Drucksache 16/3352 27. 02. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Thomas Weiner (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Wahlkreisentwicklung Die Kleine Anfrage 2158 vom 7. Februar 2014 hat folgenden Wortlaut: Im Bericht der Landesregierung nach § 9 des Landeswahlgesetzes wurde für den Wahlkreis 48 (Pirmasens/VG Rodalben) zum Stichtag 31. Dezember 2012 eine Bevölkerung von 52 210 Einwohnern festgestellt. Innerhalb der untersuchten Fünfjahresfrist ging die Bevölkerung zwischen 2007 und 2012 um 197 Einwohner bzw. 0,4 % zurück. Da im gleichen Zeitraum sich die Bevölkerung im Land jedoch um 0,8 % verminderte, verringerte sich der Abstand des Wahlkreises 48 zur durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise sogar von – 28,4 auf – 28,1 %. Trotzdem prognostiziert die Landesregierung für das Jahr 2016 eine Abweichung von 33,6 % und begründet die Anpassungsnotwendigkeit zahlreicher Wahlkreis in der Pfalz mit dieser Prognose. Inzwischen aber liegen die aktuellen Zahlen zum 31. Dezember 2013 vor: Pirmasens meldet eine Einwohnerzahl von 41 555 (vgl. Pirmasenser Zeitung vom 6. Februar 2014) und die VG Rodalben vom 14 330, zusammen leben also derzeit 55 885 Einwohner im Wahlkreis 48. Diese Zahl liegt um 3 664 Einwohner über den von der Landesregierung in der Drucksache 16/3215 (auf S. 15) zum 31. Dezember 2012 angegebenen 52 210 Einwohner und um 8 375 Einwohner über der Prognose für 2016. Setzt man die aktuelle Einwohnerzahl von 55 885 in Relation mit dem für 2016 prognostizierten Durchschnitt der Wahlkreise von 71 594, so liegt die Abweichung derzeit mit nur -21,9 % weit entfernt von der gesetzlichen Grenze von +/– 33,3 %. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie kommt die Landesregierung bzw. das statistische Landesamt zu der Annahme, dass in den letzten fünf Jahren zwischen 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2012 die Bevölkerung zwar nur um 197 Einwohner leicht zurückging, sie aber in den folgenden drei Jahren bis 2016 um 4 700 Einwohner regelrecht abstürzen werde? 2. Mit welchen statistischen Methoden und Modellrechnungen kam diese Prognose zu Stande und wie erklärt die Landesregierung die dramatisch abweichenden Zahlen und die ebenso extrem von den tatsächlichen Zahlen abweichende Prognose? 3. Hält die Landesregierung angesichts der von den Kommunen zum 31. Dezember 2013 ermittelten aktuellen Zahlen von 55 885 Einwohnern ihre Prognose von nur 47 510 Einwohnern 2016 aufrecht oder ist sie bereit, die Prognose für 2016 auf ihre Richtig - keit zu überprüfen und zu korrigieren? 4. Falls die Landesregierung bzw. das statistische Landesamt bei ihren Prognosezahlen für 2016 bleiben sollten: Durch welche Ereignisse sieht sie einen derart gigantischen Bevölkerungsschwund von 8 375 Einwohnern bzw. 15 % in nur zwei Jahren ausgelöst ? 5. Wenn die Landesregierung daran festhält, für den Wahlkreis eine derart krisenhafte Bevölkerungsentwicklung zu prognostizieren, wie schlüsselt sie dies auf die einzelnen Gemeinden auf (wie entwickeln sich zum Vergleich die benachbarten Verbandsgemeinden ) und welche Ursachen sieht sie im Einzelfall? 6. Hat die Landesregierung ein Konzept, wie sie diesem von ihr offenbar nur ganz lokal im Wahlkreis 48 auftretenden Bevölkerungseinbruch gegensteuern will? 7. Wird die Landesregierung angesichts der von ihr angenommenen Entwicklung ihre Haltung zum B 10-Ausbau überdenken, also den kompletten Bereich zwischen Pirmasens und Landau für den vierspurigen Ausbau in den vordringlichen Bedarf des BVWP anzumelden? Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. März 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3352 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 27. Februar 2014 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: § 9 Abs. 3 des Landeswahlgesetzes (LWahlG) verpflichtet die Landesregierung, dem Landtag spätestens 30 Monate nach dem Beginn der Wahlperiode einen schriftlichen Bericht über die Veränderung der Bevölkerungszahlen in den Bezirken und Wahlkreisen vorzulegen . Der Bericht hat Vorschläge zur Änderung der Wahlkreiseinteilung zu enthalten, soweit dies durch die Veränderung der Bevölkerungszahlen geboten ist. Weicht die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise mehr als 33 1/3 v. H. nach oben oder unten ab, ist eine Neuabgrenzung vorzunehmen (§ 9 Abs. 4 LWahlG). Bei der Ermittlung der Bevölkerungszahlen bleiben Ausländer unberücksichtigt (§ 9 Abs. 5 LWahlG). Der Wahlkreisbericht der Landesregierung für die 16. Wahlperiode liegt dem Landtag seit dem 21. Januar 2014 vor (Drucksache 16/3215). Für die Überprüfung der Bevölkerungsentwicklung in den Bezirken und Wahlkreisen wurden der Landesregierung Unterlagen der amtlichen Statistik über die auf der Grundlage der Ergebnisse des Zensus 2011 fortgeschriebene deutsche Bevölkerung nach dem Stand vom 31. Dezember 2012 vom Statistischen Landesamt zur Verfügung gestellt. Für die Berechnung des Bevölkerungsstandes der Wahlkreise im Jahr 2016 wurde vom Statistischen Landesamt die dritte regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung mit dem Basisjahr 2010 herangezogen. Deren Grundlage ist die Volkszählung 1987. Für die Berechnung der Bevölkerungszahlen wurden ausschließlich Daten verwendet, die zum Zeitpunkt der Berechnungen am 21. Juni 2013 beim Statistischen Landesamt verlässlich vorlagen. Zudem wurde auf eine konsistente methodische Vorgehensweise geachtet. In dem Wahlkreisbericht ist für den Wahlkreis 48 – Pirmasens ausgeführt, dass zum Stichtag 31. Dezember 2012 die Bevölkerungszahl 52 210 Personen und die Abweichung von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise – 28,1 v. H. betragen hat. Für das Wahljahr 2016 ist eine vorausberechnete Bevölkerungszahl von 47 510 Personen und eine Abweichung von – 33,6 v. H. gegenüber der für dieses Jahr errechneten durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise angegeben. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt: Zu Frage 1: Der nur leichte Rückgang der deutschen Bevölkerung zwischen dem 31. Dezember 2007 und dem 31. Dezember 2012 um 197 Einwohner ist Folge eines Sondereffekts. Für das Jahr 2012 wurde durch den Zensus 2011 für die deutsche Bevölkerung im Wahlkreis 48 – Pirmasens eine um 2 671 Personen höhere Bevölkerungszahl (52 210 Einwohner) gegenüber der Fortschreibung auf Basis der Volkszählung 1987 (49 539 Einwohner) ermittelt. Ursache hierfür sind vor allem die seit der Volkszählung 1987 – also über einen Zeitraum von 24 Jahren – kumulierten Über- oder Untererfassungen der Wanderungen. Die zahlenmäßigen Korrekturen durch den Zensus bleiben bei der Beurteilung der Bevölkerungsentwicklung unberücksichtigt, da diese nur durch die natürlichen Bevölkerungsbewegungen (Geburten/Sterbefälle) und die räumlichen Bevölkerungsbewegungen (Wanderungen; Zuzüge/Fortzüge) bestimmt wird. Die Bevölkerungsbewegungen haben sich durch die stichtagsbezogene Bestandsaufnahme im Zuge des Zensus 2011 nicht verändert. Tatsächlich verlor der Wahlkreis 48 – Pirmasens zwischen dem 31. Dezember 2007 und dem 31. Dezember 2012 durch natürliche Bevölkerungsbewegungen und durch registrierte Wanderungen zusammengenommen 3 112 deutsche Einwohner (2 156 durch ein Defizit in der natürlichen Bilanz und 956 durch ein Defizit in der Wanderungsbilanz). Im Schnitt belief sich der jährliche Rückgang der Zahl der deutschen Einwohner also auf 622. Dies muss bei der weiteren Bevölkerungsentwicklung bis 2016 berücksichtigt werden. Mit einem dem Zensus vergleichbaren Niveaueffekt, der den natürlichen Bevölkerungsrückgang und die Nettoabwanderung kompensieren könnte, ist in dem kurzen Zeitraum zwischen 2012 und 2016 nicht zu rechnen. Die Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes kommt für den Wahlkreis 48 – Pirmasens in dem Zeitraum zwischen 2012 und 2016 zu einem Rückgang der deutschen Bevölkerung um rund 2 000 Personen auf etwa 47 500 Einwohner (nach der mittleren Variante bei konstantem Anteil der deutschen Bevölkerung). Gemäß der Vorausberechnung dürfte sich der jahresdurchschnittliche Einwohnerrückgang im Wahlkreis 48 – Pirmasens in den nächsten Jahren von bisher 622 auf rund 500 Personen abschwächen. Die Vorausberechnung basiert auf der fortgeschriebenen Bevölkerung der Volkszählung 1987 und ist innerhalb dieser Datenbasis mit allen Fortschreibungsergebnissen vergleichbar. Ein Vergleich mit den neuen Fortschreibungsergebnissen auf Basis des Zensus 2011 führt infolge der Zensuskorrekturen zu einer missverständlichen Interpretation der Bevölkerungsveränderung. Zu Frage 2: Die Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Landesamtes werden nach der Methode der geburtsjahrgangsweisen Fortschreibung erstellt. Das bedeutet, dass jedes Altersjahr der Bevölkerung mit geschlechts- und altersspezifischen Sterbeziffern, Zuzugsziffern sowie Fortzugsziffern in die Zukunft fortgeschrieben wird. Die Geburten, die das Altersjahr „unter 1-Jährige“ bilden, werden mithilfe von altersspezifischen Geburtenziffern ermittelt. Diese Parameter der Bevölkerungsvorausberechnung werden durch Auswertung der Bevölkerungsbewegungen in einem Stützzeitraum gewonnen. Diese Methode wird auch für die koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen der statistischen Ämter des Bundes und der Länder für Deutschland eingesetzt; sie gilt als zuverlässig. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3352 Das Basisjahr der dritten regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes, die im Juli 2012 veröffentlicht wurde, ist das Jahr 2010; der Stützzeitraum für die Gewinnung der relevanten Parameter ist der Zeitraum 2006 bis 2010. Diese Grunddaten der Bevölkerungsvorausberechnung beruhen auf der Fortschreibung der Volkszählung 1987. Bevölkerungsveränderungen zwischen verschiedenen Jahren können nur innerhalb der gleichen Datenbasis verglichen werden. Zu Frage 3: Das Statistische Landesamt plant eine vierte regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung auf Basis der Fortschreibung des Zensus 2011, sobald die fortgeschriebenen einzelnen Altersjahre für das neue Basisjahr 2013 vorliegen. Diese sollen bundesweit ab Mitte 2014 zur Verfügung stehen. Die neue Bevölkerungsvorausberechnung mit dem Basisjahr 2013 wird die durch den Zensus festgestellten Veränderungen des Bevölkerungsbestands und der Altersstruktur der Bevölkerung nachvollziehen. Gravierende Veränderungen in der zukünftigen Entwicklung der Bevölkerungszahl – sprich stärkere Bevölkerungsrückgänge als bisher vorausberechnet – werden aber nicht erwartet. Dafür gibt es zurzeit keine Anhaltspunkte. Zu Frage 4: Die Anfrage bezieht sich offensichtlich auf einen Vergleich zwischen der Gesamtbevölkerungszahl, d. h. Deutsche und Ausländer, aus den Melderegistern zum 31. Dezember 2013 (55 885) mit der Zahl der deutschen Einwohner aus der Vorausberechnung auf Basis der Volkszählung 1987 für das Jahr 2016 (47 510). Dies führt aufgrund der unterschiedlichen Datengrundlagen (Melderegister einerseits und Bevölkerungsfortschreibung andererseits) sowie der unterschiedlichen Merkmale zu einer Fehlinterpretation. Die neue Bevölkerungsvorausberechnung wird für den Wahlkreis 48 – Pirmasens im Jahr 2016 zu einer höheren deutschen Bevölkerungszahl führen. Diese wird – angesichts des kurzen Zeitraums 2011 bis 2016 – in etwa der im Zensus festgestellten Niveauerhöhung entsprechen, sodass sich an dem Ausmaß des in der dritten regionalisierten Vorausberechnung ermittelten Bevölkerungsrückgangs wenig ändern dürfte. Zu Frage 5: Eine Aufschlüsselung der Ergebnisse der Vorausberechnung auf einzelne Gemeinden ist nicht möglich. Das Statistische Landesamt erstellt nur Vorausberechnungen bis auf die Verbandsgemeindeebene. Viele Gemeinden in Rheinland-Pfalz sind zu klein, um valide Parameter für die Bevölkerungsbewegungen zu schätzen und darauf eine seriöse Bevölkerungsvorausberechnung aufzubauen. Zu Frage 6: Die Landesregierung verfolgt keine Konzepte, um rückläufigen Bevölkerungszahlen in einzelnen Wahlkreisen entgegenzuwirken. Ihre Strategien, um Bevölkerungsentwicklungen erfolgreich zu bewältigen, beziehen sich in der Regel auf Regionen mit vergleichbaren Problemen. Dies gilt auch für die Region Südwestpfalz, zu der der Wahlkreis 48 – Pirmasens gehört. Zu Frage 7: Die Landesregierung hat für einen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, dass auf einen durchgängigen vierspurigen Ausbau verzichtet wird. Der vierspurige Ausbau der B 10 wurde für den Abschnitt von Hinterweidenthal bis Hauenstein für eine Aktualisierung des Bundesverkehrswegeplans 2015 als Vorhaben angemeldet. Ab Hauenstein bis Landau wird das Szenario II der in 2012 und 2013 durchgeführten Mediation sukzessive umgesetzt. Dazu gehört eine Anmeldung des verkehrlich besonders belasteten Bereichs zwischen Godramstein und Landau zum Bundesverkehrswegplan 2015. Eine weitergehende Anmeldung von zusätzlichen Teilabschnitten der B 10 ist nicht vorgesehen. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär 3