Drucksache 16/3264 07. 02. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Thomas Wansch, Günther Ramsauer und Frank Puchtler (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Vereinfachung der Einkommensteuererklärung/Selbstveranlagung Die Kleine Anfrage 2108 vom 23. Januar 2014 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Was sind die Hauptmerkmale der von Finanzminister Dr. Carsten Kühl vorgeschlagenen Selbstveranlagung bei der Steuererklärung? 2. Welche Staaten bringen nach Kenntnis der Landesregierung Verfahren der Selbstveran lagung bei welchen Steuerarten zur An- wendung? 3. Welche Erfahrungen bestehen hinsichtlich Steuerehrlichkeit bei Selbstveranlagung und der notwendigen Kontrollen? 4. Welche Voraussetzungen insbesondere organisatorisch-technischer Art müssen erfüllt sein, um eine Selbstveranlagung realisieren zu können, und welche Be-/Entlastungen für die Finanzverwaltung ergeben sich aus dem vereinfachten Verfahren? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 6. Februar 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Steuerverwaltungen der Länder müssen sich dem Problem knapper finanzieller und personeller Ressourcen stellen. Sie müssen auch in Zukunft angesichts hoher Aufgabendichte sowie rechtlicher und technischer Komplexität sicherstellen, dass sie ihre Aufgaben effektiv und effizient erledigen. Eine einfache Einkommensteuererklärung per Mausklick ist schon länger im Gespräch. Es ist auch einiges in Sachen Vereinfachung geschehen. Der drohende Fachkräftemangel setzt die Ämter nun aber weiter unter Zugzwang. Die vorgeschlagene Selbstveranlagung setzt bei der Arbeitnehmerveranlagung an. Die Arbeitnehmerveranlagung ist einerseits ein Massengeschäft und andererseits erhält die Finanzverwaltung von dritter Seite elektronisch bereits eine Vielzahl von steuerrelevanten Daten. Hauptmerkmale der vorgeschlagenen Selbstveranlagung bei der Einkommensteuer sind die vorausgefüllte elektronische Steuererklärung , eine weitere Steuerrechtsvereinfachung sowie die elektronische Selbstberechnung der Einkommensteuer bei Übermittlung der Steuererklärung. Um Fehlerquellen auszuschließen, soll die Selbstveranlagung schrittweise eingeführt werden. Ausgehend davon soll für jede Kennziffer der Einkommensteuererklärung einzeln entschieden werden, ob sie in die Selbstveranlagung einbezogen werden kann. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. Februar 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3264 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: In den USA gilt für alle Steuerarten seit jeher das System der sogenannten Selbstveranlagung im Gegensatz zur hoheitlichen Veranlagung durch die Steuerbehörden. Die Selbstveranlagung wird beispielsweise auch in Kanada, Spanien, Japan, Australien, Großbritannien, Belgien, Italien, Litauen, Slowenien, Tschechien und Ungarn praktiziert. Portugal und Zypern kennen die Selbstveranlagung derzeit nur bei der Körperschaftsteuer. Die Selbstveranlagung wird auch in Deutschland praktiziert, nämlich bei der Umsatzsteuer, der Lohnsteuer und den Verbrauchsteuern . Zu Frage 3: Die Steuerehrlichkeit bei einer Selbstveranlagung wird im Wesentlichen von der Komplexität der materiellen Regelungen, dem Informationsangebot der Steuerverwaltung, der Kontrollstrategie und dem Sanktionsmanagement beeinflusst. In Großbritannien, das die Selbstveranlagung 1996 bei der Einkommensteuer und 1999 bei der Körperschaftsteuer eingeführt hat, hat die Steuerverwaltung keine negativen Erfahrungen in Bezug auf die Steuerehrlichkeit gemacht. Zu Frage 4: Die vorgeschlagene Selbstveranlagung setzt in organisatorisch-technischer Hinsicht die elektronische Übermittlung der Steuererklärung voraus. Um den Steuerbürgerinnen und Steuerbürgern die Abgabe der elektronischen Steuererklärung zu erleichtern, sollen zudem elektronisch vorhandene Besteuerungsgrundlagen seitens der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt und in die Steuererklärung integriert werden können. Die elektronische Steuerberechnung muss sodann den abschließend maßgebenden Erstattungs- oder Nachzahlungsbetrag feststellen können. Weiterhin soll dem Steuerpflichtigen die Selbstveranlagung durch eine Vereinfachung des Steuerrechts erleichtert werden. Die Steuerrechtsvereinfachung soll durch ein stringentes Risikomanagementsystem flankiert werden, das einen personellen Fallaufgriff nur dann vorsieht, wenn die Steuererklärungsdaten nicht plausibel sind. Für die Finanzverwaltung hat die Selbstveranlagung den Vorteil, dass sie zu einer Personal- und Sachkostenreduzierung im steuerlichen Massenverfahren führt. Andererseits bedarf es der Einführung eines ausgewogenen Sanktionsmanagements, um die Steuerbürgerinnen und Steuerbürger zu einer sorgfältigen Ausübung ihrer Verantwortung zu veranlassen. Die konkreten Effekte auf die Verwaltungsabläufe und den Ressourceneinsatz der Finanzverwaltung lassen sich im jetzigen Stadium noch nicht abschätzen. Dr. Carsten Kühl Staatsminister