Drucksache 16/2979 14. 11. 2013 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Neues Kommunalrecht Die Kleine Anfrage 1965 vom 23. Oktober 2013 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. In wie vielen kommunalen Räten (absolut und prozentual) hat die stärkste Fraktion mehr als 40 % der Sitze? 2. In wie vielen dieser Räte (absolut und prozentual) ist kein Mitglied vertreten, das auf der Bewerberliste ab dem ersten Platz, der der Hälfte der in der Wahl zu vergebenden Plätze entspricht, nominiert war? 3. Inwiefern sieht die Landesregierung die Plätze ab dem ersten Platz, der der Hälfte der in der Wahl zu vergebenden Plätze ent- spricht, als nicht aussichtsreich zur Wahl in das kommunale Gremium an? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 13. November 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Antworten zu den Fragen 1 und 2 beruhen auf Erfassungen und Ermittlungen des Statistischen Landesamtes. Zur Beantwortung der Frage 2 waren zusätzlich Datenerhebungen durch das Statistische Landesamt bei 884 betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften erforderlich. Auf Anfrage hin haben 833 kommunale Gebietskörperschaften geantwortet (94,2 Prozent). Dies vorausschickend, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Bei den Kommunalwahlen am 7. Juni 2009 wurden in insgesamt 1 154 kommunalen Gebietskörperschaften die kommunalen Vertretungskörperschaften (ohne die Ortsbeiräte) nach dem Grundsatz der Verhältniswahl gewählt. In 884 kommunalen Vertretungskörperschaften (76,6 Prozent) hat die stärkste Fraktion mehr als 40 Prozent der Sitze erreicht. Die einzelnen Ergebnisse stellen sich wie folgt dar: Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 18. Dezember 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Kreistage Stadträte kreis- Verbands- Gemeinde- und Stadträte Gesamtfreier Städte gemeinderäte (ohne kreisfreie Städte) 9 2 98 775 884 Drucksache 16/2979 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Auf der Grundlage der vorliegenden Antworten von 833 kommunalen Gebietskörperschaften ergibt sich die Anzahl der kommunalen Vertretungskörperschaften, auf die die Frage 2 zutrifft, aus folgender Übersicht: Anzahl der Anzahl der kommunalen Prozentsatz in Bezug Antworten Vertretungskörperschaften zu den Antworten im Sinne der Frage 2 Kreistage 9 1 11,1 Stadträte kreisfreier Städte 2 0 0,0 Verbandsgemeinderäte 92 5 5,4 Gemeinde- und Stadträte 730 86 11,8 (ohne kreisfreie Städte) Gesamt 833 92 11,0 Zu Frage 3: Die Landesregierung bewertet nicht, welche Plätze eines eingereichten Wahlvorschlags einer Partei oder Wählergruppe bei Kommu - nalwahlen aussichtsreich zur Wahl in eine kommunale Vertretungskörperschaft sind. Durch das Sechzehnte Landesgesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes vom 8. Mai 2013 (GVBl. S. 139) ist der Begriff „aussichtsreiche Plätze“ in die Bestimmung über die Stimmzettel bei Verhältniswahlen in das Kommunalwahlgesetz (KWG) eingeführt worden. § 29 Abs. 2 Satz 2 KWG lautet nunmehr wie folgt: „In einem Feld unterhalb des jeweiligen Kennworts werden für die Liste Angaben zum Geschlechteranteil auf dem Wahlvorschlag bis zu dem Platz, der der Hälfte der in der Wahl zu vergebenden Plätze entspricht (aussichtsreiche Plätze), gemacht.“ Diese Gesetzesänderung steht im Zusammenhang mit dem sogenannten Informationsmodell, dessen Ziel es ist, den Anteil von Frauen in kommunalen Vertretungskörperschaften zu erhöhen. In der Begründung der Regelung, die auf einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vom 25. April 2013 (vgl. Landtagsdrucksache 16/2271) zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes beruht, ist Folgendes ausgeführt (vgl. Landtagsvorlage 16/2325, Seite 6): „Wahlvorschlagsbezogen wird der Geschlechteranteil auf den aussichtsreichen Plätzen der eingereichten Listenvorschläge vergleichend angegeben. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wird nur die Hälfte der insgesamt zu vergebenden Plätze berücksichtigt. Es wird davon ausgegangen, dass nur diese als aussichtsreich gelten und dass die Parteien und Wählergemeinschaften diese Plätze besonders ausgewogen besetzen. Nur wenige Wahlvorschläge erreichen die Hälfte der zu vergebenden Sitze. Ein Erfordernis, auch Nachrückerplätze über die Hälfte der zu erreichenden Sitze hinaus paritätisch zu besetzen, wäre insoweit nicht verhältnismäßig.“ Nach der Ansicht der Landesregierung wird mit der Regelung des § 29 Abs. 2 Satz 2 KWG keine Bewertung der Plätze eines Wahlvorschlags vorgenommen. Sofern für die Wahl einer kommunalen Vertretungskörperschaft mehr als ein Wahlvorschlag zugelassen wird, findet diese Wahl als personalisierte Verhältniswahl mit offenen Listen statt. Die Wählerinnen und Wähler besitzen damit die Möglichkeit, unmittel - bar Einfluss auf die konkrete Zusammensetzung der kommunalen Vertretungskörperschaft zu nehmen. Von den Stimmen, die der Anzahl der zu wählenden Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaft entspricht, dürfen die Wahlberechtigten bis zu drei Stimmen auf eine Bewerberin oder einen Bewerber konzentrieren (kumulieren); darüber hinaus dürfen sie Bewerberinnen und Bewerber unterschiedlicher Wahlvorschläge kennzeichnen (panaschieren). Die Ausgestaltung des Wahlsystems ermöglicht es, dass Bewerberinnen und Bewerber, die auf den hinteren Plätzen des Wahlvorschlags einer Partei oder Wählergruppe aufgestellt sind, in die kommunale Vertretungskörperschaft gewählt werden. Die von den kommunalen Gebietskörperschaften mitgeteilten Zahlen (vgl. Tabelle zu Frage 2) belegen, dass solche Fälle vielfach vorkommen. Roger Lewentz Staatsminister