Drucksache 16/3514 28. 04. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Carsten Pörksen (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Geplante Schließung des Real-Marktes in Bad Kreuznach und Eröffnung eines Kaufland-Marktes am gleichen Standort – Auswirkungen auf die Beschäftigten Die Kleine Anfrage 2280 vom 2. April 2014 hat folgenden Wortlaut: Der Real-Markt in Bad Kreuznach soll Ende 2014 geschlossen werden. Bei dem Real-Markt sind Presseberichten zufolge zwischen 115 und 138 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Real hat nach Medienberichten das auslaufende Mietverhältnis für das Marktgebäude nicht verlängert. Zum 1. Januar 2015 soll Kaufland den Markt übernehmen. Auch bei den Inhabern der Geschäfte im Eingangsbereich des Marktes sollen nach Presseberichten die Mietverträge zum Ende des Jahres auslaufen. Bisher waren im Marktgebäude und angrenzend zum Marktgebäude eine Reinigung, ein Friseur, eine Apotheke, ein Elektronikfachmarkt, ein Bäckereiverkaufsstand, ein Verkaufsstand für Oliven- und Käsespezialitäten, ein Reisebüro und ein Zeitschriftenverkaufsstand untergebracht, deren Angebote bei den Kundinnen und Kunden regen Zuspruch fanden. Kaufland hat mitgeteilt, dass aufgrund der Bauarbeiten für die Dauer eines Jahres die Neueröffnung des Kaufland-Marktes erst für Ende 2015 geplant sei. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat kritisiert, dass für den Marktstandort kein Betriebsübergang geplant sei und vermutet, dass die lange Umbauzeit Teil einer Strategie sei, um die gesetzliche Frist für einen Betriebsübergang verstreichen zu lassen. Kaufland beabsichtigt laut Presseberichten im neuen Markt lediglich 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Von Seiten von Kaufland wurde zudem über die Presse mitgeteilt, dass die bisherigen Beschäftigten nicht übernommen werden sollten, sondern sich lediglich bei Interesse bewerben könnten. Die Metro-Gruppe hatte nach Übernahme der Wal-Mart-Filialen diese im Jahr 2007 in Teilen durch Real-Märkte ersetzt. Anfang Februar 2014 hatten Medien berichtet, dass Real beabsichtigte, sich von bis zu zwölf Filialen in Deutschland zu trennen. Die Marktkette Kaufland gehört wie Lidl zur Schwarz-Unternehmensgruppe und ist derzeit vor der Metro-Gruppe der größte Handelskonzern in Deutschland. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung aus sozialpolitscher Sicht die angekündigten Schritte mit der geplanten Schließung des Marktes, den folgenden Umbaumaßnahmen von bis zu einem Jahr und die anschließende (Wieder-)Eröffnung des Marktes in Bezug zur gesetzlichen Frist für einen Betriebsübergang? 2. Ist nach Kenntnis der Landesregierung für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten nach derzeitigem Stand ein Sozialplan vorgesehen oder denkbar? 3. Könnte zur Überbrückung der Zeit bis zur Wiedereröffnung des Marktes für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten die Einrichtung einer Transfergesellschaft sinnvoll sein? 4. Welche Angebote und Maßnahmen der Agentur für Arbeit für die derzeit beim Markt in Bad Kreuznach direkt und indirekt Beschäftigten sind nach Einschätzung der Landesregierung rechtzeitig vor und nach der Schließung möglich? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 28. April 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Von der geplanten Schließung des Real-Marktes Bad Kreuznach und der sich im Gebäude befindlichen Inhabergeschäfte hat die Landesregierung bisher nur aus der Presse Kenntnis erhalten. Auf Anfrage teilte die Agentur für Arbeit in Bad Kreuznach mit, dass auch sie bislang weder durch das Unternehmen noch durch den Betriebsrat über die geplante Schließung des Real-Marktes in Bad Kreuznach informiert wurde. Von den dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat sich bei den Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit bisher niemand arbeitsuchend oder arbeitslos gemeldet. Der Bundesagentur für Arbeit liegt auch noch Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. Mai 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3514 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode keine Anzeige des Arbeitgebers gemäß § 17 des Kündigungsschutzgesetzes vor. Auch nach Informationen von ver.di wurden bislang keine Kündigungen gegenüber den im Real-Markt in Bad Kreuznach Beschäftigten ausgesprochen, wobei die längsten Kündigungsfristen nach Auskunft von ver.di sieben Monate betragen würden. Eine gesetzliche Frist, nach deren Ablauf ein Betriebsübergang auszuschließen ist, existiert nicht. Nach geltender Rechtsprechung fehlt es indes bei erheblicher Dauer der Unterbrechung der Geschäftstätigkeit an einem Betriebsübergang, wenn die Unterbrechung ursächlich für die Zerschlagung einer funktionsfähigen wirtschaftlichen Einheit ist. Erheblich ist die Unterbrechung daher dann, wenn sich die Kunden zwischenzeitlich neu orientieren. Es muss sich um eine wirtschaftlich erhebliche Zeitspanne handeln. Orientierungspunkt kann nach der Rechtsprechung eine Zeitspanne sein, die länger dauert, als die längste vom ursprünglichen Betriebsinhaber bei einer Stilllegung einzuhaltenden Kündigungsfrist. In Einzelfällen sind bei Einzelhändlern und Gaststätten Unterbrechungszeiträume von fünf bis zehn Monaten als wirtschaftlich erheblich beurteilt worden. Zu 2.: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob ein Sozialplan vorgesehen ist. Der Abschluss eines Sozialplans, der dem Ausgleich beziehungsweise der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Beschäftigten infolge einer Betriebsänderung entstehen, dient, setzt nach § 112 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) das Vorliegen einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG voraus. Eine solche liegt unter anderem bei Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen oder einem die Voraussetzungen des § 112 a BetrVG erfüllenden Personalabbaus vor. Grundsätzlich kann bei jeder Betriebsänderung nach § 111 BetrVG ein Sozialplan verlangt werden. Er ist somit erzwingbar. Kommt der Sozialplan nicht zustande, entscheidet nach § 112 Abs. 4 BetrVG die Einigungsstelle über die Aufstellung des Sozialplans. Einschränkungen von dieser Erzwingbarkeit bestehen im Falle, dass die geplante Betriebsänderung allein in einem Personalabbau besteht. In diesem Fall kann der Sozialplan nur erzwungen werden, wenn die Zahl der aus betriebsbedingten Gründen entlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die in § 112 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BetrVG genannten Grenzen erreicht. Nach Auskunft von ver.di sind bislang Verhandlungen über einen Interessenausgleich oder Sozialplan im Hinblick auf die Beschäftigten des Real-Marktes in Bad Kreuznach nicht aufgenommen worden. Zu 3.: Ob die Einrichtung einer Transfergesellschaft für die Beschäftigten des Real-Marktes in Bad Kreuznach sinnvoll ist, kann bei den derzeit vorliegenden Informationen nur schwer beurteilt werden. Sofern die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen vorliegen, können grundsätzlich Transfermaßnahmen durchgeführt werden. § 111 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch verpflichtet die Betriebsparteien, sich im Vorfeld der Entscheidung über die Einführung von Transfermaßnahmen (§ 110 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch) beziehungsweise über die Inanspruchnahme von Transfer-Kurzarbeitergeld (§ 111 Abs. 1 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch), insbesondere im Rahmen ihrer Verhandlungen über einen die Integration der Arbeitnehmer fördernden Interessenausgleich oder Sozialplan nach § 112 des Betriebsverfassungsgesetzes, durch die Agentur für Arbeit beraten zu lassen. Nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit hat eine solche Beratung bisher nicht stattgefunden und wurde auch nicht eingefordert. Nach Auskunft von ver.di ist die Einrichtung einer Transfergesellschaft derzeit nicht geplant. Zu 4.: Der Landesregierung liegen derzeit keine Angaben über die Struktur der beim Real-Markt in Bad Kreuznach Beschäftigten vor. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit werden üblicherweise in vergleichbaren Warenhäusern Beschäftigte mit folgenden Berufen beschäftigt: Einzelhandelskaufleute, Verkäuferinnen und Verkäufer, Fachverkäuferinnen und Fachverkäufer im Bereich Nahrungsmittel , Bürokaufleute und Lager- und Transportarbeiterinnen und -arbeiter. Nach der Brancheneinschätzung für das Frühjahr 2014 gehört der Einzelhandel als drittgrößte Branche im Agenturbezirk Bad Kreuznach zu den Wirtschaftszweigen, denen gute Beschäftigungschancen zugerechnet wird. Im Jahr 2014 ist im Einzelhandel mit einem Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu rechnen. Das aktuelle Stellenangebot im Agenturbezirk Bad Kreuznach lässt ebenfalls recht gute Beschäftigungsmöglichkeiten erwarten. Die Beschäftigungschancen erhöhen sich deutlich, wenn die Betroffenen regional mobil sind (zum Beispiel nach Mainz, Wiesbaden, Frankfurt oder Koblenz). Nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit stehen den Beschäftigten des Real-Marktes in der Agentur für Arbeit Bad Kreuznach folgende Dienstleistungsangebote im Einzelfall zur Verfügung: – Aktive Entgegennahme von Meldungen der Beschäftigten – auf Wunsch auch beim Arbeitgeber. – Bereitstellung des gesamten Beratungs- und Vermittlungsangebotes. – Im konkreten Einzelfall Teilnahme an individuellen Weiterbildungsmaßnahmen. – Individueller Einsatz arbeitsmarktpolitischer Förderleistungen für aufnehmende Arbeitgeber (zum Beispiel Gewährung von Eingliederungszuschüssen ) sowie – eine gezielte Stellenakquise für ausscheidende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Alexander Schweitzer Staatsminister