Drucksache 16/2598 19. 07. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. August 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Stephanie Nabinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Brand im Atomkraftwerk Cattenom Die Kleine Anfrage 1703 vom 25. Juni 2013 hat folgenden Wortlaut: Am 7. Juni 2013 ereignete sich ein Brand im grenznahen Atomkraftwerk Cattenom. Nach Angaben der französischen Atomaufsichtsbehörde Autorité de sûreté nucléair (ASN) war Block 1 außerhalb des nuklearen Bereichs betroffen. Der Haupttransformator zur Stromversorgung des Reaktors hatte Feuer gefangen, aufgrund des Ölbrandes war weithin schwarzer Rauch über dem Atomkraftwerk zu sehen. Laut Betreiber EDF gab es am 7. Juni 2013 zeitgleich auch eine Panne an einem Transformator im Block drei. Die Ursache für diesen Fehler steht noch nicht fest. Falls dieser nicht ermittelt werden kann, soll auch Block drei des Atomkraftwerks abgeschaltet werden . Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wurden nach Kenntnis der Landesregierung mittlerweile die Ursachen der beiden Störfälle am 7. Juni 2013 festgestellt und lücken- los aufgeklärt? 2. Wann wurden den zuständigen rheinland-pfälzischen Behörden die Störfälle gemeldet (bitte mit Angabe der entsprechenden Behörden und der Uhrzeit)? 3. Wurde den zuständigen rheinland-pfälzischen Behörden mitgeteilt, um welche Art von Störfällen es sich handelte bzw. wie schwer- wiegend die Störfälle waren? 4. Sieht die Landesregierung einen Verbesserungsbedarf bei der zeitnahen Bereitstellung von Informationen durch den Betreiber EDF? 5. Warum wurde nach Kenntnis der Landesregierung die Bevölkerung nicht alarmiert und über den Grund der Rauchentwicklung in Cattenom informiert? 6. Wie stuft die Landesregierung die Sicherheit des AKW Cattenom ein – vor allem hinsichtlich einer möglichen Laufzeitverlän- gerung der Reaktorblöcke um zehn Jahre? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 19. Juli 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Am 7. Juni 2013 gegen 13.30 Uhr ereignete sich ein Brand im Atomkraftwerk Cattenom. Betroffen war Block Nr. 1 außerhalb des nuklearen Bereichs. Der Eigenbedarfstransformator des Reaktors hatte Feuer gefangen, aufgrund des Ölbrandes war weithin schwarzer Rauch über dem Atomkraftwerk zu sehen. Der Reaktor wurde automatisch abgeschaltet und der interne, konventionelle Notfallplan für das Atomkraftwerk ausgerufen. Die Feuerwehr hatte den Brand nach Aussagen der französischen Atomaufsichtsbehörde Autorité de sûreté nucléaire (ASN) bis zum Nachmittag des 7. Juni 2013 unter Kontrolle gebracht. Der Betreiber des AKW Cattenom (Électricité de France – EDF) teilte am 11. Juni 2013 ergänzend mit, dass der interne Notfallplan im Block Nr. 1 am Morgen des 9. Juni 2013 aufgehoben worden sei. Der Brand habe keine Verletzten gefordert und keine Auswirkungen auf die Umwelt gehabt. Der Eigenbedarfstransformator eines Blocks dient der Stromversorgung der Reaktorsysteme. Bei einem Ausfall dieses Transformators wird die Stromversorgung dieser Systeme entweder durch eine externe Stromversorgung aus dem Hochspannungsnetz, Drucksache 16/2598 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode einem benachbarten Reaktorblock oder durch eines der beiden redundant vorhandenen Notstromaggregate sichergestellt. In diesem Fall erfolgte die Stromversorgung über den Hilfstransformator des Blocks Nr. 3 durch das externe Hochspannungsnetz. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Bis jetzt haben weder die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN) noch der Betreiber (EDF) einen Bericht veröffentlicht, aus dem die Ursache des Brandes am 7. Juni 2013 hervorgeht. Bei dem in der Kleinen Anfrage zitierten weiteren Ereignis bezüglich eines Transformators des Blocks Nr. 3 handelte es sich nicht um einen technischen Defekt. Da die Hilfstransformatoren der Blöcke Nr. 1 und 3 miteinander verbunden sind, musste durch den Betreiber nachgewiesen werden, dass der Trafobrand im Block Nr. 1 keine negative Auswirkungen auf den sicheren Betrieb des Blocks Nr. 3 hatte. Gemäß dem Betriebshandbuch hatte der Betreiber hierfür sieben Tage Zeit. Am 13. Juni 2013 erfolgte fristgerecht der geforderte Nachweis, sodass Block Nr. 3 weiter betrieben werden konnte. Zu Frage 2: Am 7. Juni 2013 um 15.41 Uhr erhielt das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung (MWKEL) per Mail eine informelle Benachrichtigung der ASN über den Brand des Eigenbedarfstransformators. Für die Information und die Kommunikation im Zusammenhang mit dem AKW Cattenom ist von französischer Seite eigens das satellitengestützte System SELCA (Systeme d’échange et de liaison entre Cattenom et les autorités) eingerichtet worden. Dieses dient nach Bewertung der zuständigen französischen Behörden der Übermittlung von Störfällen und Unfällen mit radiologischen Auswirkungen. Weder über dieses System noch auf anderen Kommunikationswegen erfolgte eine Benachrichtigung der zuständigen rheinland-pfälzischen Behörden durch die Präfektur des Départements Moselle in Metz bzw. durch den Betreiber EDF. Der deutsche Koordinator im „Gemeinsamen Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit Luxemburg“ (GZ) informierte am 7. Juni 2013 um 14.39 Uhr telefonisch das Polizeipräsidium Trier über eine inoffizielle Mitteilung des französischen Koordinators, der über den Vorfall berichtete. Darüber hinaus versandte der Betreiber am 11. Juni 2013 um 15.43 Uhr eine Meldung über das Ereignis bezüglich des Hilfstransformators von Block Nr. 3 an das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung. Zu Frage 3: Die ASN hatte in ihrer Mail am 7. Juni 2013 mitgeteilt, dass aufgrund eines Transformatorbrandes der konventionelle, d. h. nicht radiologische interne Notfallplan im AKW Cattenom ausgerufen worden sei und die Feuerwehr den Brand schnell in den Griff bekommen habe. Sie teilte weiter mit, dass der Reaktor automatisch abgeschaltet worden sei. Da die Stromversorgung vom Netz redundant sei, habe kein Notstromaggregat gestartet zu werden brauchen. Die ASN teilte weiterhin mit, dass niemand verletzt worden sei. In einer Mitteilung am 11. Juni 2013 um 18.08 Uhr, die die zuständigen Behörden auf den vorgesehenen Meldewegen über das Polizeipräsidium Trier und das Lagezentrum des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur erreichte, teilte der Betreiber EDF unter anderem mit, dass die Arbeiten zum Austausch des durch den Brand beschädigten Transformators anliefen und der interne Notfallplan, der vom Kraftwerk ausgelöst wurde, am Morgen des 9. Juni 2013 wieder aufgehoben worden sei. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass ein Fehler am Transformator der Produktionseinheit Nummer 3 (genannt Hilfstransformator) festgestellt worden sei. Es seien Nachforschungen im Gange, um den Zustand des Materials zu überprüfen. Zu Frage 4: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Informationsweitergabe seitens der französischen Partner optimiert werden muss. Sie hat sich deshalb mit einem Schreiben, dem sich auch das Saarland anschloss, an den Präfekten der Präfektur Moselle gewandt und gefordert, eine auf der Grundlage der „Vereinbarung zwischen der Regierung der französischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den Informationsaustausch bei Vorkommnissen oder Unfällen, die radiologische Auswirkungen haben können“ (vom 28. Januar 1981) bereits seit dem Jahr 2003 im Entwurf vorliegende Informationsvereinbarung zu unter - zeichnen. Der Entwurf dieser Vereinbarung sieht ausdrücklich vor, dass sich die Vertragsparteien gegenseitig über alle Ereignisse, Störungen und Störfälle informieren; auch über solche, bei denen keine radioaktiven Auswirkungen zu befürchten sind. Der Präfekt hat anlässlich der abschließenden Pressekonferenz zu der grenzüberschreitenden Katastrophenschutzübung Cattenom (Exercices nucléaires 3 en 1) am 28. Juni 2013 in Metz erklärt, dass er diese Vereinbarung unterzeichnen möchte. Dazu seien noch Gespräche mit dem Betreiber EDF erforderlich. Dabei ist besonders wichtig, dass die betroffenen Behörden spätestens mit der Öffentlichkeit informiert werden. Zudem hat Frau Ministerin Lemke in einem Schreiben an Bundesumweltminister Altmaier auf eine Einhaltung der völkerrechtlich vereinbarten Informationspflichten seitens der französischen Behörden gedrängt. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2598 Zu Frage 5: Da die zuständigen rheinland-pfälzischen Katastrophenschutzbehörden keine offiziellen Informationen über die Ereignisse hatten, war eine zeitnahe Unterrichtung der Öffentlichkeit nicht möglich. Nach Mitteilung des Trierischen Volksfreundes verbreitete EDF am 7. Juni 2013 kurz nach 14.00 Uhr die Nachricht über den Ausbruch des Transformatorenbrandes über das soziale Netzwerk „Twitter“, gegen 15.00 Uhr meldete der Betreiber an gleicher Stelle, dass der Brand unter Kontrolle sei, und gegen 16.00 wurde gemeldet, dass der Brand gelöscht und niemand verletzt worden sei. Außerdem informierte die ASN ab 15.45 Uhr auf ihrer Internetseite über den Zwischenfall. Zu Frage 6: Die Landesregierung nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass es im AKW Cattenom immer wieder zu Zwischenfällen kommt. Die Meldungen des Betreibers über Betriebsstörungen sowie die Befunde der Inspektoren der ASN belegen, dass die Sicherheitskultur im AKW Cattenom verbessert werden muss. Frau Ministerin Lemke hat daher den Brand im AKW Cattenom zum Anlass genommen , um Bundesumweltminister Altmaier erneut aufzufordern, sich bei der französischen Regierung für die baldmöglichste und endgültige Schließung dieses Atomkraftwerks einzusetzen. Die rheinland-pfälzische Landesregierung wird auch weiterhin mit allem Nachdruck die Abschaltung und dauerhafte Stilllegung des Atomkraftwerks Cattenom fordern. In Vertretung: Heike Raab Staatssekretärin 3