Drucksache 16/3520 02. 05. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Bernhard Braun (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Verfahren bei Beschwerden über Lärmemissionen von Windkraftanlagen Die Kleine Anfrage 2283 vom 10. April 2014 hat folgenden Wortlaut: Windkraftanlagen werden nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt. Damit werden auch die Schallimmissionen berechnet . Bestimmend für die Mindestabstände zur Bebauung sind die berechneten Schallimmissionswerte. Für Allgemeine Wohngebiete gilt dabei von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr nach TA Lärm der Grenzwert 40 db(A). Wenn dieser Grenzwert überschritten wird, müssen Maßnahmen zur Verringerung der Schallimmission getroffen werden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Sind der Landesregierung Beschwerden über Schallemissionen von Windkraftanlagen bekannt? Wenn ja, wie viele (aufgeschlüs- selt nach Jahren 2008 bis 2013)? 2. Wurden Messungen aufgrund dieser Beschwerden veranlasst? Wenn ja, wie viele und mit welchem Ergebnis (Jahre 2008 bis 2013)? 3. Liegen aktuell Beschwerden über zu hohe Lärmemissionen bei Windkraftanlagen vor? 4. Wie ist das behördliche Verfahren zur Überprüfung der Schallimmissionen und wie lange dauert das Verfahren im Durchschnitt? 5. Welche Konsequenzen wurden aus den Ergebnissen der Messungen bisher abgeleitet (Nachtabschaltung, Drosselung von Anla- gen, Berücksichtigung als Vorbelastung bei weiteren Genehmigungen)? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 30. April 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Zuständigkeit für Beschwerden über Schallimmissionen von Windkraftanlagen liegt für Anlagen, die gewerblich betrieben werden bei den Abteilungen Gewerbeaufsicht der Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGDen). Über die Anzahl eingegangener und bearbeiteter Lärmbeschwerden werden dort bezogen auf einzelne Anlagentypen keine offiziellen Statistiken geführt. Zudem erstreckt sich die Bearbeitung von Beschwerden zum Teil über längere Zeiträume sodass eine Zuordnung nach Jahren im Einzelfall schwierig ist. Dies vorausgeschickt, wird nachfolgend die ungefähre Zahl der im Zeitraum 2008 bis 2013 bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen eingegangenen Beschwerden aufgeführt: Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. Mai 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Beschwerden Beschwerden Zeitraum bzgl. Lärmimmissionen Zeitraum bzgl. Lärmimmissionen von Windkraftanlagen von Windkraftanlagen 2008 2 2011 5 2009 3 2012 5 2010 4 2013 10 Beschwerden über Geräusche von Windkraftanlagen betreffen sowohl das allgemeine Geräuschniveau wie auch spezifische Auffälligkeiten wie tonale oder tieffrequente Anteile. Beschwerden betreffen in der Regel den Nachtzeitraum. Drucksache 16/3520 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Im Rahmen der Bearbeitung von Beschwerden wurden zwischen 2008 und 2013, soweit nachvollziehbar, in acht Fällen orientierende oder qualifizierte behördliche Eigenmessungen durch die Struktur- und Genehmigungsdirektionen bzw. das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht durchgeführt. Hierbei wurden in vier Fällen Überschreitungen und in vier Fällen die Einhaltung der Immissionsanforderungen festgestellt. Zu Frage 3: Derzeit bearbeiten die Struktur- und Genehmigungsdirektionen sechs Fälle von Lärmbeschwerden von in Betrieb befindlichen Windkraftanlagen. Zu Frage 4: Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hat der Antragsteller im Regelfall durch eine Lärmprognose (Lärmgutachten) nachzuweisen , dass durch den Betrieb der Anlage an den maßgeblichen Immissionsorten im Umfeld der Anlage die dort einschlägigen Grenzwerte eingehalten werden. Hierbei ist auch die Vorbelastung durch andere Anlagen im Anwendungsbereich der TA Lärm zu berücksichtigen. Die Gewerbeaufsicht prüft als Fachbehörde Immissionsschutz die Lärmprognose und formuliert in ihrer Stellung - nahme an die Genehmigungsbehörde ggf. Auflagen und Bedingungen zur Errichtung und dem Betrieb der Anlage. Ergibt die Lärm - prognose, dass zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte Betriebsbeschränkungen erforderlich sind (z. B. ein eingeschränkter Nachtbetrieb ), wird dies in der Regel vom Antragsteller bereits so beantragt oder im Genehmigungsbescheid festgeschrieben. In den Fällen, in denen die Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten durch ein Vorhaben weitestgehend ausgeschöpft werden, wird in der Regel durch eine Nebenbestimmung im Genehmigungsbescheid eine Abnahmemessung gefordert. Hierdurch hat der Anlagenbetreiber in einem vorgegebenen Zeitraum nach Inbetriebnahme der Anlagen nachzuweisen, dass die Immissionsrichtwerte bzw. sonstige Anforderungen zum Lärmschutz eingehalten sind. Kommt es nach Inbetriebnahme einer Anlage zu Lärmbeschwerden prüft die Fachbehörde Immissionsschutz zunächst nach Aktenlage . Bei Bedarf werden Begehungen sowie orientierende oder qualifizierte Eigenmessungen durchgeführt. Im Einzelfall kann Beschwerden auch im Dialog mit dem Betreiber abgeholfen werden. Wird im Rahmen der Überprüfung festgestellt, dass eine Anlage nicht genehmigungskonform betrieben wird, können Betriebsbeschränkungen angeordnet werden. Über die Zeitdauer einzelner Verfahren liegen keine Auswertungen vor. Da sich sowohl der konkrete Gegenstand von Beschwerden , als auch die Art der Bearbeitung und dementsprechend auch die Bearbeitungsdauer zum Teil sehr deutlich unterscheiden, würde die Ermittlung eines Durchschnittwertes aus unserer Sicht keine verwertbare Information liefern. Da Geräuschmessungen an Windkraftanlagen nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sind, können diese im Einzelfall jedoch erst nach längerer Zeit erfolg - reich durchgeführt werden. Zu Frage 5: Wie bereits in der Antwort zu Frage 4 ausgeführt, wird die Notwendigkeit von Betriebsbeschränkungen (Nachtabschaltung, Drosse - lung von Anlagen) bereits im Genehmigungsverfahren geprüft und festgesetzt. In der überwiegenden Zahl der Fälle führen die Ergebnisse aus Lärmmessungen (Abnahmemessungen oder behördliche Messungen) nicht zu nachträglichen Betriebsbeschränkungen. Die Qualität der Prognosen (Gutachten) wird durch die Gewerbeaufsicht überprüft. Die Kontrolle und Plausibilisierung ist sehr komplex. Nur in einigen Fällen (hier lagen keine Beschwerden vor) zeigten Abnahmemessungen, dass die Anlagen entgegen den Prognosen Richtwertüberschreitungen auslösen. In diesen Fällen mussten Leistungsreduzierungen an den Anlagen und damit Schallreduzierungen nachträglich veranlasst werden. Anlass von Beschwerden sind oftmals akustische Auffälligkeiten der Anlagen (z. B. Tonhaltigkeit, tieffrequente Geräuschanteile, erhöhtes Emissionsverhalten). Diese sind in der Regel in Defekten oder technischen Mängeln an der Anlage begründet, die durch den Anlagenbetreiber grundsätzlich behoben werden müssen und können. Bei Beschwerden über das allgemeine Geräuschniveau von Windkraftanlagen wurde bisher in der Regel über Abnahmemessungen oder eigene Messungen festgestellt, dass die einschlägigen Immissionswerte eingehalten sind. Die bisherigen Ergebnisse von Geräuschmessungen an Windkraftanlagen geben keinen Anlass für Änderungen an der bisherigen Praxis der Fachbehörde Immissionsschutz im Genehmigungsverfahren oder bei der Bearbeitung von Beschwerden. Ulrike Höfken Staatsministerin