Drucksache 16/2651 30. 07. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 3. September 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Michael Wäschenbach (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur „Zwangsfusion“ Herdorf-Daaden Die Kleine Anfrage 1745 vom 8. Juli 2013 hat folgenden Wortlaut: In vielen betroffenen Gemeinden und nun gerade aktuell in Herdorf formiert sich massiver Widerstand gegen die „Zwangsfusion“ oder in diesem Fall sogar „Eingliederung“. Unterschriften werden gesammelt, Social-Media-Plattformen gestartet und der Unmut vor Ort ist groß. Eine sehr gut besuchte Bürgerversammlung in Herdorf war nun eine weitere Initialzündung für den Widerstand. Eine Kommunal- und Verwaltungsreform mit einer vernünftigen Aufgabenkritik, von ganz oben angefangen bis hin zu den Ortsgemeinden , mit Bündelung der Kräfte und Kooperationen zwischen Kommunen macht Sinn, eine Zwangsfusion oder Eingliederung gegen den Willen der Bürger ist kontraproduktiv und schwächt das bürgerliche Engagement. In den von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten von Prof. Junkernheinrich werden die kleinteiligen Gebietsstrukturen als ein Grund für den Reformbedarf auf kommunaler Ebene genannt. Die wenigen Zwangsfusionen und die wenigen freiwilligen Fusionen ändern hieran fast nichts. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wird eine Bürgerbefragung im Sinne der politisch propagierten Bürgerbeteiligung akzeptiert und fließt sie in die Entschei- dungsfindung ein? 2. Hat der zuständige Innenminister wirklich alle betroffenen Kommunen im Vorfeld besucht und die Argumentation der Räte, Verwaltungen und der jeweiligen Bürgerschaft angehört und sich der Diskussion gestellt? 3. Welche finanziellen Auswirkungen erwartet die Landesregierung aus der Zwangsfusion der beiden Gebietskörperschaften für deren Haushalte und die nachhaltig zu regelnden kommunalen Finanzausstattungen? 4. Warum dulden die jetzt nur etwa zehn angegangenen „Zwangsfusionen“ keinen bedingungslosen Aufschub bis 2019, wenn die Vielzahl der Fusionen auf Kreis- und Verbandsgemeindeebene anstehen? 5. Kann eine Auswertung der Anhörung bis Spätsommer 2013 dazu führen, dass von einer jetzt angestrebten Zwangsfusion abge- sehen wird? 6. Beabsichtigt die Landesregierung auf Basis der o. a. Gutachten eine weitergehende Reform auf der Ebene der Ortsgemeinden? 7. Wie geht die Landesregierung mit Fusionsfällen um, bei denen keine der beteiligten Gebietskörperschaften diese Fusion will und mitträgt und wenn es daher in Folge an diese Fusion kein demokratisch legitimiertes gut funktionierendes Miteinander in der neu geschaffenen Gebietskörperschaft gibt? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 22. Juli 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Ergebnisse von Bürgerbeteiligungen zu kommunalen Gebietsänderungen fließen als ein Gemeinwohlbelang in die Gesamtabwägung des jeweiligen Gesetzentwurfs zur Umsetzung der Kommunal- und Verwaltungsreform ein. Zu Frage 2: Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung haben u. a. in zahlreichen Gesprächen die Gründe für die Durchführung der Kommunal- und Verwaltungsreform und deren Umsetzung im konkreten Fall dargelegt und die bestehenden Bedenken mit den Drucksache 16/2651 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Verantwortlichen vor Ort erörtert. Allen betroffenen Kommunen wurde mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 die Gelegenheit einer ersten Positionierung zu der jeweils beabsichtigten Fusionsoption gegeben. Die eingegangenen Stellungnahmen sind auch in dem jeweiligen Gesetzentwurf berücksichtigt worden. Zu Frage 3: Die Eingliederung der verbandsfreien Stadt Herdorf in die Verbandsgemeinde Daaden hat erhebliche Kosteneinsparungen zum Ziel. Angestrebt ist, längerfristig Einsparungen bei den Personalkosten und bei den Sachkosten durch Synergieeffekte zu erreichen. Zu Frage 4: Die Landesregierung beabsichtigt eine sukzessive Umsetzung der Kommunal- und Verwaltungsreform. An die erste Stufe der Reform bis zu den allgemeinen Kommunalwahlen im Frühjahr 2014 wird sich unmittelbar die zweite Stufe anschließen. Darin werden Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, die derzeit mit Änderungen von Landkreisen verbun den wären, und auch die übrigen Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden realisiert werden. Die zeitliche Streckung ist aufgrund der im jeweiligen Einzelfall gebotenen gründlichen Abwägung erforderlich. Zu Frage 5: Die im förmlichen Anhörungsverfahren eingehenden Stellungnahmen werden ergebnisoffen geprüft und in das weitere Verfahren einbezogen. Insbesondere werden Argumente für das Vorliegen von Ausnahmegründen nach § 2 Abs. 3 des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform – KomVwRGrG – für eine Unterschreitung der grundsätzlich erforderlichen Mindesteinwohnerzahlen berücksichtigt. Alternative Fusionsvorschläge werden begrüßt, da die Landesregierung einer gemeinwohlverträglichen freiwilligen Lösung den Vorzug gibt. Die letztendliche Entscheidung wird dann der Landesgesetzgeber treffen. Zu Frage 6: Nein. Zu Frage 7: Die Tatsache, dass einige betroffene Gebietskörperschaften derzeit um ihre Eigenständigkeit kämpfen, bedeutet nicht automatisch, dass hier ein Gegeneinander der Fusionspartner besteht. Die Schlussfolgerung, dass nach einer Fusion kein demokratisch legitimiertes gut funktionierendes Miteinander in der neu geschaffenen Gebietskörperschaft besteht, kann die Landesregierung nicht teilen . Sie geht davon aus, dass ihre Absicht, kleine verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden in größere Strukturen zu überführen , früher oder später als richtig anerkannt wird. Dies zeigt sich an den zahlreichen gelungenen Fusionen, auch in der Vergangen - heit. Roger Lewentz Staatsminister