Drucksache 16/2359 27. 05. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. Juni 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wolfgang Reichel (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Bahnlärm in der Mainzer Neustadt nach Anbindung der Nordseehäfen von Rotterdam, Antwerpen, Amsterdam bis Mailand und Genua Die Kleine Anfrage 1546 vom 2. Mai 2013 hat folgenden Wortlaut: Die Stadt Mainz ist seit sehr vielen Jahren durch Fluglärm extrem belastet. Zukünftig wird der Bahnlärm erheblich zunehmen und neben dem Mittelrheintal auch die Mainzer Neustadt stark belasten. Spätestens ab 2017 wird der Güterverkehr so ansteigen, dass die Menschen keine Ruhe finden werden. Umweltlärm führt nachweisbar zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Deshalb ist es erforderlich, Lärmquellen zu reduzieren und moderne – technische – Möglichkeiten der Lärmreduzierung zu nutzen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie ist der aktuelle Sachstand zum Bau des Überwerfungsbauwerks in der Mainzer Neustadt und wann ist mit der Fertigstel- lung zu rechnen? 2. Was unternimmt die Landesregierung aktuell bzw. welche Initiativen hat die Landesregierung auf den Weg gebracht, um die Bahn- lärmbelastung zu reduzieren? 3. Welche Gespräche mit welchen Ergebnissen hat die Landesregierung mit Vertretern der Deutschen Bahn geführt, um eine Reduzierung der Lärmbelastung (zum Beispiel durch ein leiseres Bremssystem oder Nachtfahrverbote etc.) in Mainz und im Mittelrheintal zu erreichen? 4. Welche (wissenschaftlichen) Erkenntnisse hat die Landesregierung zur Steigerung der Lärmbelastung durch die Fertigstellung der neuen Bahnstrecke mit dem Bau des Gotthard-Basistunnels in Mainz und im Mittelrheintal? 5. Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich die erhebliche Zunahme des Umweltlärms? 6. Wie kann wirkungsvoll gegengesteuert werden? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. Mai 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Das Kreuzungsbauwerk am Nordkopf des Mainzer Hauptbahnhofs befindet sich nach Angabe der DB AG seit August 2010 in der Ausführung und soll bis März 2015 fertiggestellt werden. Zu Frage 2: Die Landesregierung unternimmt seit Jahren zahlreiche Initiativen, um die Belastung der Bevölkerung an stark befahrenen Schienenstrecken zu vermindern. Im Jahre 2010 wurde mit dem 10-Punkte-Programm „Leises Rheintal“ ein Maßnahmenkatalog kurz-, mittelund langfristiger Maßnahmen an die Bundesregierung gerichtet. Die Landesregierung setzt sich auf allen Ebenen für die Umsetzung dieser Maßnahmen ein. Sie hat dazu regelmäßig in den Landtagsausschüssen berichtet. Zu erwähnen sind hierbei beson ders die einstimmig gefassten Landtagsbeschlüsse vom 24. Februar 2011 (zu Drucksache 15/4996/5375) und vom 22. März 2012 (zu Drucksache 16/1082). Im Dezember 2012 wurde gemeinsam mit Hessen und den Bürgerinitiativen im Mittelrheintal eine Resolution an die Bahn und den Bund übergeben, in der weitere Forderungen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen für laute Züge erhoben wurden. Drucksache 16/2359 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Auf die Initiative der Landesregierung ist auch die jetzt von Bundestag und Bundesrat beschlossene Abschaffung des Schienenbonus ab 2015 sowie die Betrauung des Eisenbahn-Bundesamtes mit der bisher den Kommunen obliegenden Lärm aktions planung an den Strecken der DB AG zurückzuführen. Aktuell hat sich die Landes regierung an einem Entschließungsantrag im Bundesrat zur Aufnahme von Lärm grenzwerten für bestehende Güterwagen in die europäische TSI-Lärm und zur beschleunigten Umrüstung von Bestandsgüterwagen auf lärmarme Verbundstoff bremssohlen beteiligt. Dieser wird derzeit in den Ausschüssen beraten. Weitere von der Landesregierung initiierte Beschlüsse des Bundesrats wie etwa zu nächtlichen Betriebsbeschränkungen für laute Güterzüge ab 2020 oder eine Ermächtigung des Eisenbahnbundesamtes zur Anordnung von Lärmschutzmaßnahmen wurden in Gesetzesverfahren des Bundes eingebracht. Zu Frage 3: Die Landesregierung hat auf Spitzen- und Fachebene bereits zahlreiche Gespräche mit Vertretern der DB AG zur Verminderung des Bahnlärms geführt. Besonders sind dabei der Bahngipfel am 28. Juni 2012 sowie das Gespräch von Minister Lewentz mit dem Vorstandsvorsitzenden der DB Schenker Rail, Herrn Dr. Alexander Hedderich am 15. Mai 2012 zu nennen. Des Weiteren sind Gespräche auf hoher Ebene bei verschie denen Demonstrationsversuchen lärmarmer Bahntechnik in Bingen, zuletzt am 1. Ok tober 2012, geführt worden. In der Summe können als Ergebnisse der poli tischen und fachlichen Arbeit die Aktivitäten des Bundes und der DB AG zur Lärmsanierung im Mittelrheintal und an anderen stark befahrenen Strecken sowie zur Einführung lärm abhängiger Trassen preise genannt werden. Besonders zu erwähnen ist die Ein richtung eines Beirats „Leiseres Mittelrheintal“, der sich am 7. Dezember 2012 in Kamp-Bornhofen konsti tuiert hat. Hieran sind Bund, DB AG, die Umwelt- und Ver kehrsressorts von Hessen und Rheinland-Pfalz sowie Bürger initiativen und Abge ordnete des Deutschen Bundestages beteiligt. Zu Frage 4: Nach Angaben der DB AG wird sich die Zahl der Güterzüge im Mittelrheintal nach Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels im Jahr 2016 bis 2025 zwischen zehn und fünfzehn Prozent erhöhen. Die Steigerung auf der Strecke in Mainz könnte aus der Sicht der Landesregierung höher sein, weil über das neue Überwerfungsbauwerk im Mainzer Nordkopf zusätzliche Züge von der rechten auf die linke Rheinseite nach Mainz geführt werden sollen. Dabei ist zu beachten, dass der durch Heidesheim verlaufende linksrheinische Streckenabschnitt davon nicht betroffen ist und die linke Seite des Mittelrheintals auch künftig überwiegend dem Personen verkehr dient. Die Lärmbelastung würde nicht zunehmen, wenn das auch von Bund und DB AG verfolgte Ziel einer Halbierung der Lärmbelastung bis 2020, insbesondere durch die Umrüstung vorhandener Güterwagen auf leisere Verbundstoffbremssohlen, erreicht wird. Darüber hinaus sollen die Lärmbelastungen durch zusätzliche örtliche Maß nahmen, die im Rahmen des Beirats „Leiseres Mittelrheintal “ gefunden werden sollen, sowie längerfristig durch den Bau einer alternativen Güterzugstrecke im Mittelrhein korridor deutlich vermindert werden. Diese ist vom Land zum Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet worden. Zu Frage 5: Lärm ist in Deutschland eines der zentralen Umweltprobleme unserer Zeit, das nicht nur die Wohn- und Lebensqualität beeinträchtigt , sondern auch die Gesundheit der betroffenen Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigen kann. Deshalb ist der Verkehrslärm zu einer zentralen Akzeptanzfrage für die weitere Entwicklung aller Ver kehrsträger geworden. Die Landesregierung unterstützt im Rahmen ihrer Koalitionsver einbarung nach drücklich den aktiven und pas siven Lärmschutz bei allen Verkehrsträgern als einen Schwerpunkt der Verkehrspolitik. Zu Frage 6: Zum Schutz der Bevölkerung vor Straßenlärm werden bei Vorliegen der Anspruchs voraussetzungen insbesondere die gesetzlichen Regelungen zur Lärmvorsorge (Lärm schutz beim Neubau und der wesentlichen Änderung von Straßen) umgesetzt sowie die haushaltsrechtlichen Möglichkeiten im Rahmen der Lärmsanierung (Lärmschutz an be stehenden Straßen) ausgeschöpft. Als technische Schutzmaßnahmen kommen dabei vor allem Lärmschutzwände, Lärmschutzwälle, Schallschutzfenster und lärmmindernde Lüftungseinrichtungen zu Einsatz. Die Verantwortung für entsprechende Maßnahmen an Schienenwegen liegt beim Bund. Die Landesregierung schätzt die derzeit vorhandenen gesetzlichen Grundlagen jedoch als nicht ausreichend ein, die Bevölkerung wirksam und dauerhaft vor Verkehrslärm schützen zu können. Rheinland-Pfalz ist daher seit einigen Jahren ein Schrittmacher für eine moderne Lärmschutzpolitik in den Umwelt- und Verkehrsministerkonferenzen sowie im Bundesrat. Zur Bewältigung der Probleme durch Umweltlärm insgesamt bedarf es aus Sicht der Landesregierung eines umfassenden Ansatzes, mit dem die Lärmbelastung der Bevölkerung über alle Emittenten erfasst, bewertet und bewältigt wird. Ein wichtiges Instrument stellt hierbei die europäische Umgebungslärmrichtlinie dar, die eine regelmäßige Lärmkartierung und darauf aufbauend eine Lärmaktionsplanung vorsieht. Die Landesregierung unterstützt die Kommunen bei dieser Aufgabe daher und tritt für eine Weiterentwicklung der Regelungen ein. Roger Lewentz Staatsminister