Drucksache 16/2990 20. 11. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Christian Baldauf und Dr. Axel Wilke (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Drogen in rheinland-pfälzischen Haftanstalten Die Kleine Anfrage 1996 vom 7. November 2013 hat folgenden Wortlaut: Wie jetzt bekannt wurde, soll ein Beamter der Justizvollzugsanstalt Wittlich versucht haben, Drogen in die Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Zusammenhang wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Anfang Oktober soll außerdem in der gleichen Justizvollzugsanstalt ein Häftling tot in seiner Zelle aufgefunden worden sein. Es wird vermutet, dass er an einer Überdosis Drogen gestorben ist. Vor diesem Hintergrund hat der Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) seine Forderung erneuert, in den rheinland-pfälzischen Haftanstalten Drogenspürhunde einzusetzen. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung der Anteil der drogenabhängigen Häft linge in den rheinland-pfälzischen Haft- anstalten? 2. Wie hoch sind nach Einschätzung der Landesregierung die jährlichen Kosten, die durch die Anschaffung und den Unterhalt eines Drogenspürhundes entstehen? 3. Wie beurteilt die Landesregierung Modellversuche zum Einsatz von Drogenspürhunden in Haftanstalten in anderen Ländern – etwa in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf Rheinland-Pfalz? 4. Gibt die Landesregierung vor dem Hintergrund der nun bekannt gewordenen Fälle ihre bisherige, ablehnende Haltung gegen- über dem Einsatz von Drogenspürhunden im Straf vollzug auf? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. November 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Seit nunmehr 26 Jahren werden zum Stichtag des 15. Februar eines jeden Jahres über eine Abfrage bei den Justizvollzugseinrichtungen die Zahlen der suchtgefährdeten und süchtigen Gefangenen erhoben. Am Stichtag 15. Februar 2013 befanden sich 865 Gefangene im rheinland-pfälzischen Justizvollzug, die auch unter Berücksichtigung des Status vor Antritt der Haft als von illegalen Suchtmitteln abhängig eingeschätzt wurden. Dies waren 26 % der Gesamtbelegung von 3 280 Gefangenen. Dabei ist zu beachten, dass es sich um die Einschätzung einer potenziellen Suchtgefährdung oder Abhängigkeit handelt, die sich auch auf den Zeitraum vor Antritt der Haft bezieht. Daraus ergibt sich, dass ein unmittelbarer Rückschluss auf den Suchtmittelkonsum während der Haft, d. h. innerhalb der Anstalten, nicht möglich und deshalb auch nicht legitim ist. Durch die umfangreichen Kontrollen wird in den Anstalten nämlich eine deutliche Verknappung der Zugangsmöglichkeiten zu Suchtmitteln erreicht und damit eine, verglichen mit der extramuralen Welt, relative Drogenarmut erzielt. Die Stichtagserhebungen im Strafvollzug dienen dazu, den Umfang der Zielgruppe für die Suchtberatung und den damit verbundenen intramuralen Hilfs- und Handlungsbedarf sowohl in personeller als auch in finanzieller Hinsicht abzuschätzen. Die betroffenen Gefangenen sollen die Zeit der Inhaftierung dazu nutzen können, Abstand zu ihrer früheren Problematik zu gewinnen. Rheinland-Pfalz ist im Übrigen das einzige Bundesland, das solche Daten zur Verfügung hat. Anzumerken ist, dass die anderen Bundesländer derzeit diskutieren, wie sie solche Abfragen auch in ihren Anstalten einführen können und dass sie sich dabei an dem bewährten Vorgehen von Rheinland-Pfalz orientieren werden. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Dezember 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2990 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Im Rahmen der Stichtagserhebung wird zwischen Suchtgefährdung und Abhängigkeit unterschieden, jeweils nochmals in Bezug auf legale oder illegale Suchtmittel. Legale Suchtmittel sind Alkohol und nicht verschreibungspflichtige Medikamente, illegale Suchtmittel sind Drogen und verschreibungspflichtige Mittel nach dem BtmG. Zusätzlich wird das pathologische Glücksspiel als nichtstoffgebundene Gefährdung oder Abhängigkeit erhoben. Die Klassifizierung erfolgt in den Justizvollzugseinrichtungen in der Regel im Rahmen des sozialarbeiterischen Erstgesprächs bzw. in der Vollzugs- und Eingliederungsplanung sowie deren Fortschreibungen. Sie folgt einheitlichen Kriterien, die den internationalen Diagnosekriterien der Weltgesundheitsorganisation entsprechen (nach ICD-10, Internationale Klassifikation psychischer Störungen der WHO). Im Jahr 2013 betrug die Gesamtbelegung am Stichtag 15. Februar 2013 3 280 Gefangene. Von den Anstalten wurden – auch unter Berücksichtigung des Status vor der Haft – 2 046 Gefangene, das heißt ca. 62 %, als suchtgefährdet und/oder süchtig klassifiziert. Differenziert man innerhalb dieser Subgruppe von 2 046 Gefangenen nochmals nach Gefährdung und Abhängigkeit, handelt es sich um 868 Suchtgefährdete (42 %) und 1 178 Süchtige (58 %). Betrachtet man die Gruppe der 1 178 abhängigen Gefangenen und dies wiederum unter Berücksichtigung des Status vor der Haft, wurde von 865 Personen, d. h. in 70 % der Fälle, ein illegales Hauptsuchtmittel angegeben. 303 Personen, d. h. in 30 % der Fälle, wurde demgegenüber ein legales Hauptsuchtmittel, in der Regel Alkohol, festgestellt. Statistisch zu vernachlässigen waren im Kontext der Anfrage 37 Spielsüchtige. Bei den 865 Gefangenen, die auch unter Berücksichtigung des Status vor Antritt der Haft als von illegalen Suchtmitteln abhängig eingeschätzt wurden, handelt es sich um einen prozentualen Anteil von 26 % an der Gesamtbelegung der 3 280 Gefangenen am Stichtag. Unabhängig von diesem prozentualen Anteil richtet sich die Suchtberatung in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen aus Gründen der Prävention und Resozialisierung grundsätzlich auch an Gefangene, die als lediglich suchtgefährdet eingeschätzt werden. Zu Frage 2: Soweit Erkenntnisse aus anderen Ländern vorliegen, sind Kosten in folgender Höhe anzusetzen: – für die Anschaffung, Ausbildung und Ausrüstung eines Hundes ca. 10 000 EUR, – für die laufenden jährlichen Kosten (Tierarzt, Qualifizierung, Prüfung) ca. 1 500 EUR, – für die Personalkosten der Hundeführerin oder des Hundeführers – soweit diese dem 2. Einstiegsamt angehören – 46 673 EUR pro Jahr (Quelle: Personalkostenverrechnungssätze des Ministeriums der Finanzen, durchschnittliche Personalkosten 2. Einstiegsamt). Da die Hunde ca. neun Jahre eingesetzt werden können, belaufen sich die jährlichen Kosten auf ca. 49 284 EUR pro Hund und Hundeführerin oder Hundeführer, zuzüglich der Kosten, die für die Hunde anfallen, wenn diese nicht mehr als Rauschgiftspürhunde eingesetzt werden können. Zu Frage 3: Aktuelle offizielle Äußerungen von Landesregierungen zum Einsatz von Drogenspürhunden liegen nicht vor. Zu Frage 4: Die Landesregierung befürwortet wie bisher den Einsatz von Drogenspürhunden in rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen . Aufgrund der guten Kontakte zur Polizei können sehr flexibel und in ausreichender Anzahl Drogenhunde für Einsätze angefordert werden. Die notwendige Effizienz beim Einsatz der Hunde, also auch der gewünschte Abschreckungseffekt, könnte beim Einsatz justizeigener Hunde nicht besser sein. Der Einsatz wäre aber deutlich personal- und kostenaufwendiger. Jochen Hartloff Staatsminister