Drucksache 16/2660 01. 08. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 3. September 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Hans-Josef Bracht (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Bürgermeisterwahl in Boppard Die Kleine Anfrage 1767 vom 11. Juli 2013 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet das Innenministerium den Aufruf der sieben Ortsvorsteher der städtischen Ortsbezirke der Stadt Boppard zur Wahl des amtierenden Bürgermeisters? 2. Fand im Vorfeld der Entscheidung der sieben Ortsvorsteher eine Beratung hinsichtlich der rechtlichen Bewertung einer solchen Postwurfsendung seitens des Innenministeriums, der Hausleitung etc. statt? 3. Falls ja, mit welchem Ergebnis? 4. Ist geplant, um in Zukunft eine unzulässige Wählerbeeinflussung zu vermeiden, eine entsprechende rechtliche Information für alle kommunalen Mandatsträger in Rheinland-Pfalz vorzusehen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Juli 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das Verwaltungsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 2. Juli 2013 – 1 K 62/13.KO – die Bürgermeisterwahl der Stadt Boppard vom 4. November 2012 für ungültig erklärt. Die Wahl verletze den verfassungsrechtlichen Wahlrechtsgrundsatz der freien Wahl (vgl. Art. 38 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG –, § 53 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung – GemO –). Danach müssten die Wähler in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung ohne jede unzulässige Beeinflussung von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite zu ihrer Wahlentscheidung finden können. Das Gebot der freien Wahl untersage es staatlichen und gemeindlichen Organen, sich in amtlicher Funktion vor Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und die Amtsträger zu unterstützen oder zu bekämpfen. Insbesondere dürften in amtlicher Eigenschaft keine Wahlempfehlungen ausgesprochen werden . Derartige Empfehlungen seien nicht von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 1997 – 8 C 5.96 – und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. November 2000 – 7 A 10595/00.OVG – führt das Verwaltungsgericht Koblenz ferner aus, dass solche Empfehlungen gegen die Neutralitätsverpflichtung , die von den Gemeinden und ihren Organen zu beachten seien, verstoßen würden. Bei der Postwurfsendung der sieben Ortsvorsteher im Vorfeld der Bürgermeisterwahl handele es sich um eine unzulässige Wahlempfehlung. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 2. Juli 2013 ist, nachdem die Beteiligten auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet haben, rechtskräftig. Die nunmehr erforderliche Wiederholungswahl soll am 22. September 2013 (Tag der Bundestagswahl) stattfinden. Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt: Zu Frage 1: Aus der Sicht der Landesregierung korrespondiert das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz mit gerichtlichen Entscheidungen in vergleichbaren Fällen, insbesondere mit dem vorerwähnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 1997. Drucksache 16/2660 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Nein. Zu Frage 3: Entfällt. Zu Frage 4: Die Neutralitätspflicht von Wahlorganen ist immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen, Beschwerden und Gerichtsverfahren und schon von daher regelmäßig auch den kommunalen Wahlorganen bekannt. Darüber hinaus wird auf das Verbot, in amtlicher Funktion vor Wahlen Wahlempfehlungen auszusprechen, von verschiedenen Stellen (u. a. von den kommunalen Spitzen - verbänden und der Landeswahlleitung) immer wieder hingewiesen. Die kommunalen Spitzenverbände werden auch das vorerwähnte Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen. Roger Lewentz Staatsminister