Drucksache 16/3329 20. 02. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Europäisches Parlament fordert ehrgeizige EU-Strategie gegen Plastikabfälle Die Kleine Anfrage 2146 vom 3. Februar 2014 hat folgenden Wortlaut: Am 14. Januar 2014 hat das Europäische Parlament in einer viel beachteten Entschließung ein Verbot der gefährlichsten Plastikprodukte und bestimmter Plastiktüten ab 2020 gefordert. Die Forderung wurde als Teil einer europäischen Strategie zur Verringerung von Kunststoffabfällen erhoben. Die EU sollte auch verbindliche Recycling-Ziele für Plastikmüll einführen und weitere Maßnahmen für die Sammlung und Sortierung von Kunststoffabfällen verfolgen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist bisher die Erfassung und Behandlung von Kunststoffabfällen in Rheinland-Pfalz organisiert? 2. Gibt es statistische Zahlen, aus denen hervorgeht, wie viel Prozent der Kunststoffabfälle in Deutschland und in Rheinland-Pfalz recycelt oder energetisch verwertet werden? 3. Wie bewertet die Landesregierung die in Deutschland bestehenden Regelungen, die der Förderung des Recyclings von Kunst- stoffabfällen dienen? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Entschließung des Europäischen Parlaments und welche gesetzlichen Notwendigkeiten sieht sie auf europäischer Ebene? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. Februar 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Erfassung und Behandlung von Kunststoffabfällen richtet sich in Rheinland-Pfalz wie auch in den anderen Bundesländern vornehmlich nach bundesrechtlichen Vorgaben. Nach Maßgabe der Verpackungsverordnung werden in der Verantwortung von Dualen Systemen Kunststoffverpackungen aus privaten Haushaltungen in Gelben Säcken oder Tonnen getrennt eingesammelt und einer Verwertung zugeführt. Daneben findet nach Maßgabe des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes eine separate Sammlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten statt, deren Kunststoffbestandteile entsprechend den gesetzlichen Vorgaben einer Verwertung zuzuführen sind. Darüber hinaus werden Kunststoffabfälle aus privaten Haushaltungen auch über die Sperrmüllsammlung getrennt erfasst und einer Verwertung zugeführt. Eine Getrenntsammlung von Kunststoffabfällen aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen (Gewerbe, Industrie, öffentliche Einrichtungen) erfolgt nach Maßgabe der Gewerbeabfallverordnung in Eigenverantwortung der Erzeuger. Zu Frage 2: Da die unter Frage 1 dargestellten Verwertungssysteme nicht nach Bundesländern organisiert sind, verfügt die Landesregierung nicht über Zahlen, aus denen hervorgeht, wieviel Prozent der Kunststoffabfälle in Rheinland-Pfalz recycelt oder energetisch verwertet wurden. Zur Situation in Deutschland gibt es unterschiedliche Statistiken und Studien. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 20. März 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3329 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 Nach einer Studie der CONSULTIC Marketing & Industrieberatung GmbH, die alle zwei Jahre im Auftrag der Kunststoffindustrie erstellt wird, betrug im Jahr 2011 das Gesamtaufkommen an Kunststoffabfällen in Deutschland 5,45 Mio. Tonnen. Davon wurden 5,38 Mio. Tonnen einer Verwertung und 66 000 Tonnen einer Beseitigung zugeführt (siehe nachfolgende Tabelle). 1) z. B. Möbel, Teppiche, „weiße Ware“, „braune Ware“. 2) Diverse Kunststoffprodukte z. B. Rohre, Behälter, Folien aus Haushalt und Gewerbe aus Bringsystemen (z. B. Bayern und Baden-Württemberg). 3) inkl. Sortierreste zur energetischen Verwertung. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über das Aufkommen, die Art der Verwertung und die Beseitigung der PostConsumer -Kunststoffabfälle (das heißt bei Nichtberücksichtigung der produktionsspezifischen Abfälle) je nach Einsatzfeld im Jahr 2011. Die Gesamtmenge belief sich danach in Deutschland auf rund 4,44 Mio. Tonnen. Davon wurden nur 33 % einem Recycling zugeführt. Darunter waren der größte Stoffstrom mit 60,7 % die Kunststoffverpackungen. Nach dieser Studie wurden von den Kunststoffverpackungen aus allen Herkunftsbereichen rund 42 % einem Recycling zugeführt. Aufkommen, die Verwertung und Beseitigung der Kunststoffabfälle je nach Einsatzfelder 2011 ist in nachfolgender Tabelle enthalten (CONSULTIC Marketing & Industrieberatung GmbH 2011). Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3329 3 Von den bei privaten Endverbrauchern eingesammelten Verkaufsverpackungen aus Kunststoff wurden nach den Erhebungen der Gesellschaft für Verpackungsmarkt forschung (GVM) 2011 rund 54 % einem Recycling zugeführt. Demgegenüber ergibt sich aus dem Bericht des Statistischen Bundesamtes über die Einsammlung und Rücknahme von Verpackungen im Jahr 2011, dass von den bei privaten Endverbrauchern eingesammelten Verkaufsverpackungen aus Kunststoff nur rund 42 % einem Recycling zugeführt wurden. 2009 lag der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Wert bei rund 55 %. Zu Frage 3: Die Verpackungsverordnung schreibt für Kunststoffe nur eine Recyclingquote von 36 % vor. Diese Quote gilt lediglich für die Kunststoffabfälle , die in der Verantwortung der Dualen Systeme einer Verwertung zugeführt werden. Sie liegt damit weit unterhalb dessen, was am Markt möglich ist. In der Praxis bestimmen jedoch vor allem ökonomische Faktoren die Sortiertiefe und den Umfang des Recyclings , denn das hochwertige Recycling muss häufig mit der kostengünstigeren energetischen Verwertung konkurrieren. Die Landesregierung teilt deshalb die Auffassung der Entsorgungswirtschaft und von Umweltverbänden, dass die Recyclingquote für Kunststoffe in der Verpackungsverordnung deutlich erhöht werden muss. Die Landesregierung spricht sich zudem für ein Wertstoffgesetz aus, das die gemeinsame Erfassung und Verwertung von Verpackungen und materialgleichen Nichtverpackungen vorsieht. Hiervon könnte ein neuer Innovationsschub für die Recyclingwirtschaft ausgehen. Ein solches Gesetz war von der früheren Bundesregierung angekündigt, aber nicht auf den Weg gebracht worden. Desweiteren muss aus der Sicht der Landesregierung das Elektro- und Elektronikgerätegesetz dringend novelliert werden, um unter anderem die getrennte Erfassung von Altgeräten auszubauen. Ebenso besteht aus der Sicht der Landesregierung ein dringender Bedarf zur Novellierung der Gewerbeabfallverordnung. Eine vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebene Studie über Aufkommen, Verbleib und Ressourcenrelevanz von Gewerbeabfällen aus dem Jahr 2011 weist eine Größenordnung von 6,4 Mio. Tonnen gemischter gewerblicher Siedlungsabfälle aus, wovon 2007 nur 16 % mit dem Ziel des Recyclings aussortiert wurden. Das tatsächlich vorhandene, weitaus höhere Potenzial an Sekundärrohstoffen werde, wie es in der Studie heißt, wegen der konkurrenzlos günstigen energetischen Verwertungswege nicht erschlossen. Zu Frage 4: Nach Auffassung der Landesregierung ist die wichtigste Forderung des Europäischen Parlamentes, die Deponierung von verwertbaren Abfällen bis 2020 europaweit schrittweise abzuschaffen und gleichzeitig das Recycling von Abfällen zu fördern. Zu diesem Zweck muss überall in den europäischen Mitgliedstaaten eine geeignete Infrastruktur zur Erfassung und zum Recycling von Kunststoffen geschaffen oder ausgebaut werden. Zugleich müssen Maßnahmen zur Information und Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher ergriffen werden. Ein zweiter Schwerpunkt der Entschließung des Europaparlaments ist die Forderung, die Verwendung von Einweg-Plastiktüten drastisch zu reduzieren oder deren Verwendung nach Möglichkeit schrittweise zu verbieten. Die Landessregierung unterstützt in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Europäischen Kommission von Anfang November 2013 (Bundesratsdrucksache 755/13) zur Reduzierung der Verwendung von leichten Tragetaschen aus Kunststoff (< 0,05 Millimeter Wandstärke), nach dem es den Mitgliedstaaten gestattet ist, ihre eigenen nationalen Verringerungsziele festzusetzen sowie Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zu beschließen. Am 19. Dezember 2013 hat der Bundesrat hierzu mit breiter Mehrheit eine Stellungnahme beschlossen (Bundesratsdrucksache 755/13 Beschluss). Eveline Lemke Staatsministerin