Drucksache 16/2708 03. 09. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Bettina Dickes (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Fortbildungen zum Thema „Inklusion“ Die Kleine Anfrage 1800 vom 12. August 2013 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Fortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer zum Thema „Inklusion“ wurden im Land Rheinland-Pfalz in den letzten drei Jahren von wem angeboten? 2. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer haben an den jeweiligen Fortbildungen teilgenommen? 3. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer, die an einer Schwerpunktschule unterrichten, haben in den vergangenen drei Jahren an einer Fortbildung zum Thema „Inklusion“ teilgenommen – absolut sowie prozentual zur Zahl der Lehrerinnen und Lehrer an Schwerpunktschulen? 4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele der an Schwerpunktschulen unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer bisher an keiner Fortbildung zu diesem Thema teilgenommen haben? 5. Hält die Landesregierung das derzeitige Fortbildungsangebot für ausreichend? 6. Welche Inhalte in welchem Umfang aus dem Bereich der Inklusion sind derzeit für Lehramtsstudenten und -studentinnen sowie Referendare und Referendarinnen verpflichtend? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 3. September 2013 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 2: Die pädagogischen Serviceeinrichtungen in Rheinland-Pfalz – Pädagogisches Landesinstitut Rheinland-Pfalz (PL), Erziehungswissenschaftliches Fort- und Weiterbildungsinstitut der Evangelischen Kirche in Rheinland-Pfalz (EFWI) sowie Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung Mainz (ILF) – haben im Zeitraum 1. August 2010 bis 31. Juli 2013 folgende Maßnahmen zur Inklusion bzw. zu inklusionsrelevanten Themen durchgeführt: PL: Angebot/Maßnahme Anzahl der Veranstaltungen Zahl der Teilnahmen Tagung/Kurs 92 2 189 Studientag 161 3 199 Arbeitsgemeinschaft 147 1 992 Summe 400 7 380 Darüber hinaus fanden 1 121 Einsätze von „Beraterinnen und Beratern für Integration/Inklusion“ im Rahmen des Pädagogischen Beratungssystems (PäB) statt. Schwerpunktthemen waren: Grundlagen inklusiven Unterrichts, individualisiertes Lernen in heterogenen Lerngruppen, kompetenzorientierte Diagnostik, Förderplanung im Team, Umgang mit herausforderndem Verhalten, Prävention und Intervention bei Lernschwierigkeiten. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 7. Oktober 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2708 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 EFWI: Angebot/Maßnahme Anzahl der Veranstaltungen Zahl der Teilnahmen Tagung/Kurs 32 819 Studientage 48 1 903 Summe 80 2 722 Das EFWI hat am 24. September 2012 in Zusammenarbeit mit der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau, ein Kolloquium „Auf dem Weg zur inklusiven Schule“ durchgeführt. Ein Workshop im Rahmen dieser Veranstaltung wurde von Referentinnen und Referenten des Pädagogischen Landesinstituts gestaltet . An dieser Veranstaltung haben 115 Lehrkräfte aus Rheinland-Pfalz teilgenommen. ILF: Angebot/Maßnahme Anzahl der Veranstaltungen Zahl der Teilnahmen Tagung/Kurs 43 816 Studientag 49 998 Summe 92 1 814 Darüber hinaus fanden fünf Einsätze von Beraterinnen und Beratern des ILF statt. Zu den Fragen 3 und 4: Im vorgenannten Zeitraum haben Lehrkräfte aus 211 Schwerpunktschulen an einer Fortbildungsveranstaltung des PL zum Themenfeld Inklusion teilgenommen. Darüber hinaus haben 134 Schwerpunktschulen Unterstützung durch die Beratungskräfte für Integration und Inklusion erhalten. Schwerpunktschulen thematisieren zudem in ihrer täglichen Arbeit, z. B. im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften, Gesamt- oder Fachkonferenzen, aktuelle Fragen der Umsetzung der Inklusion. Eine weitere Differenzierung der Daten in der gewünschten Form ist nicht möglich, da dies eine händische Auswertung der Anmeldungen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfordern würde; dies ist im zeitlichen Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht leistbar. Zu Frage 5: Angebote der pädagogischen Serviceeinrichtungen für Lehrkräfte und Schulleitungen geben den Schulen die erforderliche Unterstützung , damit der gemeinsame Unterricht in entsprechender Qualität gelingt. Zukünftig wird es eine verstärkte Verzahnung von Fortbildungen für Lehrkräfte und schulische Führungskräfte geben. Die Fortbildungen werden kombiniert und mit Beratungsangeboten unterstützt, um systemische und nachhaltige Prozesse an Schulen anzustoßen. Schulinterne Fortbildungsangebote, Beratung und Begleitung von Schulen im Entwicklungsprozess, Unterstützung bei der schuleigenen Konzeptentwicklung, Organisation und Gestaltung von individualisiertem Lernen im gemeinsamen Unterricht, Unterstützung bei Kooperation und Teamentwicklung werden weitere Themen sein. Das Pädagogische Landesinstitut und die Partner in der Fort- und Weiterbildung werden dazu praxisnahe Unterstützungsangebote bereitstellen. Zu Frage 6: Bereits mit der Reform der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung in Rheinland-Pfalz wurde Inklusion als ein wesentlicher Bestandteil des Orientierungs- und Handlungsrahmens für die gesamte Lehrkräfteausbildung definiert. Damit wurde in Rheinland-Pfalz bereits früh die Grundlage dafür gelegt, was die Kultusministerkonferenz (KMK) in einem aktuellen Beschluss, der Inklusion als basalen Baustein im Selbstverständnis in allen Lehrämtern definiert, gefasst hat. Der Bereich der Inklusion gehört in der rheinland-pfälzischen Lehrerinnen- und Lehrerausbildung zu den sogenannten Querschnittsthemen , welche im Sinne eines kohärenten Kompetenzerwerbs die gesamte Ausbildung durchziehen: „Inklusion – zur Verwirklichung eines gemeinsamen Unterrichtens von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung“. Diese Vorgabe findet sich dann konkret in den verbindlichen curricularen Vorgaben für die erste Phase der Lehrkräftequalifizierung, dem Studium , und für die zweite Phase, dem Vorbereitungsdienst. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2708 Für das Studium sind die curricularen Standards maßgebend: Wenngleich Inklusion Berücksichtigung in allen lehramtsrelevanten Studienbereichen, namentlich auch in den Fachdidaktiken, findet, ist die Thematik prominent verortet in dem Studienfach Bildungswissenschaften. Die Bildungswissenschaften umfassen für die Lehrämter an Realschulen plus, an Gymnasien und an berufsbildenden Schulen je fünf Module. In Modul 3 „Diagnostik, Differenzierung, Integration“, das für die Ausbildung in den Lehrämtern an Realschulen plus, an Gymnasien und an berufsbildenden Schulen verbindlich ist, wird als verbindlicher Inhalt vorgegeben: „… Heterogenität … als Bedingung von Schule und Unterricht , … förderpädagogische Aufgaben der Schule …“. Damit korrespondiert die von den angehenden Lehrkräften erwartete Kompetenz: „… erkennen Benachteiligungen sowie besondere Begabungen und können in entsprechenden pädagogischen Förderkonzepten mitwirken…“. Für das Lehramt an Grundschulen findet sich dieser Ansatz im Studienfach Grundschulbildung und hier in dem Modul 1 „Grundschulpädagogik “, einem von neun Pflichtmodulen mit den verbindlichen Inhalten „… Differenzierung und Förderung, … förderpädagogische Grundlagen …“ und den korrespondierenden Kompetenzerwartungen: „… kennen Konzepte integrativen Unterrichts, …, verfügen über Förderkonzepte der Individualisierung und der Differenzierung …“. Für das Lehramt an Förderschulen wird die Thematik hauptsächlich aufgegriffen in den Fächern „Grundlagen sonderpädagogischer Förderung“ sowie „Schwerpunkte sonderpädagogischer Förderung“. Das Fach „Grundlagen sonderpädagogischer Förderung“ umfasst vier Module: In Modul 1 „Pädagogische und soziologische Grundlagen sonderpädagogischer Förderung“ ist als Inhalt vorgegeben „… Exklusive und inklusive lebenslauf- und lebensortbezogene Handlungs- und Aufgabenfelder, …“ mit der erwarteten Kompetenz „Die Studierenden … reflektieren … unter dem Aspekt der sozialen und pädagogischen Inklusion und Exklusion …“. In Modul 4 „Übergreifende pädagogische Grundlagen sonderpädagogischer Förderung“ ist als Inhalt vorgegeben „… sonderpädagogische Aspekte gemeinsamen Lebens und Lernens in der Schule …“ mit der erwarteten Kompetenz „Die Studierenden … kennen Konzepte der Erziehung und des Unterrichts in heterogenen Gruppen, … pädagogische und didaktische Möglichkeiten und Organisationsformen des gemeinsamen Unterrichtens, … können inklusive Förderung individuell konzipieren, organisieren und gestalten …“. Auch die schulpraktische Ausbildung im Rahmen des Studiums bezieht den Bereich der Inklusion im Aufgabenspektrum einer Lehrkraft in den Erfahrungsbereichen „Schule und Beruf“, „Erziehung“, „Kommunikation und Interaktion“, „Unterricht“ sowie „Diagnose und Beratung“ ein. Für den Vorbereitungsdienst ist die curriculare Struktur maßgebend: Im berufspraktischen Seminar für alle Lehrämter sind insgesamt fünf Module vorgegeben. Der Bereich Inklusion wird insbesondere in den Modulen 2, 4 und 5 explizit berücksichtigt: Modul 2 beinhaltet die Themen „Sozialisation, Erziehung, Bildung“ und gibt als verbindlichen Inhalt „… Inklusion als Chance schulischer Qualitätsentwicklung …“ vor. Damit erwerben Studierende spezielle Kompetenzen und „… leiten individuelle Bildungsund Erziehungsziele sowie Hilfen ab und stellen diese in Förderplänen dar“. Modul 4 „Unterricht“ gibt verbindlich „… Inklusion als Schwerpunkt eigenen Handelns, … Umgang mit Heterogenität und individuelle Förderung …“ vor. Mit den erworbenen Kompetenzen verfügen Studierende über ein „didaktisch-methodisches Handlungsrepertoire …, insbesondere auch zum gemeinsamen Unterrichten von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung …“. Sie „… gehen passend mit Heterogenität und der individuellen Unterstützung der Lernenden um …“. Mit dem Modul 5 „Diagnose, Beratung und Beurteilung“, das die Themenschwerpunkte „… Entwicklungsstände, Lernpotenziale, Lernhindernisse und besondere Begabungen der eigenen Lerngruppen …“ beinhaltet, werden die Studierenden befähigt, „Unterrichtssituationen den individuellen Lernwegen der Lernenden“ anzupassen sowie „die Lern- und Leistungsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler in den für den schulischen Alltag relevanten Bereichen“ zu diagnostizieren. Darüber hinaus sind im Vorbereitungsdienst Ausbildungseinheiten für lehramtsspezifische Besonderheiten vorgesehen. Hier kann beispielsweise auf besondere Herausforderungen im schulischen Alltag, namentlich auch auf die Bedingungen inklusiven Unterrichtens in Schwerpunktschulen, gezielt eingegangen werden. Die Ausbildung in den Schulen entspricht der curricularen Struktur, wie sie für die Arbeit in den Studienseminaren maßgeblich ist. Dem Anspruch der Ausbildung mit Blick auf Inklusion wird auch dadurch entsprochen, dass mit zunehmender Zahl von Schwerpunktschulen diese Ausbildungsstätten systematisch in den Vorbereitungsdienst einbezogen werden. Ausgehend von diesen in der Reform der Lehrkräfteausbildung bereits grundgelegten curricularen Strukturen werden – in Kooperation mit allen Beteiligten der Lehrkräfteausbildung und im Kontext der Meinungsbildung zwischen den Ländern beziehungsweise Beschlussfassung in der KMK – diese konsequent fortentwickelt. Doris Ahnen Staatsministerin 3