Drucksache 16/2544 03. 07. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. August 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Herabstufung von Leitungskräften in Kindertagesstätten Die Kleine Anfrage 1670 vom 11. Juni 2013 hat folgenden Wortlaut: Im Ausschuss für Integration, Familie, Kinder und Jugend hat die Landesregierung berichtet, dass in mehreren Fällen, insbesondere im nördlichen Rheinland-Pfalz, die Gehälter von Leiterinnen und Leitern von Kindertagesstätten aufgrund eines Rückgangs der Kinderzahlen in der jeweiligen Einrichtung von den Trägern herabgestuft werden. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele solcher Fälle sind der Landesregierung bekannt? 2. Welche Landkreise und Träger sind besonders davon betroffen? 3. Inwiefern ist die Herabstufung der Gehälter bei sinkenden Belegungszahlen vorgeschrieben? 4. Sind der Landesregierung andere Fälle bekannt, in denen der Träger auf eine Rückstufung verzichtet hat? 5. Inwiefern wird diese Praxis von der Landesregierung unterstützt bzw. unterbunden? Das Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 3. Juli 2013 wie folgt beantwortet: Die Zuständigkeit für die Bedarfsplanung liegt in der Verantwortung der Jugendämter der einzelnen Landkreise, kreisfreien Städte und großen kreisangehörigen Städte mit eigenem Jugendamt. Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage wurden daher die für die Bedarfsplanung verantwortlichen Jugendämter befragt. In der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit haben von 41 befragten Jugendämtern 28 geantwortet . Zu den Fragen 1 und 2: Die Jugendämter haben hierzu Folgendes mitgeteilt: Kreise Ahrweiler, Neuwied, Rhein-Hunsrück, Rhein-Pfalz, Südliche Weinstraße, Trier-Saarburg, Städte Frankenthal, Idar-Oberstein, Kaiserslautern, Koblenz, Trier und Worms: Dem Jugendamt sind keine Herabgruppierungen bekannt. Kreis Alzey-Worms: In einem Fall ist dem Jugendamt bekannt, dass ein Träger einer kommunalen Einrichtung eine Herabstufung entschieden hat, die meisten Träger verzichten auf eine Rückstufung. Wenn nicht gerade zusätzliche Gruppen hinzukommen bzw. hinzugekommen sind, könnten Rückgruppierungen überall dort vorgenommen werden, wo die Gesamtkapazität reduziert wird, sei es durch kleine Altersmischungen oder Krippengruppen, und das ist fast in allen Ortsgemeinden passiert. Allerdings hat sich das Jugendamt entschieden, in diesen Fällen keine Rückgruppierung zu fordern, da nur die Gruppengröße, aber nicht die Anzahl der Gruppen verringert wird und die vermehrte Aufnahme von Kindern unter drei Jahren mehr Verantwortung und Organisation erfordert. Drucksache 16/2544 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Kreis Bad Kreuznach: Dem Jugendamt ist bekannt, dass bislang auf Rückgruppierungen verzichtet wurde, im Stellenplan allerdings ein „ku-Vermerk“ (= künftig umzuwandeln) eingetragen wurde. In zwei Kindertagesstätten wird die neue tarifliche Regelung angewandt, wonach Rückgruppierungen nicht vorgenommen werden, wenn eine Unterschreitung von nicht mehr als 5 % vorliegt. Kreis Bad Dürkheim: Dem Jugendamt sind keine Fälle bekannt, im Übrigen wird nach den tariflichen Vorgaben verfahren, eine Unterschreitung der maßgeblichen je Tag belegbaren Plätze von nicht mehr als 5 v. H. nicht zur Herabgruppierung führt, ebenso wie eine Unterschreitung aufgrund vom Dienstgeber verantworteter Maßnahmen (Qualitätsverbesserungen). Kreis Birkenfeld: Im Landkreis wurden im Kalenderjahr 2013 keine Herabgruppierungen von Kita-Leitungen aufgrund eines Rückgangs der Kinderzahlen durchgeführt. 2005 erfolgte in einer kommunalen Kita aufgrund der Umwandlung von einer zweigruppigen in eine eingruppige Einrichtung eine Herabgruppierung und 2012 erfolgte in drei kommunalen Kitas aufgrund des Rückgangs der Kinderzahl eine Herabgruppierung von S 10 auf S 7. Donnersbergkreis: In der Zeit von Januar bis Juni 2013 wurden in insgesamt drei Kindertagesstätten Herabgruppierungen durchgeführt. Kreis Germersheim: Es gab bisher keine Herabgruppierung von Kita-Leitungen. In einem Fall ist der Träger in der Prüfung, ob eine Herabgruppierung der Leitung in Frage kommt. Kreis Kaiserslautern: Bisher gab es 2013 noch keine Herabgruppierungen von Kita-Leitungen aufgrund eines Rückgangs der Kinderzahlen. Gegenwärtig wird in einem Fall von einem kommunalen Träger in Absprache mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) eine Herabgruppierung geprüft. In früheren Jahren gab es einige Fälle. Das Verfahren stellt sich so dar, dass, wenn sich bei Prüfung der Schlussverwendungsnachweise zu den Personalkosten für das vergangene Jahr ergibt, dass die Durchschnittsbelegung stark gesunken ist und auch keine Qualitätsverbesserung gemäß den Ausnahmeregelungen der Protokollerklärung Nr. 9 zum Tarifvertrag für den Sozial- und Erziehungsdienst vorliegt, zunächst die Kürzung der Personalkosten angekündigt und dies vollzogen wird, sofern der Träger nicht reagiert. Bislang sei es aber nie zu einer Kürzung gekommen. Rhein-Lahn-Kreis: Dem Jugendamt sind bisher keine Rückstufungen bekannt, es wird aber in zwei kommunalen Einrichtungen angedacht. In Einrichtungen freier Träger gibt es diese Diskussion nicht mehr, da dort die Einstufung der Leiterinnen nach der Anzahl der vorhandenen Gruppen vorgenommen wird. Zu der Frage, ob und wann Rückstufungen vorzunehmen sind, gibt es laut Jugendamt auch innerhalb der kommunalen Träger unterschiedliche Auffassungen. Kreis Südwestpfalz: Nach Kenntnisstand des Jugendamts steht aktuell in einer Kindertagesstätte aufgrund einer Gruppenschließung zum Ende des laufenden Betriebsjahres die Herabgruppierung der Leiterin und stellvertretenden Leiterin an. Das Verwaltungshandeln wird vom Tarifrecht bestimmt. Für einen Verzicht auf eine Rückstufung sieht man sowohl aus tarifrechtlichen als auch aus finanziellen Gründen keinen Spielraum. Kreis Vulkaneifel: Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand des Jugendamtes ist keine Kindertagesstätte bekannt, in der eine Rückgruppierung erfolgte . Dies ist aber aufgrund der laufenden Prüfung der Verwendungsnachweise keine abschließende Kenntnis. Westerwaldkreis: Aufgrund der noch laufenden Prüfung der Verwendungsnachweise kann das Jugendamt hierzu keine abschließende Aussage treffen. Stadt Ludwigshafen: Es zeichne sich momentan kein Rückgang der Kinderzahlen ab, demnach sind 2013 keine Rückgruppierungen von Leitungskräften vorgenommen worden. Ist dies in vergangenen Jahren in einzelnen Einrichtungen der Fall gewesen, hat sich die Stadtverwaltung tarifkonform verhalten. Stadt Mainz: In den städtischen Kindertagesstätten kam es bislang zu keinen Herabgruppierungen von Leitungskräften aufgrund der jährlichen Überprüfung der Eingruppierung von Leitungskräften gem. Nr. 9 der Protokollerklärung zum Anhang zur Anlage C des TVöD. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2544 Die Tätigkeitsmerkmale des bisherigen Tarifvertrages für die Angestellten im Sozial- und im Erziehungsdienst (gültig seit 1. Januar 1991) sind inhaltlich bis auf drei Ausnahmen unverändert geblieben. Eine dieser drei Änderungen betrifft die Protokollerklärung Nr. 9 zur Regelung der Berechnungsgrundlage für Leitungen von Kindertagesstätten, die wie folgt geändert worden ist: „Der Ermittlung der Durchschnittsbelegung ist für das jeweilige Kalenderjahr grundsätzlich die Zahl der vom 1. Oktober bis 31. Dezember des vorangegangen Kalenderjahres vergebenen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze zugrunde zu legen. Eine Unterschreitung der maßgeblichen je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze von nicht mehr als 5 v. H. führt nicht zur Herabgruppierung. Eine Unterschreitung aufgrund vom Arbeitgeber verantworteter Maßnahmen (z. B. Qualitätsverbesserungen) führt ebenfalls nicht zur Herabgruppierung. Hiervon bleiben organisatorische Maßnahmen infolge demografischer Handlungsnotwendigkeiten unberührt.“ Damit wurde ein Unterschreiten der Durchschnittsbelegung um 5 % ermöglicht und festgelegt, dass arbeitgeberseitig zu verantwortende Veränderungen nicht vergütungsrelevant sind. Hierzu gehören konzeptionelle Änderungen wie die Einrichtung von Integrationsgruppen, Aufnahme von Kindern unter drei Jahren und Änderungen im Personalschlüssel. Eine Herabgruppierung der Leitungskräfte in den Kindertagesstätten bei verringerter Belegung der Einrichtung ist also keineswegs zwingend vorgesehen. Die vorliegenden Stellungnahmen der Jugendämter zeigen, dass hierfür häufig Qualitätsverbesserungen (insbesondere für die vermehrte Aufnahme von unter dreijährigen Kindern) ausschlaggebend sind, die in der Verantwortung des Trägers liegen. Über die zu den Fragen 1 und 2 eingegangenen Stellungnahmen der Jugendämter liegen der Landesregierung allerdings keine Informationen zu Einzelfällen vor, bei denen Träger von Kindertagesstätten auf eine Herabgruppierung verzichtet haben. Zu Frage 5: Die entsprechenden Regelungen des TVöD basieren auf der Einigung in den Tarifverhandlungen zwischen kommunalen Arbeitgebern und Gewerkschaften und gelten seit 1. November 2009 für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst bei den kommunalen Arbeitgebern. Der autonome Abschluss von Tarifverträgen ist verfassungsrechtlich geschützt und findet frei von staatlicher Einflussnahme statt. Für die Landesregierung ist es allerdings von großer Bedeutung, dass die Qualitätsstandards in den Kindertagesstätten sichergestellt werden. Denn eine Kindertagesstätte kann nur dann gut betrieben werden, wenn das entsprechende Personal zur Verfügung steht. Personalentwicklung und -förderung sind somit wichtige Aufgaben – gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Fachkräftemangels. 3 Stadt Neuwied: Eine Herabstufung der Kitaleitungen aufgrund zurückgehender Belegungszahlen 2012 hat nicht stattgefunden. Im Hinblick auf den U 3-Ausbau und den damit verbundenen gesetzlichen Anspruch wird das Jugendamt die Entwicklung der Belegungszahlen in den Jahren 2013 und 2014 beobachten und danach, falls erforderlich, entsprechende Entscheidungen treffen. Stadt Speyer: In den Jahren 2011 und 2012 ist in keiner Einrichtung eine Herabgruppierung der Leitungskraft aufgrund reduzierter Kinderzahlen vorgenommen worden. Stadt Zweibrücken: Das Jugendamt hat mitgeteilt, dass die Stadt Träger von 15 Kindertagesstätten ist und es zusätzlich 15 Kindertagesstätten in freier Trägerschaft gibt. Bei den freien Trägern fand eine Herabstufung statt. Bei den städtischen Einrichtungen wurden zwei Leiterinnen für ein Jahr herabgestuft. Zu den Fragen 3 und 4: Mit den Änderungstarifverträgen vom 27. Juli 2009 im Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) ist die Überleitung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst in die neu geschaffenen S-Gruppen geregelt worden. Die neuen Tätigkeitsmerkmale gelten seit dem 1. November 2009 für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst bei den kommunalen Arbeitgebern (VKA). Als Übergangsregelung gelten sie bis zum Abschluss einer neuen Entgeltordnung für den Geltungsbereich des TVöD, ansonsten sind sie frühestens nach fünf Jahren kündbar. Zuordnung der Leiterinnen und Leiter von Kindertagesstätten zur S-Entgeltgruppe: Einrichtung Durchschnitts- bis 39 min. 40 min. 70 min. 100 min. 130 min. 180 belegung Kinder Kinder Kinder Kinder Kinder Kinder TVöD E 8 E 9 E 9 E 10 E 10 E 11 S-Entgeltgruppe S 7 S 10 S 13 S 15 S 16 S 17 Drucksache 16/2544 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 4 In Absprache mit dem Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat das für die Personalkostenzuweisungen des Landes zuständige Landesjugendamt gegenüber dem Kommunalen Arbeitgeberverband erklärt, dass vom Land Entscheidungen der Träger, mit entsprechender Begründung keine Rückgruppierung vorzunehmen, mitgetragen werden und das Land sich an den Personalkosten in voller Höhe beteiligen wird. Wenn Einrichtungsträger und örtliche Jugendämter diesen Weg beschreiten, können sie also auf die Unterstützung des Landes setzen. Irene Alt Staatsministerin