Drucksache 16/2880 10. 10. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Bettina Dickes und Adolf Kessel (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Konsequenzen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zur Teilnahme muslimischer Schülerinnen am Schwimmunterricht für Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 1906 vom 19. September 2013 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie wurde die Befreiung muslimischer Schülerinnen vom Schwimm- bzw. Sportunterricht bisher in Rheinland-Pfalz gehand- habt? 2. In wie vielen Fällen wurden in den vergangenen fünf Jahren Befreiungen vom Sport- bzw. Schwimmunterricht aus religiösen Gründen ausgesprochen? 3. Wird die Landesregierung ihre Handreichung zum Umgang mit muslimischen Kindern und Jugendlichen in der Schule überarbei - ten, in der es heißt, dass eine Befreiung muslimischer Schülerinnen vom Schwimm- bzw. Sportunterricht lediglich „nicht empfeh - lenswert“ sei? 4. In der Empfehlung der Landesregierung wird die Teilnahme muslimischer Schülerinnen und Schüler an Klassenfahrten nicht als verpflichtend, sondern lediglich als erstrebenswert bezeichnet. Wird die Landesregierung auf der Basis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts ihre Empfehlung zur Verbindlichkeit von Klassenfahrten überdenken? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 11. September 2013 entschieden, dass eine muslimische Schülerin keinen Anspruch auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht hat, wenn ihr die Möglichkeit offensteht, einen sogenannten Burkini zu tragen . Die Entscheidung ist noch nicht begründet. Zurzeit steht nur eine Pressemitteilung des BVerwG zur Verfügung. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu den Fragen 1 und 2: Die Entscheidung zur Befreiung muslimischer Schülerinnen vom Schwimmunterricht richtet sich nach den Kriterien der bisherigen Rechtsprechung des BVerwG, die im Einzelnen in der Antwort zu Frage 3 dargestellt ist. Ob Schülerinnen und Schüler aufgrund ihres Glaubens von der Teilnahme am Schwimm- bzw. Sportunterricht befreit werden, wird nicht erfasst. Zu Frage 3: Die Handreichung „Muslimische Kinder und Jugendliche an Schulen“ war bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage 3408 (Drucksache 15/5381). Hier wird ausgeführt, dass Sport- und Schwimmunterricht Pflichtunterricht ist und zum Bildungsauftrag der Schule gehört. Auf die bislang maßgebende höchstrichterliche Rechtsprechung wird eingegangen. In den Fällen, in denen Schulen keinen nach Geschlechtern getrennten Sport- oder Schwimmunterricht anbieten können, ist der Konflikt zwischen dem staatlichen Er- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 21. November 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2880 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode ziehungsauftrag und dem Recht auf Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit in der Weise zu lösen, dass der Glaubensfreiheit Vorrang eingeräumt wird. Hierzu muss der Glaubenskonflikt ernsthaft, konkret, substantiiert und objektiv nachvollziehbar dargelegt werden. Um Befreiungen auszuschließen, nennt die Handreichung Konfliktlösungsmöglichkeiten, unter anderem auch das Tragen von speziell für muslimische Mädchen angefertigter Sport- oder Schwimmbekleidung, wie z. B. der Burkini. Nach Veröffentlichung der Entscheidung des BVerwG ist zu prüfen, ob und ggf. wie die Handreichung an die neue Rechtsprechung angepasst werden muss. Zu Frage 4: Nach der Handreichung ist es mit Blick auf den besonderen pädagogischen Wert von Schulfahrten erstrebenswert, dass „alle Schülerinnen und Schüler an solchen Aktivitäten teilnehmen“. Die Empfehlung bezieht sich also nicht nur auf muslimische Kinder und Jugendliche. Ferner führt die Verwaltungsvorschrift „Richtlinien für Schulfahrten“ aus, dass diese nach Möglichkeit im geschlossenen Klassenoder Stammkursverband stattfinden sollen. Eine Verpflichtung zur Teilnahme besteht nicht. In Vertretung: Vera Reiß Staatssekretärin