Drucksache 16/3184 10. 01. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Bettina Brück und Dr. Tanja Machalet (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Befristete Arbeitsverhältnisse in Kindertagesstätten Die Kleine Anfrage 2062 vom 16. Dezember 2013 hat folgenden Wortlaut: Berichten zufolge sind im Westerwaldkreis rund 100 Erzieherinnen und Erzieher mit einem auf ein Kindergartenjahr befristeten Arbeits verhältnis beschäftigt. Mit dieser Maßnahme möchte der Kreis angeblich auf sich künftig verändernde Kinderzahlen reagieren. Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche rechtlichen Grundlagen bestehen für das Abschließen von auf ein Jahr befristeten Beschäftigungsverhältnissen in den Kindertagesstätten über einen längeren Zeitraum hinaus? 2. Wie viele solcher Beschäftigungsverhältnisse gibt es in den rheinland-pfälzischen Jugendamtsbezirken? 3. Wie bewertet die Landesregierung angesichts des Mangels an Erzieherinnen und Erziehern befristete Arbeitsverhältnisse im Kindertagesstättenbereich? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 10. Januar 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Zulässigkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags richtet sich nach § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Zu unterscheiden sind hierbei nach der Art der Befristungen solche mit und ohne Sachgrund. Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist im Regelfall nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Eine kalendermäßige Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber in den letzten drei Jahren ein befristetes oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Darüber hinaus ist die Befristung eines Arbeitsvertrags nur zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn 1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, 2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, 3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, 4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt, 5. die Befristung zur Erprobung erfolgt, 6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen, 7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder 8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Januar 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3184 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Liegt ein Sachgrund vor, sieht das Gesetz keine Höchstdauer für die Befristung vor, sodass diese grundsätzlich auch länger als zwei Jahre dauern kann und wiederholt Verträge mit Sachgrund vereinbart werden können, sofern keine rechtsmissbräuchliche Gestaltung vorliegt. Welche Art der Befristung in den vorliegenden Fällen der Erzieherinnen und Erzieher gegeben ist, ist der Landesregierung nicht bekannt. Die bloße Unsicherheit der künftigen Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs reicht grundsätzlich für die den gesetzlichen Kündigungsschutz umgehende Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. Der Arbeitgeber kann sich bei nicht oder nur schwer vorhersehbarem quantitativen Bedarf nicht darauf berufen, mit befristeten Arbeitsverträgen könne er leichter und schneller auf Bedarfsschwankungen reagieren. Die sachliche Rechtfertigung einer Befristungsabrede wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs verlangt vielmehr , dass bei Abschluss des Zeitvertrags aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers über das vorgesehene Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht. Zu Frage 2: Die Beschäftigungsverträge in den Kindertagesstätten werden zwischen den Trägern der Einrichtungen und den dort beschäftigten pädagogischen Fachkräften abgeschlossen. Das Land beteiligt sich an der Finanzierung des Personals über Zuweisungen an die Jugendämter, verfügt aber nicht über Kenntnisse zur genauen Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse in den Kitas. Informationen zur Befristung von Beschäftigungsverhältnissen könnten nur über eine Befragung der Einrichtungsträger erlangt werden, die im Rahmen der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. Zu Frage 3: Bereits in der vom Land in Auftrag gegebenen Studie „Gibt es einen (drohenden) Fachkräftemangel im System der Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz?“ von Sell/Kersting (2010) wurde hervorgehoben, dass die Verbesserung von Vertrags- und Arbeitsbedingungen eine wichtige Maßnahme zur Gewinnung und Sicherung von Fachkräften darstellt (s. S. 25). Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Trägerorganisationen von Kindertagesstätten initiiert, die eine Reihe von Praxishinweisen zur Fachkräftegewinnung und -sicherung für Einrichtungsträger bzw. Arbeitgeber erarbeitet hat (http://www.kita.rlp.de/Fachkraefte.425.0.html). Den Trägern der Einrichtungen obliegt eine umfassende Personalverantwortung und es ist davon auszugehen, dass sie den Arbeitsmarkt sehr genau im Blick haben. Bei der Ausschreibung von Stellen ist vorauszusetzen, dass unbefristete Arbeitsverträge, flexible Arbeitszeitmodelle und das Eröffnen individueller Aufstiegschancen Erfolgsfaktoren sind. Auch vor dem Hintergrund der Qualitätssicherung der Kindertagesbetreuung erscheint es der Landesregierung von großer Bedeutung, pädagogische Fachkräfte nach Möglichkeit in unbefristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen und ihnen längerfristige berufliche Perspektiven zu bieten. Irene Alt Staatsministerin