An welchen überregionalen Strukturvorhaben in der Gesundheitsforschung sind wissenschaftliche Einrichtungen aus Rheinland- Pfalz aktuell beteiligt und wie unterstützt die Landesregierung diese Einrichtungen? 2. Wie haben sich die Drittmitteleinnahmen (in absoluten Zahlen) in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaf- ten (Universitäten und Hochschulkliniken) in Rheinland-Pfalz in den letzten fünf Jahren entwickelt? Wie ist nach Kenntnis der Landesregierung die Entwicklung in den anderen Ländern? 3. Von welchen Instrumenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Förderung von Kooperationen in der Gesundheitsforschung profitiert die Universität Mainz derzeit? 4. Wie viele klinische Studien werden derzeit in Rheinland-Pfalz durchgeführt und wie hat sich die Anzahl in den letzten fünf Jahren entwickelt? 5. Wie fördert die Universitätsmedizin Mainz den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Gesundheitsforschung? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Mai 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Universitätsmedizin Mainz ist an mehreren überregionalen Strukturvorhaben in der Gesundheitsforschung beteiligt. Mit dem „Center for Thrombosis and Hemostasis (CTH)“ betreibt die Universitätsmedizin Mainz seit dem Jahr 2010 eines von bundesweit acht Integrierten Forschungs- und Behandlungszentren. Rheinland-Pfalz unterstützt den Auf- und Ausbau des Zentrums mit insgesamt rund 1 Mio. Euro. Beim „Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK)“ und beim „Deutschen Zentrum für Herz-Kreislaufforschung (DZHK)“ stehen neue Ansätze in der Prävention, der Diagnose und der Therapie im Mittelpunkt. Beide Zentren werden seit Drucksache 16/2316 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode dem Jahr 2011 zunächst fünf Jahre lang zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu zehn Prozent von den Ländern finanziert, in denen beteiligte Institutionen ihren Sitz haben. Rheinland-Pfalz stellt dafür rund 500 000 Euro bereit . Der von Mainz aus koordinierte länderübergreifende „Cluster für individualisierte Immunintervention (CI3)“ konnte sich im Jahr 2012 im Spitzenclusterwettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchsetzen. CI3 vernetzt Akteure im Rhein-Main-Gebiet aus Wissenschaft, Industrie und regulatorischen Institutionen. Übergeordnetes Ziel von CI3 ist es, innovative, auf den einzelnen Menschen maßgeschneiderte Diagnostik- und Therapiekonzepte zur Behandlung und Vorbeugung beispielsweise von Tumor- oder Autoimmunerkrankungen verfügbar zu machen. Rheinland-Pfalz unterstützt das Clustermanagement mit insgesamt rund 1,3 Mio. Euro Landesmitteln sowie mit rund 418 000 Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung. Zu Frage 2: Die eingeworbenen Drittmittel in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften haben sich in Rheinland-Pfalz in den Jahren 2006 bis 2010 von rund 34,5 Mio. Euro um 8,11 Mio. Euro auf 42,6 Mio. Euro erhöht. Daten aus der amtlichen Statistik liegen bis zum Jahr 2010 vor und ergeben sich aus der folgenden Tabelle: 2 Drittmitteleinnahmen der Hochschulen in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften (in T€) 2006 2007 2008 2009 2010 Baden-Württemberg 193 346 209 521 246 754 278 167 286 050 Bayern 201 886 203 078 219 539 241 701 257 482 Berlin 104 854 122 588 136 995 140 581 165 714 Brandenburg 0 0 0 0 0 Bremen 0 0 0 0 0 Hamburg 30 516 19 548 27 578 30 817 52 241 Hessen 53 937 58 653 64 680 62 534 80 607 Mecklenburg-Vorpommern 9 688 3 957 14 759 4 460 3 910 Niedersachsen 88 880 102 659 117 216 121 017 126 045 Nordrhein-Westfalen 189 361 189 565 198 876 226 157 240 796 Rheinland-Pfalz 34 495 36 367 40 022 42 501 42 639 Saarland 11 155 13 588 12 329 15 699 17 924 Sachsen 32 524 38 654 51 535 64 543 74 034 Sachsen-Anhalt 20 690 18 249 21 904 22 217 27 812 Schleswig-Holstein 47 416 45 600 45 523 46 524 46 384 Thüringen 13 662 13 847 15 230 18 481 19 325 Deutschland 1 032 411 1 075 873 1 212 941 1 315 396 1 440 964 Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 4. 3. 2, 2006 bis 2010. Zu Frage 3: Die Universität Mainz ist mit der Universitätsmedizin Mainz in der Gesundheitsforschung bei zahlreichen Verbundförderinstrumenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft beteiligt. Dabei handelt es sich um Sonderforschungsbereiche, Sonderforschungsbereiche /Transregios, Forschergruppen, klinische Forschergruppen und Graduiertenkollegs. Sonderforschungsbereiche (SFB) sind auf bis zu zwölf Jahre angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen, in denen Wissen - schaftlerinnen und Wissenschaftler über die Grenzen ihrer jeweiligen Fächer, Institute, Fachbereiche und Fakultäten hinweg im Rahmen eines übergreifenden und wissenschaftlich exzellenten Forschungsprogramms zusammenarbeiten. Sofern mehrere Hochschulen zusammenarbeiten, handelt es sich um einen Sonderforschungsbereich/Transregio (SFB/Transregio). Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2316 Die Universität Mainz ist mit der Universitätsmedizin Mainz derzeit wie folgt beteiligt: SFB/TRR 52: Transkriptionelle Programmierung individueller T-Zellen-Populationen (bis 30. Juni 2013), SFB/TRR 58: Furcht, Angst, Angsterkrankungen (bis 2016), SFB/TRR 128: Initiierungs-, Effektor- und Regulationsmechanismen bei Multipler Sklerose – von einem neuen Verständnis der Pathogenese zur Therapie (bis 2016), SFB 1080: Molekulare und zelluläre Mechanismen der neuralen Homöostase (bis 2016). In Forschergruppen (FOR) wird die mittelfristig angelegte, enge Zusammenarbeit von mehreren herausragend ausgewiesenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an einer besonderen Forschungsaufgabe gefördert. Die Förderung beträgt in der Regel sechs Jahre. Die Universität Mainz ist mit der Universitätsmedizin Mainz derzeit wie folgt beteiligt: FOR 926: Physiologie und Pathophysiologie des Endocannabinoidsystems (bis 2015), FOR 1332: Physiologische Funktionen der APP-Genfamilie im zentralen Nervensystem (bis 2013), FOR 1341: Barrel Cortical Function (bis 2016). Klinische Forschergruppen (KFO) verfolgen das Ziel der Förderung von Forschungsverbünden in der krankheits- oder patientenorientierten klinischen Forschung und die dauerhafte Implementierung von wissenschaftlichen Arbeitsgruppen in klinischen Einrichtungen . Die Förderung beträgt in der Regel sechs Jahre. Die Universität Mainz ist mit der Universitätsmedizin Mainz derzeit wie folgt beteiligt: KFO 183: Optimierte Allogene Lymphozytentherapie (bis 2014). Graduiertenkollegs (GK) sind Einrichtungen der Hochschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses mit einer Förderung über maximal neun Jahre. Im Mittelpunkt steht die Qualifizierung von Doktorandinnen und Doktoranden in einem thematisch fokussierten Forschungsprogramm sowie einem strukturierten Qualifizierungskonzept, das gemeinsam von einer Reihe ausgewiesener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler getragen wird. Die Universität Mainz ist mit der Universitätsmedizin Mainz derzeit wie folgt beteiligt: GK 1043: Immuntherapie (bis 30. Juni 2013), GK 1044: Entwicklungsabhängige und krankheitsinduzierte Modifikationen im Nervensystem (bis 30. Juni 2013). Zu Frage 4: In den ersten vier Monaten des Jahres 2013 wurden in Rheinland-Pfalz bislang 193 Anträge auf Durchführung von klinischen Studien vorgelegt. Die Anzahl der klinischen Studien hat sich in den letzten Jahren in Rheinland-Pfalz wie folgt entwickelt: 3 Jahr Anzahl Studien 2007 444 2008 502 2009 504 2010 533 2011 558 2012 580 Quelle: Ethik-Kommission der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Zu Frage 5: In der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sieht die Universitätsmedizin Mainz eine zentrale Aufgabe. In den vergangenen Jahren hat die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein umfassendes Programm zur strukturierten Graduier - tenausbildung geschaffen. Hiervon profitiert auch der wissenschaftliche Nachwuchs der Universitätsmedizin Mainz. Die Ausbildung der Doktorandinnen und Doktoranden erfolgt auf drei Ebenen. Die Basis bilden Promotionskollegs, die entweder allgemein Drucksache 16/2316 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode und universitätsweit fachübergreifende Ausbildungselemente oder spezielle und fachbezogene Fragestellungen behandeln. Auf der zweiten Ebene sind u. a. das bei Frage 1 genannte CTH sowie die bei Frage 3 genannten GK angesiedelt. Mit der dritten Ebene, der Gutenberg-Akademie für Wissenschaftlichen Nachwuchs, verfolgt die Johannes Gutenberg-Universität ein Mentoringkonzept, das den 25 besten Doktorandinnen und Doktoranden der Johannes Gutenberg-Universität vorbehalten ist. Die Universitätsmedizin Mainz baut mit der Graduiertenschule für Translationale Medizin (TRANSMED) ein neues Instrument auf. Diese stellt für die Ausbildung des Forschernachwuchses die anwendungs- und vor allem patientenorientierte Forschung in den Mittelpunkt. Die Graduiertenschule integriert alle in Mainz vorhandenen biomedizinischen Graduiertenprogramme und bietet eine Plattform für die interdisziplinäre Ausbildung zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung für Ärztinnen und Ärzte sowie für Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler. Im Mittelpunkt steht dabei die enge Verknüpfung der wissenschaftlichen Qualifikation, der klinischen Forschungstätigkeit und der fachärztlichen Ausbildung. Mit der Etablierung dieses in Deutschland einzigartigen Ausbildungscurriculums setzt TRANSMED besondere Anreize für eine Karriere in der translationalen Medizin. Ergänzt wird die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch weitere Instrumente, wie z. B. spezifische Stellenmodelle für Ärztinnen und Ärzte, bei denen eine sehr enge Integration in klinische Studien erfolgt. Doris Ahnen Staatsministerin 4