Drucksache 16/3015 28. 11. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Anke Beilstein und Simone Huth-Haage (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Klagen gegen Kostenaufteilung zwischen Land und Kommunen insbesondere bei der Finanzierung der staatlichen Kinderbetreuung Die Kleine Anfrage 2001 vom 7. November 2013 hat folgenden Wortlaut: Mehrere kommunale Gebietskörperschaften haben sowohl Klagen gegen die Finanzierung der frühkindlichen Betreuung als auch gegen den neuen kommunalen Finanzausgleich angekündigt. Wir fragen die Landesregierung: 1. Inwieweit hat die Landesregierung die Klageankündigungen der kommunalen Seite erwartet? 2. Wieso gelingt es der Landesregierung nicht, auf dem Verhandlungsweg sowohl eine Eini gung zur Finanzierung der frühkindlichen Bildung als auch zum kommunalen Finanz ausgleich herzustellen? 3. Wird die Landesregierung die Initiative ergreifen, um die Klagen abzuwenden? 4. Wie hoch waren bisher die vom Land bewilligten Mittel zum Ausbau der frühkindlichen Bildung, die nicht über die Projekt- finanzierung des Bundes zuvor vereinnahmt wurden? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 28. November 2013 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 3: Die Landesregierung beteiligt sich nicht an Spekulationen über mögliche Klagen gegen das Land. Zu Frage 2: Zu bisher erfolgten Verhandlungen und erzielten Einigungen sei Folgendes angemerkt: Die Gespräche zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung zu der Investitionsförderung für die Bildung, Erziehung und Betreuung unter Dreijähriger sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Gespräche gehen zurück auf eine sogenannte Revisionsklausel in dem zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung im März 2008 vereinbarten Eckpunktepapier, das Grundlage für die relevante Verwaltungsvorschrift zur Förderung des U 3-Ausbaus wurde. Bei den Gesprächen scheint nicht mehr umstritten, dass die 2008 vereinbarten Förderpauschalen auskömmlich waren. Es scheint auch nicht umstritten, dass die Kommunen entgegen der Planung weniger Plätze in der Kindertagespflege und mehr Kita-Plätze gebaut haben. Umstritten ist, ob sich das Land rückwirkend an den Mehrkosten der Kommunen für Investitionen beteiligt, die aus der tatsächlichen Umsetzung der Vereinbarung durch die kommunale Seite resultieren. Für eine rückwirkende finanzielle Beteiligung sieht das Land keine Grundlage und verweist auf den Krippengipfel 2007 und die klare Vereinbarung im Jahr 2008. Beim Krippengipfel 2007 wurde keine Drittelfinanzierung vereinbart. Vielmehr war es gemeinsamer Wunsch von Kommunen, Ländern und Bund, den Ausbau der U 3-Betreuung voranzubringen. Da die Länder und die Kommunen sich zur Realisierung nicht in der Lage sahen, hat der Bund zugesagt, ein Drittel der Investitionskosten zu tragen und sich über Umsatzsteueranteile im geringen Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Dezember 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3015 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Umfang an den Personalkosten zu beteiligen. Auch das 2008 in Rheinland-Pfalz vereinbarte Eckpunktepapier sah keine Drittelfinanzierung vor. In einer gemeinsamen Pressemitteilung der Landesregierung und der Kommunalen Spitzenverbände vom 4. März 2008 begrüßten die Kommunalen Spitzenverbände die Planungssicherheit mit folgenden Rahmenbedingungen: – Bis zum Jahr 2013 können insgesamt 103 Millionen Euro aus der Bundeskasse gezielt in Investitionen vor Ort fließen. – Das Land stellt Mittel bis 13,5 Mio. Euro zur Verfügung, mit denen die vereinbarte Förderung auch dann fortgesetzt werden kann, wenn das Bundesprogramm vor 2013 ausgeschöpft ist. Die Erhöhung der Bundesmittel von 103 auf 130 Mio. Euro geht auf einen Vorstoß der Länder beim Bund in den Fiskalpaktverhandlungen zurück. Das Land hat mit den 28 Mio. Euro mehr als doppelt so viel geleistet, als 2008 vereinbart. Bei den Investitionskosten haben die Koalitionsfraktionen für den Doppelhaushalt 2014/2015 angekündigt, zu den eingeplanten 21 Mio. Euro weiteren Spielraum für Bewilligungen in Höhe von 14 Mio. Euro zu geben. Die Landesregierung versteht die Konflikte mit den Kommunen insbesondere vor dem Hintergrund des gemeinsamen Problems einer unzureichenden Finanzausstattung der Länder und der Kommunen durch den Bund. Ein flächendeckendes, in Umfang und Qualität solides Angebot der frühkindlichen Bildung ist nicht nur eine grundlegende Voraussetzung zur Unterstützung der Alltagsleistung von Familien, sondern zugleich die wirtschaftliche Grundlegung des Bildungsstandortes Deutschland durch Förderung zukünftiger Bildungsbiografien. Dem gesamtgesellschaftlichen Konsens zur Sicherstellung dieses Angebots steht aktuell eine schwierige Finanzierungssituation gegenüber, welche sich nicht nur in Rheinland-Pfalz sondern bundesweit abzeichnet. Verwiesen sei an dieser Stelle auf die Veröffentlichungen von Prof. Dr. Stefan Sell zur Finanzierung der Kindertagesbetreuung (zuletzt am 24. Oktober 2013; einsehbar unter: http://www.awo.org/fileadmin/user_upload/-documents_Awo/aktuelles _und_presse/Presse_Downloads/2013-10-24_Sell_Kita-Fonds-Modell.pdf ). Die Belastungen der Kindertagesbetreuung werden insbesondere von den Kommunen und Ländern getragen, während an anderer Stelle – auf Seiten des Bundes und der Sozialversicherungsträger – durchaus beachtliche Mehreinnahmen zu verzeichnen sind, die aus den positiven wirtschaftlichen Effekten der Kindertagesbetreuung resultieren. Entsprechend bestimmen die fiskalischen Grenzen der jeweiligen Haushalte und ihrer Prognosen auf Seiten des Landes und auf Seiten der Kommunen die Möglichkeiten gegebener Verhandlungsoptionen . Dabei sind gegebene Verhandlungsoptionen nach Art und Inhalt zu unterscheiden, seien sie z. B. Teil eines Rechtssetzungsverfahrens oder gegenseitigen Vereinbarung. Die Finanzierung der frühkindlichen Bildung umfasst vielfältige Förderstränge. Bezüglich der Investitionskostenförderungen steht das Land weiterhin mit den Kommunen im Gespräch. Im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs beteiligt sich das Land Rheinland-Pfalz durch Zweckzuweisungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) an den Personalkosten der Kommunen im Bereich der Kindertagesstätten, wobei sich der Förderumfang aus den Bestimmungen in § 12 Kindertagesstättengesetz (KitaG) ergibt. Das Land gewährt diese Zweckzuweisungen nach § 18 Abs. 1 Nr. 9 LFAG an die Träger der Jugendämter. So beteiligt sich das Land im Jahr 2013 mit rd. 267,2 Mio. Euro und nach dem Entwurf des Doppelhaushalts 2014/2015 mit rd. 292 bzw. rd. 317 Mio. Euro an den Personalkosten der Träger der Kindertagesstätten im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs im engeren Sinne (innerhalb des Steuerverbunds). Darüber hinaus beteiligt sich das Land auch außerhalb des Steuerverbunds (Finanzausgleich im weiteren Sinne) an den Belastungen der Träger von Kindertagesstätten, wie z. B. durch Zuweisungen für den Ausbau zur frühen Förderung, oder leistet Ausgleichsleistungen im Rahmen der Konnexität für die Einnahmeausfälle durch die Beitragsfreiheit. Auch die Bundesbeteiligungen an den Betriebskosten, die über sogenannte Umsatzsteuermehreinnahmen fließen, werden an die Träger weitergereicht. Mit der gerade beschlossenen Reform des kommunalen Finanzausgleichs wird beim vertikalen Ausgleich ein spürbarer Beitrag des Landes zur Bewältigung der kommunalen Finanzkrise geleistet und der horizontale Ausgleich zwischen den Kommunen neu geregelt , damit vor allem die Gebietskörperschaften, die einer hohen Ausgabenbelastung im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe unterliegen, entlastet werden. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für das Landesgesetz zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs vom 8. Oktober 2013 erfolgte eine breite Beteiligung der kommunalen Seite, aufgrund deren Auswertung der Gesetzgeber eine Abwägungsentscheidung getroffen hat, die im Rahmen der verfügbaren Mittel sowohl den kommunalen Aufgaben als auch den Landesaufgaben Rechnung trägt. Zu Frage 4: Eine entsprechende Übersicht der Ausgaben ist als Anlage beigefügt. Die Übersicht stellt die Ist-Werte zu den Betriebskosten- und Investitionskostenbeteiligungen des Landes und des Bundes von 2008 (seit dem Start des 1. Investitionsprogramms „Kindertagesbetreuungsfinanzierung 2008 bis 2013“ des Bundes) bis 2012 dar. Bei den seitens des Landes und des Bundes von 2008 bis 2012 für Betriebs- und Investitionskosten bewilligten Zuschüsse im Kindertagesstättenbereich in Höhe von 1,89 Mrd. Euro entfallen auf Zuschüsse des Bundes 120,7 Millionen (rund 6 %); demgegenüber stehen 1,77 Mrd. Euro (rund 94 %) an Zuschüssen durch das Land. Bei den Investitionskosten wurden – wie mit den kommunalen Spitzenverbänden 2008 vereinbart – mit Start des Bundesprogrammes zuerst die Bundesmittel zu Bewilligungen herangezogen, weshalb die Landesmittel zunächst zurückgehen. Mit der vollständigen Bewilligung der Bundesmittel Mitte 2012 werden in den kommenden Jahren die Ist-Werte der Investitionskostenzuschüsse des Landes wieder ansteigen. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3015 Die Ausgaben für Betriebskosten stiegen durch die zusätzlichen Gruppenbildungen insbesondere im U 3-Bereich seit 2008 um 66 % deutlich an. Die Betriebskostenbeteiligung des Bundes steigt entsprechend der Vereinbarung beim Krippengipfel von 4,8 Millionen in 2009 auf 24 Millionen in 2012 und deckt somit in 2012 rund 5 % der Betriebskostenzuschüsse von Land und Bund von zusammen 453,97 Millionen Euro ab. Irene Alt Staatsministerin Anlage 3 in Tausend € Betriebskosten Investitionskosten Gesamt Land Bund Summe Land Bund Summe Jahr Personal- Ausbau Betriebskosten- Betriebs- I-Kosten Sonder- I-Kosten kosten- frühe beteiligung über kosten Förderung vermögen zuschüsse Förderung USt-Verteilung Land U 3-Ausbau 2008 223 474 50 181 – 273 655 1 718 80 1 798 275 453 2009 231 679 69 503 4 800 305 982 188 6 879 7 067 313 049 2010 255 668 102 206 9 600 367 474 1 081 19 597 20 678 388 152 2011 258 888 132 043 16 800 407 731 489 26 875 27 364 435 095 2012 293 089 136 881 24 000 453 970 718 2 066 22 784 476 754