Drucksache 16/2993 21. 11. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Daniel Köbler und Ulrich Steinbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Auswirkungen des Kommunalen Entschuldungsfonds auf die Haushaltssituation der Kommunen in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 1990 vom 7. November 2013 hat folgenden Wortlaut: Das Land hat auf die teilweise sehr hohen Liquiditätskredite (früher: Kassenkredite) der Kommunen mit der Einrichtung des Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF-RP) im Jahr 2011 reagiert. Ein wichtiger Bestandteil des KEF-RP ist der im Konsolidierungsvertrag festgelegte Defizitabbau als Eigenanteil, den die beteiligten Kommunen erbringen müssen, um Mittel des Entschuldungsfonds zu erhalten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Kommunen nehmen bisher am Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF-RP) teil? 2. Wie viele Mittel gibt das Land in den Jahren 2014 und 2015 für den Abbau der kommunalen Kassenkredite im Rahmen des KEF- RP aus? 3. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen des KEF-RP auf die finanzielle Situation der beigetretenen Kommunen? 4. Welche Effekte/Auswirkungen hat der Beitritt zum KEF-RP auf die Realsteuerhebesätze in Rheinland-Pfalz? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. November 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Einrichtung des „Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz“ (KEF-RP) zum 1. Januar 2012 beruht auf einer gemeinsamen Vereinbarung der Landesregierung und der kommunalen Spitzenverbände vom September 2010. Der KEF-RP soll den Kommunen helfen, ihre bis zum Stichtag 31. Dezember 2009 aufgelaufenen Liquiditätskredite von damals rund 4,6 Mrd. Euro deutlich zu reduzieren. Der Fonds weist über eine Laufzeit von 15 Jahren ein – solidarisch finanziertes – maximales Gesamtvolumen von rund 3,8 Mrd. Euro auf. Im Ländervergleich handelt es sich damit um ein Entschuldungsprogramm mit besonders hoher Finanzausstattung und Reichweite. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Einzelfragen der Kleinen Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Zum 31. Oktober 2013 haben 792 Gemeinden und Gemeindeverbände ihren Beitritt zum KEF-RP erklärt. Diese Zahl wird bis Ende 2013 – dem Ablauf des Beitrittszeitraums – höchstwahrscheinlich noch ansteigen. Die große Anzahl der teilnehmenden Gebietskörperschaften ist ein Beleg dafür, dass wir gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden ein wirksames Instrument zur Konsolidierung der Kommunalfinanzen geschaffen haben, welches durch die Reform des kommunalen Finanzausgleichs zum Beginn des nächsten Jahres weiter ergänzt wird. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Dezember 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2993 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Aktuelle Teilnehmer am KEF-RP sind: 12 kreisfreie Städte, 18 Landkreise, 50 Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden und 712 Ortsgemeinden. Eine genaue Teilnehmerliste mit den wichtigsten Grunddaten steht auf der Homepage meines Hauses zur jederzeitigen Einsichtnahme und zum Download bereit. Die Aufsichtsbehörden wurden kürzlich durch mein Haus gebeten, zusätzlich alle bisher nicht am KEF-RP teilnehmenden Gemeinden und Gemeindeverbände, die zum Jahresende 2009 einen signifikanten Liquiditätskreditbestand aufgewiesen haben und nach wie vor die Beitrittsvoraussetzungen erfüllen, aufzufordern, dem Entschuldungsprogramm zügig beizutreten. Der Vertragsabschluss für einen Beitritt muss spätestens zum 31. Dezember 2013 erfolgt sein. Zu Frage 2: Der Entschuldungsfonds wird jährlich mit bis zu 85 Mio. Euro aus originären Landesmitteln und weiteren 85 Mio. Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich finanziert. Zusätzliche 85 Mio. Euro steuern die teilnehmenden Körperschaften durch ihre vertraglich fixierten Konsolidierungsbeiträge bei, sodass jährlich insgesamt bis zu rund 255 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Nach derzeitigem Teilnehmerstand würden in den Jahren 2014 und 2015 Landeszuweisungen von jeweils rund 158 Mio. Euro zur Auszahlung gelangen. Die tatsächliche Inanspruchnahme kann erst nach Ende des Beitrittszeitraums Anfang 2014 beziffert werden. Zu Frage 3: Es ist sicherlich unbestritten, dass sowohl bei den kommunalen Gebietskörperschaften als auch beim Land enorme Kraftanstrengungen notwendig sind, um die Liquiditätskreditverschuldung der kommunalen Gebietskörperschaften zurückzuführen. Diese Maßnahmen sind jedoch als unabdingbarer Beitrag zur Wiedererlangung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände anzusehen. Deshalb haben seinerzeit die kommunalen Spitzenverbände und die Landesregierung an alle betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften appelliert, die Chancen des KEF-RP zu nutzen. Die am Fonds beteiligten Partner schaffen gemeinsam die Basis dafür, dass die kommunalen Liquiditätskredite zu großen Teilen getilgt und Zinsen gezahlt werden können. Zugleich werden wichtige und richtige Anreize für den Kurs der Haushaltskonsolidierung geschaffen. Die Notwendigkeit des aufgelegten Entschuldungsprogramms zeigt sich nicht zuletzt an dem Umstand, dass die kommunalen Liquiditätskreditverpflichtungen von rund 4,6 Mrd. Euro Ende 2009 bis Mitte dieses Jahres noch weiter auf rund 6,3 Mrd. Euro angewachsen sind. Diese Entwicklung soll mit Hilfe des KEF-RP sowie unabdingbaren weiteren Konsolidierungsbeiträgen aller Ebenen – Bund, Länder und Kommunen selbst – gestoppt bzw. umgekehrt werden. Der Entschuldungsfonds ist deshalb ein wesentlicher Baustein zur Bewältigung der kommunalen Finanzkrise. Zu Frage 4: Die Auswirkungen des KEF-RP auf die kommunalpolitische Gestaltung der Realsteuerhebesätze sind – wie in meiner Antwort auf die Kleine Anfrage 1862 des Abgeordneten Ulrich Steinbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) deutlich wird – sehr differenziert zu betrachten. Bezüglich der Effekte im Einzelnen verweise ich daher an dieser Stelle auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 1862 (Drucksache 16/2822). Der Rechnungshof weist im Kommunalbericht 2013 wiederholt darauf hin, dass die Realsteuerhebesätze auch im vergangenen Jahr teilweise erheblich unter dem Niveau des Durchschnitts der westlichen Flächenländer lagen. Hieran änderten auch die Hebesatzerhöhungen im Rahmen der Teilnahme am KEF-RP nichts. Nach den Berechnungen des Rechnungshofs hätten allein die kreisfreien Städte bei einer Angleichung auf das bundesdurchschnittliche Niveau des Jahres 2011 im vergangenen Jahr mindestens 112 Mio. Euro an Mehreinnahmen erzielen können. In Ergänzung der Beantwortung der Kleinen Anfrage 1862 (Drucksache 16/2822) möchte ich auf die konkreten Veränderungen der Realsteuerhebesätze in den einzelnen teilnehmenden Gebietskörperschaftsgruppen hinweisen. Im Bereich der kreisfreien Städte haben im Jahr 2012 zur (teilweisen) Finanzierung der Konsolidierungsbeiträge rund 64 v. H. der Teilnehmer die Hebesätze bei der Gewerbesteuer, rund 45 v. H. bei der Grundsteuer A und 100 v. H. bei der Grundsteuer B erhöht. Bei den verbandsfreien Gemeinden inkl. der großen kreisangehörigen Städte wurden in 2012 rund 43 v. H. der Teilnehmer bei der Gewerbesteuer, rund 29 v. H. bei der Grundsteuer A und rund 79 v. H. bei der Grundsteuer B tätig. Bei den teilnehmenden Ortsgemeinden haben in 2012 rund 16 v. H. ihre Hebesätze im Bereich der Gewerbesteuer, rund 54 v. H. bei der Grundsteuer A und 89 v. H. bei der Grundsteuer B erhöht. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2993 Der Schwerpunkt der Anpassungen der Realsteuerhebesätze erfolgte im Bereich der Grundsteuer B. Der Hebesatz 2012 für die Grundsteuer B betrug bei den teilnehmenden kreisfreien Städten im Durchschnitt rund 407 v. H. (Deutschland: 531 v. H.; Flächenländer : 493 v. H.), bei den in 2012 teilnehmenden großen kreisangehörigen Städten rund 376 v. H., den in 2012 teilnehmenden verbandsfreien Gemeinden rund 352 v. H. und bei den in 2012 teilnehmenden Ortsgemeinden rund 374 v. H. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B für kreisangehörige Gemeinden betrug 2012 in Deutschland 425 v. H. und den Flächenländern 406 v. H. Wie bereits bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage 1862 (Drucksache 16/2822) beziehen sich auch die vorstehenden Angaben nur auf das Jahr 2012, da für das Jahr 2013 noch keine Erhebungen vorliegen. Roger Lewentz Staatsminister 3