Drucksache 16/2872 09. 10. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Doris Ahnen, Kathrin Anklam-Trapp und Friederike Ebli (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Maßnahmen und Schritte nach dem Pflegeskandal in einer Pflegeinrichtung in Mainz-Finthen Die Kleine Anfrage 1898 vom 19. September 2013 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie ist der aktuelle Stand der pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner in der Pflegeeinrichtung in Mainz- Finthen? 2. Nach welchen rechtlichen Vorschriften gestaltet sich die Finanzierung von Pflegeeinrichtungen? 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Grad der wirtschaftlichen Verflechtung des Trägers der Pflegeeinrich- tung bzw. der angehörigen Unternehmensgruppe? 4. Welche Maßnahmen bzw. Schritte plant die Landesregierung vor diesem Hintergrund auf Landes- und Bundesebene? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die fachlich zuständige Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (BP-LWTG) hat die Einrichtung seit den Vorfällen Ende Juli 2013 mindestens zweimal wöchentlich zu unterschiedlichen Zeiten unangemeldet besucht. Sie hat bei diesen Besuchen unter anderem die Flüssigkeitsversorgung der Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Dokumentation in den Trinkprotokollen und den Lagerungsprotokollen geprüft. Bei diesen Besuchen wurden keine wesentlichen Mängel mehr festgestellt, lediglich kleinere Mängel zum Beispiel im Bereich der Dokumentation, die aber das Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner nicht gefährden. Die personellen Anforderungen, die durch die Anordnung der BP-LWTG gestellt wurden, werden erfüllt. Diese unangemeldeten Kontrollen und Überprüfungen durch die Beratungs- und Prüfbehörde werden nun in einem größeren zeitlichen Rhythmus fortgeführt, da keine weiteren Beanstandungen festgestellt wurden. Auch die letzte Begehung der Beratungs- und Prüfbehörde am 27. September 2013 hat ergeben, dass die Pflege und Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner gesichert ist. Zu 2.: Die Finanzierung von Pflegeeinrichtungen basiert auf § 82 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und setzt sich zusammen aus a) der Pflegevergütung, die von den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern, das heißt Pflegeversicherung beziehungsweise Sozialhilfe , zu tragen ist, b) einem angemessenen Entgelt für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege, für das die Pflegebedürftigen selbst beziehungsweise der zuständige Sozialhilfeträger aufzukommen haben, c) enumerativ aufgeführten betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen, wie zum Beispiel Miete, Pacht und Kapitalkosten für die Errichtung des Gebäudes, für die ebenfalls die Pflegebedürftigen selbst beziehungsweise der zuständige Sozialhilfeträger aufzukommen haben. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 14. November 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2872 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 3.: Die CASA REHA-Unternehmensgruppe wurde 1995 gegründet, Muttergesellschaft ist die CASA REHA Holding GmbH mit Sitz in Oberursel, die wiederum zu 100 Prozent der CASA REHA Luxembourg S.à.r.l. gehört, deren Mehrheitsgesellschafter seit dem Jahr 2008 der britische Private-Equity-Investor HgCapital ist. HgCapital wurde im Jahr 1985 gegründet und ist als unabhängiges Private-Equity-Fonds-Management-Unternehmen einer der führenden Investoren in mittelständischen Unternehmen in Europa. Das Unternehmen verwaltet Kapital in Höhe von 6,6 Milliarden Euro und investiert unter anderem im Gesundheitswesen und in den erneuerbaren Energien. 1998 erfolgte die Übernahme der PRO VITA-Gruppe durch die CASA REHA-Unternehmensgruppe. Private-Equity-Fonds stellen Unternehmen Kapital zur Verfügung. Die Kapitalanteile werden aber, anders als Aktien, nicht öffent - lich an Börsen gehandelt. Zu 4.: Die Möglichkeit für Pflegeeinrichtungen, Gewinne zu erzielen, ist ausdrücklich und bewusst im Pflegeversicherungsrecht vorgesehen . § 84 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besagt daher, dass es einer Pflegeeinrichtung bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglicht werden muss, über die Pflegesätze ihre Aufwendungen zu finanzieren und ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen. Überschüsse verbleiben der Einrichtung, Verluste sind von ihr zu tragen (§ 84 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Das Bundessozialgericht hat diesbezüglich in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass eine leistungsgerechte Vergütung einer Einrichtung auch eine angemessene Vergütung ihres Unternehmerrisikos umfasst. Ziel der Landesregierung ist es daher nicht, Pflegeeinrichtungen die Möglichkeit zur Gewinnerzielung zu nehmen. Dies würde letztlich dazu führen, dass die Einrichtungen zwar Verluste tragen müssten, im besten Fall aber nur ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen könnten. Überlegungen werden jedoch dahingehend angestellt, ob und inwieweit Entwicklungen in der Unternehmenslandschaft, die überall in der Privatwirtschaft zu beobachten sind, bei der Pflege und Betreuung schutzbedürftiger Menschen mehr als heute Grenzen gesetzt werden müssen. Die Landesregierung startet deshalb eine Initiative zu Änderungen des Bundesrechts, die Mängel in der Pflege und Betreuung noch unattraktiver für Betreiber, Gesellschafter und Investoren machen. Denkbar wären insbesondere Verschärfungen der Zulassungsvoraussetzungen nach § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und die Stärkung des Instruments der Kostenträger, Entgeltkürzungen durchzusetzen, wenn Einrichtungsträger Verpflichtungen zur qualitätsgerechten Leistungserbringung nicht einhalten (§ 115 Absatz 3 SGB XI). Auf Landes- und Bundesebene soll zudem geprüft werden, ob eine Verpflichtung zur Offenlegung der wirtschaftlichen Bilanzen und wirtschaftlichen Verflechtung von Einrichtungsträgern und Drittfirmen aufgenommen werden kann. Ein weiterer Aspekt könnte auch eine Vorgabe zum Verhältnis von Stammpersonal zu Leiharbeitskräften sein. Rheinland-Pfalz wird daher der Arbeits- und Sozialministerkonferenz konkrete Lösungen vorschlagen. Alexander Schweitzer Staatsminister