Drucksache 16/2336 17. 05. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. Juni 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wolfgang Reichel (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Schulleiterstelle am Mainzer Frauenlob-Gymnasium I Die Kleine Anfrage 1531 vom 24. April 2013 hat folgenden Wortlaut: Aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 9. November 2012 ist es der Landesregierung untersagt worden, die Schulleiterstelle am Mainzer Frauenlob-Gymnasium mit dem vom Bildungsministerium favorisierten Bewerber zu besetzen. Dieser Bewerber hatte sich erst im zweiten Verfahren beworben. Das Bildungsministerium bzw. die nachgeordnete ADD hatte vor der Ausschreibung zum zweiten Verfahren das erste Verfahren ohne schriftliche Dokumentation eines sachlichen Grundes und ohne schriftliche, d. h. unmissverständliche Information des einzig verbliebenen, aber abgelehnten Bewerbers abgebrochen. Damit hatte der Bewerber nicht die Möglichkeit , das Fehlen eines sachlichen Grundes in zumutbarer Weise zu rügen. Laut Urteil des VerwG Mainz hat das Bildungsministerium damit gegen Artikel 33 Abs. 2 GG und gegen das öffentlich zugängliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. November 2011 sowie gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2012 verstoßen. Die Bildungsministerin bezeichnete in der Presse den unzulässigen Abbruch des ersten Verfahrens als „normalen Vorgang“. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Ist die Landesregierung unter Berücksichtigung der einschlägigen aktuellen Gerichtsurteile nach wie vor der Auf- fassung, dass ein Verstoß gegen das Grundgesetz in so einem wichtigen Fall ein „normaler Vorgang“ ist? 2. Weshalb wurde das Urteil des BVerfG vom 28. November 2011 während des Verfahrens zur Besetzung der Schul- leiterstelle am Frauenlob-Gymnasium nicht berücksichtigt? 3. Seit wann hatte die Landesregierung Kenntnis von dem Urteil? 4. Unter Berücksichtigung der Antwort auf die Kleine Anfrage der CDU (Drucksache 16/1928), dass die Ent- scheidung des VerwG „ausschließlich auf formalen Aspekten im Auswahlverfahren beruhe“ und nicht grundsätzlich eine Rechtswidrigkeit bei der Beurteilung des Bewerbers vorliege, muss gefragt werden, ob bei dieser wichtigen Stellenbesetzung eine transparente und nachvollziehbare Beurteilung der Eignung des Bewerbers und dessen schriftliche Information lediglich eine unnötige Formalie ist? 5. Welchen Stellenwert hat die sachgerechte Beurteilung und Durchführung von Besetzungsverfahren vor dem Hintergrund , dass Schul- und Zeugnisnoten für Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern nachvollziehbar begründet werden müssen? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 17. Mai 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Nach dem auf Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz beruhenden § 9 Beamtenstatusgesetz sind Ernennungen, also Besetzungen von Beamtenstellen, nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Zur Verwirklichung dieses Grundsatzes der Bestenauslese werden die zu besetzenden Stellen ausgeschrieben und im Wege eines Auswahlverfahrens besetzt. Drucksache 16/2336 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Für die Schulleiterstelle am Mainzer Frauenlob-Gymnasium lag nach Rückzug zweier Bewerbungen lediglich noch die Bewerbung eines nach schulfachlicher Einschätzung nicht geeigneten Bewerbers vor. Dadurch war eine Bewerbungssituation entstanden, aufgrund derer der Dienstherr nach sachgerechter Prüfung zu der Auffassung gelangt war, dass die Auswahl und die spätere Beförderung eines Bewerbers dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung der Stelle zuwidergelaufen wäre. Somit war es sachlich gerechtfertigt und rechtlich geboten, das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen. Dabei ist ein Verfahrensfehler unterlaufen , weshalb das Verwaltungsgericht Mainz in seinem Beschluss vom 9. November 2012 den Abbruch für nicht rechtmäßig erklärt hat. In dieser Entscheidung hat das Gericht weder den sachlichen Grund für den Abbruch noch die Eignungsbewertung des einzig verbliebenen Bewerbers gerügt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Die Aussage, dass ein rechtswidriger oder unzulässiger Abbruch eines Verfahrens ein „normaler Vorgang“ sei, wurde nicht gemacht. In einer Pressemitteilung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur vom 27. November 2012 wurde ausgeführt, „dass es bei der Besetzung von Schulleiterpositionen durchaus dazu kommen kann, dass Auswahlverfahren abgebrochen werden, in denen nur noch eine Bewerberin oder ein Bewerber verblieben ist, bei der oder bei dem Zweifel an der optimalen Eignung bestehen. Man versucht dann, durch eine neue Ausschreibung den Bewerberkreis zu erweitern.“ Der in diesem Verfahren vom Gericht festgestellte Verfahrensfehler hat den rechtlichen Anspruch des Bewerbers auf rechtsfehlerfreie Behandlung seiner Bewerbung verletzt. Dies stellt jedoch keinen Verstoß gegen das Grundgesetz dar. Zu den Fragen 2 und 3: Gerichtliche Entscheidungen tragen stets das Datum, an dem das Gericht die Angelegenheit verhandelt hat. Die Veröffentlichung der mit Gründen versehenen Entscheidung erfolgt regelmäßig zu einem späteren Zeitpunkt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. November 2011 war zum Zeitpunkt des Abbruchs des Auswahlverfahrens durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion im Januar 2012 nicht bekannt. Zu den Fragen 4 und 5: Verwaltungsentscheidungen müssen von Rechts wegen sowohl formale als auch sachliche Voraussetzungen erfüllen. Die in der Frage 4 zitierte Formulierung aus der Vorbemerkung der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1242, Drucksache 16/1928 („Diese Entscheidung beruhte ausschließlich auf formalen Aspekten im Auswahlverfahren. Sie besagt nicht, dass bei der Beurteilung der Eignung des Bewerbers rechtswidrig vorgegangen wurde.“), bringt zum Ausdruck, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz vom 9. November 2012 auf einem formalen Fehler im Verfahren beruhte, inhaltliche Aspekte jedoch vom Gericht nicht gerügt wurden. Das bedeutet nicht, dass formale Aspekte eines Verwaltungsverfahrens einen geringeren Stellenwert haben als inhaltliche. Vielmehr besitzen beide Verfahrensbestandteile den gleichen hohen Stellenwert. In Vertretung: Hans Beckmann Staatssekretär