Drucksache 16/2344 22. 05. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Daniel Köbler und Nicole Müller-Orth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Durchsuchungen in der Suchthilfestelle Café Balance in Mainz Die Kleine Anfrage 1541 vom 30. April 2013 hat folgenden Wortlaut: Am 8. Mai 2012 führte die Polizei eine Durchsuchung der städtischen Suchthilfestelle „Café Balance“ in der Mainzer Oberstadt durch. Nach der Durchsuchung war die städtische Einrichtung für zwei Tage geschlossen. Gegen zwei hauptamtliche Mitarbeiter des Cafés wurde wegen angeblicher Duldung von Drogenhandel in der Einrichtung ermittelt. Das Verfahren gegen die Beteiligten wurde mittlerweile eingestellt. Das Vorgehen der Ermittlungsbehörden wurde in der Öffentlichkeit stark diskutiert und teilweise kritisiert. Wir fragen daher die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse von Polizei und Staatsanwaltschaft? 2. Wie sieht die Landesregierung die öffentlich geäußerte Kritik am Vorgehen der Ermittlungsbehörden? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Folgen für Drogen- und Suchtberatung? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 21. Mai 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat mit Verfügung vom 3. April 2013 das gegen die beiden Sozialarbeiter der Mainzer Drogeneinrichtung geführte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verschaffens einer Gelegenheit zum unbefugten Erwerb, zur unbefugten Abgabe und zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln nach § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt. Nach Darlegung der Staatsanwaltschaft habe auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse zwar nachgewiesen werden können, dass die Einrichtung regelmäßig zur Abwicklung von Drogengeschäften genutzt worden sei. Dementsprechend seien auch eine Reihe von Verurteilungen zu Freiheits- bzw. Geldstrafen gegen gesondert verfolgte Drogenabnehmer und -händler erwirkt worden. Es habe jedoch nicht nachgewiesen werden können, dass Drogengeschäfte von den Beschuldigten bemerkt und geduldet oder gar gefördert worden seien. Die Einstellung des Verfahrens aus den dargelegten Gründen ist aus Sicht der Landesregierung nicht zu beanstanden. Zu Frage 2: Die Staatsanwaltschaft Mainz und die Kriminaldirektion des Polizeipräsidiums Mainz haben ab August 2011 aufgrund der Aussage einer anderweitig verfolgten Person die Ermittlungen in dem zugrundeliegenden Verfahren aufgenommen. Nach dem in § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung verankerten Legalitätsprinzip ist die Staatsanwaltschaft beim Vorliegen eines Anfangsverdachtes grundsätzlich verpflichtet, die Ermittlungen aufzunehmen. Es steht daher nicht in ihrem Ermessen, ob sie zur Verfolgung der Straftaten einschreitet oder nicht. Diese Verpflichtung der Staatsanwaltschaft gilt ohne Einschränkungen auch für Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. Juni 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2344 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Hilfseinrichtungen der Drogenhilfe. Sogenannte niederschwellige Einrichtungen – wie beispielsweise das „Café Balance“ – stellen zwar einen geschützten, nicht jedoch rechtsfreien Raum für betäubungsmittelabhängige Personen dar. Insgesamt wurden zwölf Ermittlungsverfahren gegen dreizehn Personen einschließlich des Verfahrens gegen die beiden Mitarbeiter der Drogenhilfeeinrichtung eingeleitet. In neun Verfahren wurden Geld- bzw. Freiheitsstrafen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz erwirkt. Neben der Einstellung des Verfahrens gegen die beiden Mitarbeiter der Einrichtung wurden auch die Ermittlungen gegen zwei weitere Beschuldigte eingestellt. Die Durchsuchung ist am 8. Mai 2012 auf der Grundlage eines richterlichen Beschlusses, den das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft am 13. April 2012 erlassen hat, erfolgt. Einer der beiden ehemals beschuldigten Mitarbeiter der Drogenhilfeeinrichtung hat bei Gericht beantragt, die Rechtswidrigkeit der Art und Weise der Durchsuchung des „Café Balance“ am 8. Mai 2012 festzustellen. Das Amtsgericht Mainz hat diesen Antrag mit Beschluss vom 11. Januar 2013 abgelehnt. Hiergegen und gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts vom 13. April 2012 hat der Mitarbeiter Beschwerde erhoben. Eine Entscheidung des Landgerichts hierzu steht noch aus. Vor dem Hintergrund des laufenden gerichtlichen Verfahrens sieht die Landesregierung davon ab, eine Bewertung zu dem Durchsuchungsbeschluss und dessen Vollziehung abzugeben. Zu Frage 3: Aufsuchende und niedrigschwellige Arbeit in der Suchtkrankenhilfe ist notwendig, um schwerstkranke, drogenabhängige Personen zu erreichen. Diese niedrigschwelligen Angebote, wie sie vom „Café Balance“ in Mainz vorgehalten werden, sind ein unverzichtbarer Baustein in der rheinland-pfälzischen Politik gegen Drogen. Deshalb fördert die Landesregierung die niedrigschwellige und aufsuchende Arbeit in der Drogenhilfe mit erheblichen Mitteln, unter anderem durch ein spezifisches Fachkräfteprogramm. Mit der Förderung sollen beispielsweise die Sicherung des Überlebens, eine gesundheitliche und soziale Stabilisierung soweit möglich und die Förderung der Motivation zum Ausstieg und die Vermittlung in weiterführende Hilfeangebote ermöglicht werden. Der Erfolg dieser Arbeit schlägt sich auch in der im Jahr 2012 erneut gesunkenen Zahl der Drogentodesfälle in Rheinland-Pfalz nieder. Die Durchsuchung des „Café Balance“ im Jahr 2012 hat bei den Fachkräften sowie bei den Klientinnen und Klienten zu Verunsicherung geführt. Hinzu kommt, dass die Abordnung zweier Mitarbeiter, gegen die sich das Ermittlungsverfahren richtete, eine vorübergehende Reduzierung der Öffnungszeiten der Einrichtung erforderlich machte. In der Folge haben sich nach Angaben der Beratungsstelle die Klientenzahlen nahezu halbiert. Es ist daher zu begrüßen, dass nach Einstellung der Ermittlungen nunmehr wieder die volle Kapazität der Angebote vorgehalten werden kann. Hierbei ist sicherzustellen, dass in diesem komplexen Arbeitsfeld klare Zugangskriterien und Regeln gelten, die den fachlichen Standards der Suchtkrankenhilfe entsprechen. In diesem Zusammenhang ist deshalb hervorzuheben, dass sogenannte Niedrigschwelligkeit nicht mit Regellosigkeit oder gar Straflosigkeit gleichgesetzt werden kann. Im Interesse der drogenabhängigen Menschen und der Fachkräfte sind die regional verantwortlichen Entscheidungsträger aus dem justiziellen, dem polizeilichen und dem sozialen Bereich gefordert, im Gespräch eine tragfähige Lösung finden, die den Fachkräften Sicherheit in ihrer täglichen Arbeit bietet und drogenabhängigen Menschen den Ausstieg aus der Sucht ermöglicht. Jochen Hartloff Staatsminister