Drucksache 16/2877 10. 10. 2013 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Christian Baldauf (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Zuordnung des „Einheitlichen Ansprechpartners“ im Europäischen Binnenmarkt Die Kleine Anfrage 1896 vom 19. September 2013 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse haben die Landesregierung dazu gebracht, den sog. „Einheitlichen Ansprechpartner“ für Unternehmen im europäischen Binnenmarkt von den Behörden des Landes auf die Industrie- und Handelskammern zu verlagern, wie es bei der Vorstellung der Eckwerte des neuen Doppelhaushalts angekündigt worden ist? 2. Welche Überlegungen waren seinerzeit für die Landesregierung maßgeblich, als diese Einrichtung in Kontroverse zu den Kammern und den Verbänden der Wirtschaft nicht auf die Kammern, sondern auf die staatliche Verwaltung übertragen wurde? 3. Welche Personal- und Sachkosten sind dem Land seither dafür entstanden? 4. Welche Kosten entstehen dem Land nach Übernahme dieser Funktion durch die Kammern? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Nach Artikel 6 der am 28. Dezember 2006 in Kraft getretenen Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (EU-Dienstleistungsrichtlinie) hatten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bis zum Ende des Jahres 2009 „Einheitliche Ansprechpartner“ zu schaffen, über die die Dienstleistungserbringer bestimmte Verfahren und Formalitäten abwickeln können. In der Bundesrepublik Deutschland sind die Bundesländer für die Ausgestaltung des „Einheitlichen Ansprechpartners“ zuständig. Die Verortung des „Einheitlichen Ansprechpartners“ erfolgte in den Bundesländern auf unterschiedlichen Ebenen. Einige Länder entschieden sich für eine Lösung auf kommunaler Ebene, andere für eine Ansiedlung der Aufgabe bei den Mittelbehörden und weitere Länder, z. B. Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Thüringen, für ein Kammermodell . Der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber hat im Jahr 2009 die Aufgaben des „Einheitlichen Ansprechpartners“ auf die Strukturund Genehmigungsdirektionen als Landesmittelbehörden übertragen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu den Fragen 1 und 2: Die beabsichtigte Verlagerung der Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners von den Struktur- und Genehmigungsdirektionen auf die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern ist im Zusammenhang mit auch in den kommenden Haushaltsjahren erforderlich werdenden Einsparmaßnahmen und der von der Landesregierung durchgeführten Aufgabenkritik zu sehen. Zum Zeitpunkt der Übertragung der Aufgaben des „Einheitlichen Ansprechpartners“ auf die Struktur- und Genehmigungsdirektionen im Jahr 2009 war noch nicht absehbar, in welchem Umfang die Leistungen des „Einheitlichen Ansprechpartners“ tatsächlich in Anspruch genommen werden. Die zu erwartenden Personal- und Sachkosten konnten daher nur überschlägig geschätzt werden . Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. November 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2877 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Vor diesem Hintergrund wurde die Entscheidung getroffen, die Aufgaben des „Einheitlichen Ansprechpartners“ auf die Landesmittelbehörden zu übertragen. Das Personal der Struktur- und Genehmigungsdirektionen konnte flexibel eingesetzt und dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Gleichzeitig war die nach Auffassung des Bundes notwendige fachliche Aufsicht sichergestellt . Zudem waren bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen die erforderliche Struktur der IT-Ausstattung und die Sachmittel bereits teilweise vorhanden. Die Frage, ob eine Aufgabe (dauerhaft) von der staatlichen Verwaltung wahrgenommen werden muss, und die Art und Weise der jeweiligen Aufgabenwahrnehmung sind Gegenstand der permanenten Aufgabenkritik. Diese muss konkret dazu beitragen, die jeweilige öffentliche Aufgabe schneller, effektiver, kostengünstiger und bürgerfreundlicher erledigen zu können. An diesen Maßstäben hat sich auch die Überprüfung des jeweiligen Aufgabenbestands der öffentlichen Verwaltung zu orientieren. Dabei ist es sinnvoll , Aufgaben, die nicht zwingend von staatlichen Stellen übernommen werden müssen, auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls zu verlagern. Wie die Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen, ist die Wahrnehmung der Aufgaben des „Einheitlichen Ansprechpartners“ durch die Kammern grundsätzlich möglich. Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung durch diese sollen zunächst Gespräche mit allen Betroffenen geführt werden. Zu Frage 3: Durch die Übertragung der Aufgaben des „Einheitlichen Ansprechpartners“ auf die Struktur- und Genehmigungsdirektionen sind dem Land Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2009 bislang Personalkosten in Höhe von jährlich ca. 186 000 Euro entstanden. An Sachausgaben kann von einem pauschalierten Durchschnittsbetrag in Höhe von 8 800 Euro jährlich ausgegangen werden. Die Ausgaben für die IT-Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie beliefen sich für die Jahre 2008 bis einschließlich 2011 auf 3 Millionen Euro. Zu Frage 4: Nach Übernahme der Funktion des „Einheitlichen Ansprechpartners“ durch die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern entstehen dem Land Rheinland-Pfalz nach personeller Abwicklung dieser Organisationsveränderung keine weiteren Personalkosten, sofern alle Aufgaben, die gegenwärtig von den bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen angesiedelten „Einheitlichen Ansprechpartnern“ wahrgenommen werden, im Zuge der Aufgabenübertragung dann auch von den Kammern wahrgenommen werden. Die Sachkosten würden gleichermaßen entfallen. Darüber hinaus wird derzeit geklärt, ob und in welchem Umfang Kosten für eine technische Unterstützung der Kammern anfallen werden. Dies wird auch davon abhängen, in welcher (technischen) Form die Kammern die Aufgaben wahrnehmen werden. In Vertretung: Jürgen Häfner Staatssekretär