Drucksache 16/3266 07. 02. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Pia Schellhammer und Ruth Ratter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Akzeptanz für queere Lebensweisen voranbringen Die Kleine Anfrage 2110 vom 7. Januar 2014 hat folgenden Wortlaut: Ob in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Familie ist es wichtig, sich im Alltag mit dem Thema „Sexuelle Vielfalt und Akzeptanz queerer Lebensweisen“ auseinanderzusetzen. Die Landesregierung setzt sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft ein und hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit dem Landesaktionsplan „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ jegliche Form der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der Akzeptanzförderung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, Trans- sexuellen und Intersexuellen (LSBTTI) in Kitas, Schulen und außerschulischem Bereich in Rheinland-Pfalz bei? 2. Welche konkreten Maßnahmen und Projekte unterstützt die Landesregierung, damit Kinder, Jugendliche und Erwachsene für das Thema sexuelle Vielfalt und/oder queere Lebensweisen sensibilisiert werden? 3. Welche weiteren Schritte plant die Landesregierung, um die Akzeptanz von queeren Lebensweisen in der Gesellschaft zu stärken? 4. Mit welchen relevanten Einrichtungen und/oder Verbänden steht die Landesregierung im Dialog, um zu gewährleisten, dass eine möglichst große Interessenvielfalt in der Um setzung von Maßnahmen und Projekten berücksichtigt wird? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 7. Februar 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Landesregierung ordnet die Förderung der Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgender und Intersexuellen (LSBTTI) sowie deren vollständige rechtliche Gleichstellung als einen Schwerpunkt in der Vielfaltspolitik des Landes ein. Die Landesregierung versteht Vielfaltspolitik als einen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben in der immer vielfältiger werdenden Gesellschaft. Die Vielfaltspolitik möchte vor dem Hintergrund des demokratischen Menschenbildes den wertschätzenden Umgang mit Unterschieden fördern. Alle Menschen haben ein Recht darauf, akzeptiert zu werden, so wie sie sind. Die Landesregierung möchte, dass jede und jeder die Chance erhält, die eigenen Fähigkeiten einzubringen und die Gesellschaft mitzugestalten. Menschen sollen nicht danach beurteilt werden, ob sie Mann oder Frau, jung oder alt sind, welcher Religion sie angehören, ob sie eine Behinderung , einen Migrationshintergrund oder eine bestimmte sexuelle oder geschlechtliche Identität besitzen. Die Vielfaltspolitik ist insgesamt dialogisch angelegt. Hierzu vgl. Antwort auf Frage 4. In dem genannten Schwerpunkt hat die Landesregierung im Jahr 2012 in einem partizipativen Prozess ressortübergreifend den Landesmaßnahmenplan Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen mit rund 150 Einzelmaßnahmen in acht zentralen gesellschaftlichen Handlungsfeldern (Arbeitswelt; Rechtspolitik und Polizei; Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung; Gesundheit, Alter und Pflege; Antidiskriminierungsarbeit und Partizipation; Gesellschaft und Gedenkkultur; Sport sowie Familie, Kinder und Jugend) entwickelt. Im Landesmaßnahmenplan ist der Bildungsbereich als ein Handlungsfeld ausgewiesen. Die Landesregierung setzt sich für eine chancengerechte und diskriminierungsfreie Schul- und Bildungslandschaft in Rheinland-Pfalz ein. Zum Bildungsauftrag der Bildungsinstitutionen gehört es, die wertschätzende Gestaltung von Gemeinschaft, Beziehungen und Kommunikation zu fördern. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. Februar 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3266 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies ergibt sich für die Schulen aus § 1 des Schulgesetzes und für Kindertagesstätten aus Punkt 3.6 der Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz. Bei den Bildungseinrichtungen gibt es immer wieder Nachfrage nach Informationen und Methoden zur Förderung der Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgender und Intersexuellen. In Kindertagesstätten kann die Akzeptanz von Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern beispielsweise ein Thema werden, wenn ein Kind mit zwei Müttern oder zwei Vätern oder ein intersexuelles Kind aufgenommen wird oder ein Elternteil das Geschlecht wechselt. In den Schulen ergibt sich das Thema darüber hinaus beispielsweise beim Coming-out einer Schülerin oder eines Schülers oder bei familien- und partnerschaftsbezogenen Bildungsinhalten. Hier gilt es durch ein gutes Informationsangebot und durch Handlungsempfehlungen einen gelingenden pädagogischen Prozess zu unterstützen. Zu den Fragen 2 und 3: Die Fragen 2 und 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die bereits unterstützten konkreten Maßnahmen und Projekte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie die weiteren Schritte ergeben sich aus dem Landesmaßnahmenplan im Landesaktionsplan Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen oder aus Förderanträgen (hierzu vgl. Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 2078 der Abgeordneten Simone Huth-Haage (CDU) „Maßnahmen der Landesregierung zur Förderung von Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen“) *). Der Landesmaßnahmenplan wurde dem Landtag zugeleitet und er ist auf der Homepage www.regenbogen.rlp.de abrufbar. Einige darin aufgeführte Maßnahmen und Projekte möchte ich hervorheben: – Ein neues Instrument zum Dialog war die Durchführung einer Online-Umfrage zur Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgender und Intersexuellen in Rheinland-Pfalz. Die Antworten werden derzeit ausgewertet. Die Landesregierung wird die Ergebnisse in die weitere Arbeit mit aufnehmen. Die Online-Umfrage hat Beachtung über die Landesgrenzen hinaus gefunden. Baden-Württemberg, das ebenfalls eine Akzeptanzkampagne gestartet hat, hat dieses Instrument übernommen. – Die Fachtagung „Vielfalt leben – Praxis gestalten. Sexuelle und gesellschaftliche Identitäten in Einrichtungen und Institutionen berücksichtigen“ im Juni 2013 hat ebenfalls über die Landesgrenzen hinaus Beachtung gefunden. – Zwei vom Land geförderte Sensibilisierungsprojekte von QueerNet Rheinland-Pfalz e. V. sind das Schulaufklärungsprojekt „SchLAu RLP“ und das Familienbildungsprojekt „Aufbau regionaler und landesweiter Strukturen zur Sensibilisierung für Vielfalt von Familien“. – Zu nennen ist auch die Umsetzung des einstimmigen Landtagsbeschlusses zur Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung und Diskriminierung homosexueller Menschen vom 13. Dezember 2012. Der Beschluss beinhaltet auch den Auftrag, die Erinnerung an die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen in den Schulen, der politischen Bildungsarbeit, Polizeiausbildung und Justizfortbildung wach zu halten und eine besondere Sensibilisierung gegenüber jeglichen homophoben Tendenzen zu fördern. Die Landesregierung sieht diese Aufgabe sowohl als Gedenkarbeit als auch als Akzeptanzarbeit. Nur wenn man die Vergangenheit kennt, kann man Zukunft gestalten. Zu Frage 4: Die Akzeptanz der LSBTTI kann der Staat nicht „verordnen“, er kann lediglich im Dialog mit vielen Akteurinnen und Akteuren und unter Einbeziehung derjenigen, die es betrifft, am Akzeptanzaufbau mitwirken. Daher hat die Landesregierung zunächst begleitend zum Aktionsplan Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen eine Zielvereinbarung mit QueerNet Rheinland-Pfalz e. V., dem Netzwerk schwul-lesbischer und queerer Gruppen in Rheinland-Pfalz geschlossen, die in dieser Form einmalig in der Bundesrepublik Deutschland ist. Im September 2013 hat sich der Landesweite Runde Tisch LSBTTI konstituiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben weiterführende Impulse gegeben und es wurden Arbeitskreise eingerichtet, um weitere Ideen und Vorschläge in den Landesaktionsplan einzubringen. Die Landesregierung steht mit vielfältigen Verbänden und Einrichtungen im Dialog zu Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen, wie beispielsweise mit Vertreterinnen und Vertretern des Sports, der Sozialverbände, der Wissenschaft, der Kirchen, des Landesjugendrings , der Beratungsstellen und Familieneinrichtungen sowie des Netzwerks Diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz. Irene Alt Staatsministerin *) Hinweis der Landtagsverwaltung: Vgl. Drucksache 16/3234.