Drucksache 16/275 30. 08. 2011 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Ingeborg Sahler-Fesel und Bettina Brück (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Frühkindliche Bildung Die Kleine Anfrage 196 vom 18. August 2011 hat folgenden Wortlaut: Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat im Juli 2011 im Rahmen einer Pressekonferenz einen Achtpunktekatalog für eine bessere frühkindliche Bildung vorgestellt und sich darin u. a. für einen weiteren und nachhaltigen Ausbau der Kindertageseinrichtungen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der frühkindlichen Bildung im Land bei? 2. Welche Maßnahmen wurden seitens des Landes zur frühkindlichen Bildung in den letzten Jahren ergriffen? 3. Welche Schlüsse können aus den oben genannten Forderungen zur frühkindlichen Bildung im Land gezogen werden? 4. Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund die geplante Einführung eines Betreuungsgeldes durch die schwarz- gelbe Bundesregierung? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. August 2011 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Landesregierung setzt mit ihrer Politik einen besonderen Schwerpunkt im Kindertagesstättenbereich. Dies findet in den erheblichen finanziellen Mitteln, die der Landeshaushalt und auch die Kommunen hierfür aufwenden, seinen Ausdruck. Aber auch und vor allem in den Anstrengungen, die Qualität der Kindertagesbetreuung weiterzuentwickeln. Der hohe Stellenwert, den die Landesregierung diesem Thema beimisst, zeigt sich deutlich in dem Landesprogramm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“, das seit 2006 mit einer Reihe inhaltlicher Verbesserungen, z. B. der stufenweisen Einführung der Beitragsfreiheit für Kindergärten ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr und dem erfolgreichen Ausbau des Angebots insbesondere für Kinder unter drei Jahren verbunden ist. Das Land hat 2010 rund 388 Millionen Euro für die Arbeit in den rund 2 500 Kindertagestätten im Landeshaushalt ausgegeben, in diesem Jahr sind 419 Millionen Euro dafür im Haushalt veranschlagt. Im Jahr 2001 waren im Landeshaushalt noch „nur“ 165 Millionen Euro für Kindertagesstätten veranschlagt. Zu Frage 2: Folgende Maßnahmen wurden seitens des Landes zur frühkindlichen Bildung in den letzten Jahren ergriffen: – Der fortschreitende Ausbau der Plätze in Kindertagesstätten sichert frühe Bildung, unterstützt Mütter und Väter und hilft Familien, gemeinsame Zeit als wertvolle Zeit zu erleben. – Die Beitragsfreiheit ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr ist ein wesentliches Instrument zur Integration und Chancengerechtigkeit . Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 8. September 2011 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/275 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode – Eine Sprachförderung von Anfang an sowie die Beobachtung und Dokumentation unterstützen kontinuierliche Bildungsprozesse . Beides ist rechtlich verankert ebenso wie regelmäßige Entwicklungsgespräche mit den Eltern. Zusätzliche Sprachförderung ermöglicht weitere individuelle Förderung. – Die gemeinsam erarbeiteten Bildungs- und Erziehungsempfehlungen sowie die Empfehlungen zur Qualität bilden die konzeptionelle Grundlage allen Handelns und die Qualifizierung der Fachkräfte. – Ein landesweites Fortbildungscurriculum verbunden mit einer finanziellen Förderung von ca. 1,2 Mio. Euro sichert die kontinuierliche Weiterqualifzierung der Fachkräfte. An der Fachhochschule Koblenz wurden drei Studiengänge eingerichtet, die über das Land Rheinland-Pfalz hinaus wegen ihrer spezifischen Ausrichtung und ihrer Verzahnung mit der Fachpraxis Bedeutung gewonnen haben. Hierzu zählt der Studiengang „Bildungs- und Sozialmanagement mit Schwerpunkt frühe Kindheit“, der Leitungskräfte im Blick hat, der ebenfalls berufsintegrierende Studiengang „Pädagogik der frühen Kindheit“ sowie der aktuell begonnene duale Studiengang „Bildung und Erziehung“, der sich auch an Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger im Berufsfeld richtet. Zu Frage 3: Rheinland-Pfalz teilt die im Achtpunktekatalog anvisierten Ziele und verfolgt das Erreichen dieser Ziele mit vielfältigem Engagement . Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht die Landesregierung darin, all diese Entwicklungen auch angesichts der in den kommenden Jahren anstehenden Konsolidierung der öffentlichen Haushalte weiterhin zu unterstützen und die erreichte Qualität zu sichern . Die weitere Entwicklung wird wie bisher in enger Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Freien Trägern erfolgen. Neben der qualitativen Weiterentwicklung des Praxisfeldes der Kindertageseinrichtungen hat das Land Rheinland-Pfalz bereits durch eine Gesetzesänderung in 2005 die Voraussetzung geschaffen, dass Arbeitgeber für betriebsnahe Angebote Unterstützung finden. So können Betriebskindertagesstätten bzw. Belegplätze in Einrichtungen ebenso gefördert werden wie die Einrichtungen der Freien Träger. Zudem werden an der Realität von Betrieben (Einzugsgebiet der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) ausgerichtete Möglichkeiten eröffnet, da ein interkommunaler finanzieller Ausgleich auf Landesebene geregelt ist. Es wird auch weiterhin darum gehen , die gemeinsame Verantwortung zu sehen und Win-win-Situationen zu gestalten. So werden z. B. in Kooperation mit dem Wirtschaftministerium , der Investitions- und Strukturbank in Rheinland-Pfalz und den Wirtschaftskammern Aktionstage zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf durchgeführt. Des Weiteren erfolgt eine Aufbereitung von Praxisbeispielen und eines Praxisleitfadens für kleine und mittelständische Unternehmen zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit. Zu Frage 4: Die Einführung eines Betreuungsgeldes, wie es von der amtierenden Bundesregierung geplant ist, wird von der Landesregierung als integrations-, bildungs- und sozialpolitisch verfehlt eingeschätzt. Eine finanzielle Förderung des Fernhaltens von Kindern aus dem Bereich der institutionellen frühen Bildung widerspräche dem grundlegenden Förder- und Bildungsanspruch der öffentlichen Hand und würde darüber hinaus integrationspolitischen Ansätzen zuwiderlaufen. Im Gegensatz zu diesem geplanten politischen Vorhaben der Bundesregierung ist die Landesregierung bestrebt, gemeinsam mit den Kommunen und den freien Trägern das hochwertige Angebot der frühen Bildung und Betreuung in den Kindertagestätten quantitativ und qualitativ weiterzuentwickeln, um möglichst vielen Eltern dieses Förderangebot für ihre Kinder zu eröffnen. Irene Alt Staatsministerin