Drucksache 16/2639 26. 07. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. August 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Arnold Schmitt (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Dorfgaststätten Die Kleine Anfrage 1753 vom 8. Juli 2013 hat folgenden Wortlaut: In unseren Dörfern sind Dorfgaststätten zentrale Orte. Sie bilden häufig neben der Kirche den weltlichen Mittelpunkt eines Ortes. Hier ist der Treffpunkt für die Bürger, versammeln sich die Vereine und wird auch im Tourismus die Bewirtung der Gäste angeboten. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung in Bezug auf den Bestand und die Entwicklung von Dorfgaststätten in den letzten fünf Jahren? 2. Welche Erkenntnisse gibt es, wie viele Orte und Teilorte keine Dorfgaststätte mehr besitzen? 3. Wie sieht die Landesregierung die zukünftige Entwicklung der noch betriebenen Dorfgaststätten? 4. Wie sieht die Landesregierung die Notwendigkeit von Dorfgaststätten als Treffpunkt für das Zusammenleben im Dorf? 5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Zusammenhang zwischen touristischen Angeboten in einem Ort und dem Er- halt der Dorfgaststätten als Bewirtungsbetriebe? 6. Welche Ansatzpunkte sieht die Landesregierung, den weiteren Wegfall von Dorfgaststätten einzudämmen? 7. Welche Fördermaßnahmen der Landesregierung stehen für Gemeinden oder Betreiber zur Verfügung, Dorfgaststätten zu erhalten? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 25. Juli 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Dem Statistischen Landesamt liegen keine auf das Erhebungsmerkmal „Dorfgaststätten“ bezogenen statistischen Daten vor. Aus diesem Grund wurden gemäß der Wirtschaftszweigsystematik 2008 die Rubriken „Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Cafés, Eissalons u. Ä.“, „Hotels“, „Gasthöfe“ und „Schankwirtschaften“ in die Auswertungen einbezogen. Ebenso gibt es bezüglich des Gemeindetyps „Dorf“ keine statistische Abgrenzung mit Hilfe der Einwohnerzahl. Der Begriff „Dorf“ wurde in Abstimmung mit der Landesplanung als eine Gemeinde mit bis zu 3 000 Einwohnern, ohne Stadtrechte und laut Raumordnungsprogramm ohne Funktion als zentraler Ort abgegrenzt. Die neuesten Daten liegen für das Jahr 2011 vor, sodass die Entwicklung von 2006 zu 2011 betrachtet werden kann. Für das Jahr 2006 wurden gemäß der oben dargestellten Abgrenzung 1 489 Dörfer festgestellt. In 1 366 Dörfern wurden 4 818 Betriebe ermittelt. Im Jahr 2011 waren noch 4 254 Betriebe in 1 288 Dörfern zu verzeichnen. Die Anzahl der Betriebe ist in diesen fünf Jahren somit um 564 respektive 11,7 % zurückgegangen. Waren in 2006 noch in knapp 92 % aller Dörfer Dorfgaststätten zu verzeichnen, ist diese Quote in 2011 auf rd. 86,5 % gesunken. Zu Frage 2: In der amtlichen Statistik Deutschlands ist die politisch selbstständige Gemeinde die kleinste darstellbare Regionaleinheit. Für Orts- oder Stadtteile liegen dem Statistischen Landesamt daher keine Daten vor. Im Berichtsjahr 2011 waren in 201 Dörfern in Rheinland-Pfalz gemäß den in der Antwort zu Frage 1 erfolgten Abgrenzungen keine Gastronomiebetriebe existent. Zu Frage 3: Drucksache 16/2639 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Dorfgaststätten weiter rückläufig sein wird. Aufgrund des Strukturwandels im länd lichen Raum erzielen viele Einwohner ihr Einkommen außerhalb des Wohnortes. Damit verlagert sich auch ein Stück weit das gesellschaftliche Leben. Durch die wachsende Mobilität werden überregionale Freizeitangebote genutzt, sodass Gaststätten im Dorf an Bedeutung verlieren. Überdies stehen nach Angaben des DEHOGA Rheinland-Pfalz in den nächsten fünf bis acht Jahren 60 % aller Unternehmen des Gastgewerbes vor der Übergabe an einen Nachfolger. Angesichts der schwierigen Bedingungen im ländlichen Raum dürfte es für Dorfgaststätten besonders schwierig sein, Betriebsnachfolger zu finden. Zu Frage 4: Dorfgaststätten sind neben anderen Einrichtungen ein beliebter Treffpunkt für Dorfbewohner und dienen damit als kommunikativer Knotenpunkt für das soziale Leben. Besteht ein tragfähiges unternehmerisches Konzept, das die wirtschaftliche Existenz gewährleistet , stellt eine Dorfgaststätte eine von verschiedenen Möglichkeiten dar, Angebote des sozialen Lebens wie solche von Vereinen und anderen Gruppierungen umzusetzen. Gleichwohl sind für den gegenseitigen Austausch und den Zusammenhalt der Dorfbewohner aber auch andere Einrichtungen wie z. B. Gemeindesäle, kirchliche Einrichtungen, Vereinsheime, Sportstätten und Mehrzweckhallen von großer Bedeutung. Zu Frage 5: Zu dieser Fragestellung gibt es keine speziellen Untersuchungen. Es lässt sich jedoch sagen, dass sich in aller Regel ein florierender Tourismus und entsprechende Beherbergungs- und Gastronomieangebote wechselseitig bedingen. Der Ausbau touristischer Attraktionen und die Schaffung besonderer Reiseziele kann zu einer gesteigerten Nachfrage bei der Dorfgastronomie führen, wenn sich die Gastronomie auf die Bedürfnisse der Reisenden einstellt, wie dies zum Beispiel bei den Quali - tätsgastgebern Wanderbares Deutschland der Fall ist. Viele Regionen des Landes verfügen aufgrund ihres kulturellen Erbes, ihres Brauchtums, ihrer regionalen Produkte und kulinarischer Besonderheiten über einzigartige Profile. Diese Regionalität soll für die Gäste in Rheinland-Pfalz erlebbar gemacht und touris - tisch genutzt werden. An diesem Prozess können sich auch Dorfgaststätten als Orte der Begegnung, der Lebensfreude und des kuli - narischen Genusses beteiligen. Zu Frage 6: Für die Zukunft von Dorfgaststätten kann es vorteilhaft sein, dass sich die Betreiber und Besitzer dieser Gaststätten bei der Umsetzung integrierter ländlicher Entwicklungskonzeptionen bzw. Dorfentwicklungskonzepten engagieren. So können sie sich im Rahmen regionaler Wertschöpfungspartnerschaften (z. B. ländlicher Tourismus, kulturelle Veranstaltungen) zusätzlich Einkommensmöglichkeiten erschließen. Zu Frage 7: Fördermaßnahmen, die sich direkt an Dorfgaststätten im ländlichen Raum richten, existieren nicht. Den Betreibern von Dorfgaststätten steht das gesamte Förderinstrumentarium für kleine und mittlere Betriebe zur Verfügung. Hier sind in erster Linie Gründer - und Unternehmerkredite im Rahmen des rheinland-pfälzischen Mittelstandsförderungsprogramms, das Beratungsprogramm für den Mittelstand sowie das Beratungsprogramm für Existenzgründer zu nennen. Diese Programme werden über die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz abgewickelt. Dort werden die Fördermöglichkeiten einzelfallbezogen geprüft. Im Rahmen des LEADER-Ansatzes des ELER-Entwicklungsprogramms PAUL können lokale Aktionsgruppen grundsätzlich auch Investitionen im Bereich von Dorfgaststätten (z. B. Verbesserung der Barrierefreiheit) unterstützen. Voraussetzung ist allerdings, dass das Vorhaben der Umsetzung der von der lokalen Aktionsgruppe erarbeiteten „Lokalen integrierten ländlichen Entwicklungskonzeption (LILE)“ dient. „Klassische“ Dorfgaststätten wurden in Rheinland-Pfalz bisher nicht über LEADER gefördert. Allerdings wurden vor dem Hintergrund der Dorfinnenentwicklung und um das Dorfleben zu erhalten und voranzutreiben Projekte zur Schaffung von Begegnungs- und Tagungsmöglichkeiten der dörflichen Gemeinschaft, Investitionen in Ausflugslokale oder auch Vinotheken mit LEADER-Mitteln gefördert. Um die Erfolgsaussichten zu erhöhen und Existenzen zu sichern, bietet die KfW aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds ein Gründer - coaching an. Eveline Lemke Staatsministerin