Drucksache 16/3454 01. 04. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Dr. Rahim Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Medikamentenentsorgung Die Kleine Anfrage 2228 vom 12. März 2014 hat folgenden Wortlaut: Laut einem Hintergrundpapier der Deutschen Umwelthilfe (Stand: 25. Februar 2013) existierte von 1994 bis 2009 ein bundesweites Sammelsystem, das eine für die Verbraucher kostenlose Rücknahme von Altmedikamenten aus Apotheken ermöglichte. Das System war für die Apotheken kostenfrei. Seit Inkrafttreten der fünften Novelle der Verpackungsverordnung gibt es kein bundesweit einheitliches, flächendeckendes System mehr für die Rückführung, Verwertung und Entsorgung von Altmedikamenten. Dies führt zur unsachgemäßen Entsorgung von Medikamenten und trägt u. a. zu Gewässerbelastungen mit Arzneimittelwirkstoffen bei. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch war die Menge der entsorgten Medikamente nach Einrichtungen (Apotheken, Krankenhäuser, Alten- und Pflegehei- me) in Rheinland-Pfalz in den letzten fünf Jahren? 2. Wie hoch war die Menge der entsorgten Medikamente im Vergleich zu den abgegebenen Mengen nach Einrichtungen (Apotheken, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) in Rheinland-Pfalz in den letzten fünf Jahren? 3. Wie hoch war der Wert der entsorgten Medikamente im Vergleich zu den abgegebenen Mengen nach Einrichtungen (Apotheken, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) in Rheinland-Pfalz in den letzten fünf Jahren)? 4. Welche Entsorgungswege werden von den Einrichtungen in Rheinland-Pfalz verwendet? 5. Wie hat sich die Gewässerbelastung durch Arzneimittel in den letzten fünf Jahren in Rheinland-Pfalz entwickelt? 6. Wie haben sich die Kosten der Entsorgung für Medikamente nach Einrichtungen (Apotheken, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) in Rheinland-Pfalz in den letzten fünf Jahren entwickelt? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 1. April 2014 wie folgt beantwortet: Mitte 2009 ist das bundesweite System für die kostenlose Rücknahme von Altmedikamenten ausgelaufen. Über damit in Zusammenhang stehende unsachgemäße Entsorgungen liegen keine Erkenntnisse vor. Durch den so genannten „bestimmungsgemäßen Gebrauch“, d. h. durch die Einnahme von Medikamenten, entstehen gewisse Umweltbelastungen durch den Eintrag in die Kanalisation. Nicht zu vernachlässigen ist darüber hinaus der Einfluss von TierArzneimitteln auf die Umwelt, z. B. der Einsatz von Dünger in der Landwirtschaft und der damit verbundene Eintrag in den Boden. Die gemeinsame Entsorgung der Altmedikamente mit dem Restmüll und die anschließende Verbrennung ist umweltgerecht und Standard . Dabei spielt es aus Umweltgesichtspunkten keine Rolle, ob die Altmedikamente durch den Bürger oder durch Apotheken dem Restmüll zugegeben werden. Wesentlich für einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Umgang und die umweltgerechte Entsorgung von Altmedikamenten ist die Information der Verbraucher. Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung (MWKEL) hat das Faltblatt „Altmedikamente entsorgen – eine Verbraucherinformation“ herausgegeben (2007, Überarbeitung März 2012). Ins besondere soll damit erreicht werden, dass Altmedikamente keinesfalls über die Toilette entsorgt werden. Das Faltblatt steht auf der Homepage des MWKEL zur Verfügung: www.mwkel.rlp.de/Kreislaufwirtschaft/Stoffstrommanagement/IFAG/Dokumente/ Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 22. April 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3454 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Die Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes (Krankenhäuser, Pflegeheime, Apotheken, Blutbanken usw.) ist in der Mitteilung 18 der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) geregelt. Demnach dürfen Arzneimittel, die dem Abfallschlüssel 18 01 09 zugeordnet werden, gemeinsam mit medizinischen Abfällen des Abfallschlüssels 18 01 04 entsorgt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die gemeinsame Entsorgung mit Siedlungsabfall (AbfSchl 20 03 01) zulässig. Die Menge an entsorgten Medikamenten wird dabei in der Regel nicht erfasst. Altmedikamente (AbfSchl 18 01 09) sind zudem kein gefährlicher Abfall: es besteht keine Pflicht, abfallrechtliche Nachweise zu führen. Zytostatika (AbfSchl 18 01 08*) hingegen sind gefährliche Abfälle und unterliegen der abfallrechtlichen Nachweispflicht. Bei der SAM – Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH – wird das Primäraufkommen an Zytostatika erfasst (die Mengen für 2013 liegen noch nicht vor): Quelle: Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH (SAM). Aufgrund des geringen Aufkommens werden Zytostatika-Abfälle in der Regel über sogenannte Sammelentsorgungen entsorgt, d. h. der einzelne Abfallerzeuger ist in den übermittelten Daten nicht hinterlegt. Beim Statistischen Landesamt Bad Ems werden die Mengen an Altmedikamenten erfasst, die bei den Problemabfall-Sammlungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger abgegeben und der Verbrennung zugeführt wurden. Hierunter fallen vor allem die Altmedikamente aus Haushaltungen (die Mengen für 2013 liegen noch nicht vor): Quelle: Statistisches Landesamt Bad Ems. Zu Fragen 2 und 3: Dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie (MSAGD) und dem MWKEL liegen hierzu keine Angaben vor. Zu Frage 4: Wie im Faltblatt des MWKEL „Altmedikamente entsorgen – eine Verbraucherinformation“ (2012) beschrieben, dürfen Altmedikamente gemeinsam mit dem Restmüll verbrannt werden. Gemäß LAGA-Mitteilung M 18 können Altmedikamente, die in Einrichtungen des Gesundheitswesens anfallen, gemeinsam mit Abfällen des Abfallschlüssels 18 01 04 (Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden) und teilweise auch zusammen mit Siedlungsabfall entsorgt werden. Beide Abfallarten werden normalerweise verbrannt. 2 Aufkommen in Rheinland-Pfalz im Jahr Abfallschlüssel 18 01 08* Zytostatika (Humanmedizin) Abfallschlüssel 18 02 07* Zytostatika (Tiermedizin) 2008 51,2 Tonnen – 2009 58,0 Tonnen – 2010 50,0 Tonnen – 2011 50,9 Tonnen – 2012 51,3 Tonnen – Jahr Arzneimittel (Abfallschlüssel 20 01 32) aus Problemabfall-Sammlungen in Rheinland-Pfalz 2008 41,49 Tonnen 2009 50,84 Tonnen 2010 64,19 Tonnen 2011 58,62 Tonnen 2012 52,61 Tonnen Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3454 Zu Frage 5: Arzneimitteldaten von Gewässern liegen im Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht für die Gewässer Rhein, Mosel, Sauer, Lahn, Nahe und Selz vor. Die aktuelle Belastungssituation der Gewässer mit Arzneimittelwirkstoffen stellt sich wie folgt dar: Der Rhein bei Mainz wird zurzeit auf 82 Arzneimittelwirkstoffe hin untersucht. Dabei werden 13 Wirkstoffe regelmäßig in fast allen Proben nachgewiesen. Es handelt sich dabei z. B. um Carbamazepin, Diclofenac, Metoprolol, diverse Röntgenkontrastmittel, die die höchsten Konzentrationen mit ca. 0,2 µg/L im Jahresdurchschnitt im Rhein aufweisen sowie das Antibiotikum Sulfamethoxazol. In kleineren Nebengewässern mit hohem Anteil an gereinigtem Abwasser können Maximalwerte von über 2 µg/L z. B. nur für den Wirkstoff Diclofenac erreicht werden. Würden alle gefundenen Arzneimittelwirkstoffe der mehrfach belasteten Proben aufsummiert, kämen an einigen Messstellen mehrere µg/L Arzneimittelwirkstoffe zustande. Von insgesamt 13 im Grundwasser untersuchten Human- und Tierarzneimittel wirkstoffen waren lediglich drei Substanzen an sechs Messstellen (5 %) nachweisbar, auffallend dabei allein das Antiepileptikum Carbamazepin, das an drei Messstellen in Konzentrationen über 0,1 µg/L festzustellen war. Diclofenac und Clofibrinsäure überschritten nur bei jeweils einer Messstelle 0,1 µg/L. Bei 120 untersuchten Grundwassermessstellen lagen nur drei Substanzen Carba mazepin (Antiepileptikum), Diclofenac (Analgetika ) und Clofibrinsäure (Lipidsenker) über der Bestimmungsgrenze. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Messnetzkonzeption des Monitorings Uferfiltrateinfluss und landwirtschaftliche Bodennutzung durch Viehhaltung nicht zum Schwerpunkt hatte. Nur acht Messstellen des Monitorings unterliegen dem Uferfiltrateinfluss von Rhein und Mosel. Bei fünf der sechs von positiven Befunden betroffenen Messstellen sind die o. g. potenziellen Belastungspfade jedoch gegeben. Für 2014 ist geplant, ein speziell auf diese Thematik zugeschnittenes Messnetz im Grundwasser zu untersuchen. Zu Frage 6: Nach Angaben der Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH (SAM) liegen die Entsorgungskosten von Zytostatika (gefährliche Abfälle, Abfallschlüssel 18 01 08*) in der Größenordnung von 350 €/Tonne. Darüber hinaus liegen keine belastbaren Informationen zu den Kosten für die Entsorgung von Altmedikamenten und deren Entwicklung in den letzten fünf Jahren vor. Eveline Lemke Staatsministerin 3