Drucksache 16/2420 07. 06. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Dr. Fred Konrad und Dr. Dr. Rahim Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Bedarfsplanungsrichtlinie Die Kleine Anfrage 1591 vom 21. Mai 2013 hat folgenden Wortlaut: Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 gab der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie für medizinisch-psychotherapeutische Versorgung (BPL-RL) bekannt und erreichte damit das vom Gesetzgeber vorgegebene Ziel, dass zum 1. Januar 2013 eine neue Richtlinie in Kraft treten konnte. In der vertragsärztlichen Versorgung sind laut Bedarfsplanungsrichtlinie 8 000 Arztsitze unbesetzt. Für Hausärzte gibt es insgesamt 3 000 Zulassungsmöglichkeiten, das sind rund 1 000 mehr als bisher. Für Psychotherapeuten existieren rund 1 400 freie Sitze. Das IGES-Gutachten im Auftrag der Patientenvertretung zur Entwicklung der Bedarfsplanung bezieht sich auf die Maßgaben von GB-A und verfolgt das Ziel, die zukünftige Bedarfsplanung stärker auf die tatsächliche Lebenswirklichkeit der Bevölkerung abzustimmen . Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele von den 8 000 unbesetzten Arztsitzen und wie viele der 3 000 Zulassungsmöglichkeiten für Hausärzte entfallen auf Rheinland-Pfalz? 2. Wie viel der 1 400 freien Sitze für Psychotherapeuten entfallen auf Rheinland-Pfalz und ist ggf. geplant, trotz der schwierigen Versorgung für psychisch Kranke wegen rechnerischer Überversorgung in bestimmten Regionen Psychotherapiesitze abzubauen ? 3. Wie ist die Bedarfsplanung im Verhältnis zur tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung, auch im Hinblick auf den demografischen Wandel, in den Bereichen ambulante, stationäre, haus- und fachärztliche Versorgung? 4. Welche Konsequenzen ergeben sich aus Sicht der Landesregierung für die Bedarfsplanung aus der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Planungsbereichen und Versorgung durch weitere Gesundheitsberufe? 5. Werden länderübergreifende Planungen mit an Rheinland-Pfalz angrenzenden Regionen (z. B. Westerwald/Region Limburg, Zweibrücken/Saarland, Pfalz/Baden-Württemberg) geprüft? 6. Gibt es Zahlen zu Wartezeiten auf Haus- bzw. Facharzt- und Psychotherapeutentermine sowie auf Heilmittelerbringer, gegliedert nach Regionen, und falls ja, wie werden diese von der Landesregierung bewertet? 7. Kommt es in der Versorgung mit Heilmitteln bei chronischen Behandlungsfällen zu Unterbrechungen, weil Arzttermine nicht zeitnah vergeben werden? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. Juni 2013 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Rheinland-Pfalz beabsichtigt, den Bedarfsplan am 21. Juni 2013 zu beschließen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV) ergeben sich aus der bisherigen Aufstellung des Bedarfsplans auf Basis der seit dem 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Bedarfsplanungsrichtlinie für Rheinland-Pfalz insgesamt 228,5 freie Arztsitze. Auf die Hausärzte entfallen laut Kassenärztlicher Vereinigung 83 Arztsitze. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 2. Juli 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2420 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 2.: Sofern der Bedarfsplan am 21. Juni 2013 ohne Änderungen beschlossen werden sollte, werden 63,5 zusätzliche psychotherapeutische Sitze in Rheinland-Pfalz ausgewiesen. Nach § 103 Abs. 3 a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entscheidet der Zulassungsausschuss bestehend aus Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung und der gesetzlichen Krankenkassen in eigener Zuständigkeit über eine Ausschreibung von Praxen abgabewilliger Psychotherapeuten. Die Kassenärztliche Vereinigung sieht derzeit keine Veranlassung zur Reduktion psychotherapeutischer Sitze. Die Haltung der Krankenkassenvertreter im Zulassungsausschuss bleibt abzuwarten. Zu 3. und 4.: Der Bedarfsplan soll ein realistisches Bild von der ambulanten ärztlichen Versorgung in Rheinland-Pfalz abgeben. Statt der bisherigen Einteilung in hausärztliche und fachärztliche Versorgung wird künftig eine Unterteilung in vier Versorgungsebenen erfolgen. Die Zuordnung der unterschiedlichen Arztgruppen zu den Versorgungsebenen richtet sich nach dem Grad ihrer Spezialisierung und der erforderlichen Wohnortnähe. Bei den Hausärztinnen und Hausärzten sind die Planungsbereiche kleinräumiger als bisher. Damit einhergehen wird eine weitere Ausdifferenzierung der fachärztlichen Versorgung und ein unterschiedlicher Zuschnitt der Planungsbereiche. Auf diese Weise sollen bei den Fachärztinnen und Fachärzten Mitversorgungseffekte von Ballungsregionen besser abgebildet werden. Es werden vier Versorgungsebenen unterschieden: hausärztliche Versorgung (Mittelbereiche), allgemeine fachärztliche Versorgung, wie zum Beispiel Augenärzte, Gynäkologen oder Psychotherapeuten (Kreise), spezialisierte fachärztliche Versorgung, wie zum Beispiel Anästhesisten oder Radiologen (Raumordnungsregionen), und die gesonderte fachärztliche Versorgung (Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung). Die gesonderte fachärztliche Versorgung umfasst Arztgruppen, die bislang von der Bedarfsplanung ausgenommen waren, zum Beispiel Humangenetiker und Laborärzte. Durch die Weiterentwicklung des Demografiefaktors wird der älter werdenden Bevölkerung Rechnung getragen. Bei der Bemessung des Leistungsbedarfsfaktors wird nunmehr der Leistungsbedarf der 65-Jährigen und Älteren mit dem der unter 65-Jährigen verglichen . Bisher lag die Altersgrenze für die Bemessung des Leistungsbedarfs noch bei 60 Jahren. Damit wurde berücksichtigt, dass sich der Anstieg der Morbidität und des Leistungsbedarfs seit erstmaliger Einführung des Demografiefaktors im Jahr 2010 erhöht haben. Der Demografiefaktor wird für jeden Planungsbereich getrennt ermittelt und ermöglicht es, das regional unterschiedliche Älterwerden der Bevölkerung bei der Bestimmung des Arzt- und Leistungsbedarfs zu berücksichtigen. Die Kassenärztliche Vereinigung kann bei der Aufstellung des Bedarfsplans im Einvernehmen mit den Krankenkassen von den Vorgaben der Bedarfsplanungsrichtlinie abweichen und andere Abgrenzungen für Planungsbereiche oder andere Arzt-PatientenVerhältniszahlen festlegen. Abweichungen sind in jedem Einzelfall zu begründen und explizit im Bedarfsplan auszuweisen. Zu möglichen Gründen zählen beispielsweise die regionale Demografie und Morbidität, räumliche Faktoren und besondere Versorgungslagen . Darüber hinaus werden ermächtigte Ärzte und ermächtigte Psychotherapeuten, wie zugelassene Vertragsärzte oder Psychotherapeuten , angerechnet. Das Maß der Anrechnung soll regional einvernehmlich zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen festgelegt werden. Die stationäre Bedarfsplanung verbleibt beim zuständigen Landesministerium. Aus Sicht der Landesregierung sollte künftig eine Übertragung ärztlicher Aufgaben auf andere Berufsgruppen sowie eine fachübergreifende Zusammenarbeit von Gesundheitsberufen zur Sicherung einer umfassenden medizinischen und pflegerischen Versorgung angestrebt und genutzt werden. Zu 5.: Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz werden derzeit im Rahmen der Bedarfsplanung keine länderübergreifenden Konzepte verfolgt. Zu 6.: Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz führt im Rahmen ihres Gesundheits-Informations-Systems (GIS) eine quartalsweise Abfrage der Wartezeiten bei den niedergelassenen Psychotherapeuten durch. Die Ergebnisse der Umfrage können den nachstehenden Tabellen entnommen werden. Die Meldung der Wartezeiten erfolgt auf freiwilliger Basis. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2420 3 Die Tabellen der Kassenärztlichen Vereinigung zeigen, dass bei knapp 50 Prozent der Psychotherapeuten die Wartezeit für ein Erstgespräch unter zwei Monaten und die Wartezeit bis zum Therapiebeginn bei 41 Prozent unter drei Monaten liegt. Die Wartezeiten könnten nach Auffassung der Landesregierung noch weiter reduziert werden, wenn alle Therapeuten ihrem Versorgungsauftrag in vollem Umfang nachkommen würden. 33 Prozent der Psychotherapeuten stehen laut Daten der Kassenärztlichen Vereinigung durchschnittlich weniger als 20 Stunden pro Woche für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung (Berechnung auf Basis der Kalkulationszeit von 60 Minuten und unter Berücksichtigung des Tätigkeitsumfangs). Zu den anderen Fachgruppen beziehungsweise Fachberufen liegen der Landesregierung keine Zahlen zu den Wartezeiten vor. Zu 7.: Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz liegen hierzu keine Hinweise oder Beschwerden vor. Alexander Schweitzer Staatsminister Wartezeit bis zum Vorgespräch in Monaten Bereich Koblenz Bereich Mainz Bereich Neustadt Bereich Trier Summe bis 1 36 23 48 18 125 bis 2 26 14 40 10 90 bis 3 15 9 33 16 73 bis 6 29 11 27 16 83 > 6 29 11 16 11 67 ohne Angabe 4 0 1 0 5 Summe 139 68 165 71 443 Wartezeit bis zum Therapiegespräch in Monaten Bereich Koblenz Bereich Mainz Bereich Neustadt Bereich Trier Summe bis 1 20 10 20 7 57 bis 2 18 10 20 8 56 bis 3 17 11 33 10 71 bis 6 40 20 66 29 155 > 6 39 17 24 17 97 ohne Angabe 5 0 2 0 7 Summe 139 68 165 71 443