Drucksache 16/2644 29. 07. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. August 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Bettina Dickes (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Schulabschlüsse für Kinder mit Beeinträchtigung II Die Kleine Anfrage 1744 vom 4. Juli 2013 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Gibt es bei der Vergabe von regulären Berufsabschlüssen besondere Kriterien für Menschen mit Beeinträchtigung? 2. Wenn ja, muss im Abschlusszeugnis vermerkt werden, wenn nicht alle für den Abschluss nötigen Kriterien erfüllt werden können? 3. Welche Regeln gibt es im Hinblick auf Abschlüsse in schulischen Berufsabschlüssen z. B. bei der Höheren Berufsfachschule für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung? 4. Inwieweit spielen die Bewertungen der Praktikumsbetriebe im Rahmen der Höheren Berufsfachschule eine Rolle bei der Ver- gabe des Berufsabschlusses und können diese praktischen Elemente bei Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigung unbewertet bleiben? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. Juli 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Nach § 65 Berufsbildungsgesetz und § 42 l Handwerksordnung sollen die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen in betrieblichen Ausbildungsverhältnissen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildung, die Dauer von Prüfungszeiten, die Zulassung von Hilfsmitteln und die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter wie z. B. Gebärdensprachdolmetscher für hörbehinderte Menschen. Der Hauptausschuss des Bundesinstitutes für Berufsbildung hat am 24. Mai 1985 Empfehlungen zur Berücksichtigung besonderer Belange von Menschen mit Behinderungen bei Zwischen-, Abschluss- und Gesellenprüfungen gegeben. Demnach soll bei der Vorbereitung der Prüfung festgelegt werden, durch welche besonderen Maßnahmen deren Belange berücksichtigt werden. Die besonderen Maßnahmen dürfen lediglich die behinderungsbedingte Benachteiligung ausgleichen, jedoch nicht die Prüfungsanforderungen qualitativ verändern. Die Maßnahmen betreffen die Organisation der Prüfung (z. B. Prüfung ganz oder teilweise am eigenen Ausbildungsplatz, Einzel- statt Gruppenprüfung), die Gestaltung der Prüfung (z. B. Zeitverlängerung, angemessene Pausen, Änderung der Prüfungsformen, Abwandlung der Prüfungsaufgaben, zusätzliche Erläuterung der Prüfungsaufgaben) oder die Zulassung spezieller Hilfen (z. B. größere Schriftbilder, Anwesenheit einer Vertrauensperson, Zulassung besonders konstruierter Apparaturen, Einschaltung eines Dolmetschers ). Zu Frage 2: Ein Nachteilsausgleich wird weder auf dem Zeugnis noch auf anderen Prüfungsunterlagen kenntlich gemacht, weil die übrigen Prüfungsanforderungen unverändert bleiben. Wenn trotz Nachteilsausgleich nicht alle für den erfolgreichen Abschluss erforderlichen Kriterien erfüllt werden, ist die Prüfung nicht bestanden. Gegebenenfalls kann eine Bescheinigung über die innerhalb der Prüfung erfolgreich abgelegten Einzelleistungen ausgestellt werden, die jedoch kein Berufsabschlusszeugnis darstellt. Drucksache 16/2644 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 3: Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung, die eine Schulform der berufsbildenden Schulen besuchen, wird bei Leistungsfeststellungen gemäß § 31 Abs. 4 Schulordnung für die öffentlichen berufsbildenden Schulen und bei Abschlussprüfungen gemäß § 20 der Landesverordnung über die Abschlussprüfungen an berufsbildenden Schulen eine der Behinderung angemessene Arbeitserleichterung gewährt. Diese Arbeitserleichterung kann z. B. in der Gestattung der Nutzung von besonderen technischen Hilfsmitteln , der Anwesenheit einer Vorlesekraft oder in der Gewährung einer längeren Bearbeitungszeit bestehen. Zu Frage 4: In den Bildungsgängen der höheren Berufsfachschule ist die Ableistung von Praktika vorgesehen. Die Praktika können gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 Landesverordnung über die höhere Berufsfachschule in bestimmten Bildungsgängen durch praxisbezogene Hausarbeiten ersetzt werden. Für die Zulassung zur Abschlussprüfung ist nachzuweisen, dass die vorgeschriebenen Praktika gemäß § 7 Abs. 3 bis 6 dieser Landesverordnung absolviert wurden und die Teilnahme am Praktikum im Bericht der Ausbildungsstätte dokumentiert ist. Für den Fall, dass eine praxisbezogene Hausarbeit erstellt wurde, muss diese mit mindestens ausreichend beurteilt worden sein. Diese Vorgaben müssen auch Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung erfüllen. Bei der Absolvierung der Praktika oder der Anfertigung der Hausarbeit können diese Schülerinnen und Schüler aber eine ihrer Behinderung entsprechende Arbeitserleichterung erhalten. Doris Ahnen Staatsministerin