Drucksache 16/3527 07. 05. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Bioabfälle in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 2288 vom 15. April 2014 hat folgenden Wortlaut: Bei getrennt erfassten Bioabfällen (147 kg pro Einwohner) liegt Rheinland-Pfalz auf dem 2. Platz unter den Bundesländern (Bundesdurchschnitt : 111 kg). Jedoch gibt es im Land zwischen den einzelnen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern erhebliche Unterschiede bei der getrennt erfassten Menge. So haben insgesamt derzeit landesweit acht öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger noch keine getrennte Erfassung von Biotonnenabfällen in ihrem Zuständigkeitsgebiet eingeführt. Gleichzeitig ist gemäß § 11 KrWG bis zum 1. Januar 2015 flächendeckend die Getrenntsammlung von Bioabfällen einzuführen. Angesichts dieser Rahmenbedingungen sieht Rheinland-Pfalz im Bioabfallberiech als Zielgröße 170 kg pro Einwohner im Teilabfallplan Siedlungsabfälle bis zum Jahr 2025 vor. Unter dieser getroffenen Annahme ergibt sich eine geplante landesweite Steigerung der Bioabfallverwertungsmenge von 587 800 Mg (2011) auf ca. 640 700 Mg im Jahr 2025. Dies entspricht einer Zunahme von ca. 52 900 Mg (19 %). Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie sehen die Bioabfallkonzepte der landesweit acht öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aus, die noch keine getrennte Erfassung von Biotonnenabfällen in ihrem Zuständigkeitsgebiet eingeführt haben bzw. wie ist der derzeitige Zwischenstand bei der Konzeptentwicklung? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Rechtslage bei der Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen? 3. Sind Ausnahmen von der Getrenntsammlung von Bioabfällen ab 1. Januar 2015 möglich? Wenn ja, welche Voraussetzungen sind dabei zu erfüllen? 4. Gibt es öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Rheinland-Pfalz, die die bundesgesetzlich vorgeschriebene Getrenntsammlung von Bioabfällen nicht umsetzen wollen? Liegen die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Getrenntsammlung bei diesen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern vor? 5. Wie unterstützt die Landesregierung diese Gebietskörperschaften bei der Erarbeitung von möglichst weitreichenden Bioabfallverwertungskonzepten ? 6. Welche bestehenden Konzepte bzgl. einer stofflichen und energetischen Nutzung von Bioabfällen gibt es in Rheinland-Pfalz? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 7. Mai 2014 wie folgt beantwortet: Bioabfälle stellen einen bedeutenden Teilstrom beim Siedlungsabfallaufkommen dar und sind aufgrund ihrer Zusammensetzung unter anderem in besonderem Maße geeignet, nach entsprechender Behandlung Primärenergieträger zu substituieren. Die verstärkte energetische Nutzung von Bioabfällen, insbesondere in Biogasanlagen, ist daher ein wichtiges Anliegen der Landesregierung. Die bei diesem Behandlungsprozess anfallenden Gärreste können in einem nachfolgenden Aufbereitungsschritt zu einem hochwertigen Kompost aufbereitet werden, der als Bodenverbesserungsmaterial mineralische Dünger ersetzt. Dieser kaskadenförmige Verwertungsansatz von Bioabfällen in der skizzierten Form ist Bestandteil des vor kurzem vom Ministerrat gebilligten rheinland-pfälzischen Siedlungsabfall wirtschaftsplans, der den entsorgungspflichtigen Körperschaften als Planungsgrundlage dient. Grundsätzlich ist ab dem 1. Januar 2015 die getrennte Erfassung der Bioabfälle im Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes für die entsorgungspflichtigen Körperschaften verpflichtend normiert. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. Mai 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3527 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Der derzeitige Stand der Konzeptentwicklung derjenigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die noch keine getrennte Erfassung von Biotonnenabfällen in ihren Zuständigkeitsbereichen eingeführt haben, stellt sich nach Angaben der zuständigen Strukturund Genehmigungsdirektionen wie folgt dar: Der Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb), der die Restabfallentsorgung für den Zweckverband Abfallwirtschaft im Raum Trier (A. R. T.) sowie für die Landkreise Bitburg-Prüm, Vulkaneifel und Bernkastel-Wittlich in Mertesdorf betreibt, will auf die Einführung der Biotonne dauerhaft verzichten und den Bioabfall weiterhin nach Trocknung in der mechanisch-biologischen Trocknungsanlage (MBT) Mertesdorf verbrennen lassen. Die im Landkreis Vulkaneifel bereits eingeführte Biotonne soll beibehalten werden. Für den Landkreis Cochem-Zell ist den Angaben zufolge beschlossen, ab 2015 die Biotonne einzuführen. Der Landkreis Südwestpfalz hat bereits im Dezember 2013 ein neues Abfallwirtschaftskonzept beschlossen, in dem die fristgerechte Einführung der Getrennterfassung des Bioabfalls durch eine flächendeckende Einführung der Biotonne zum 1. Januar 2015 vorgesehen ist. Die Stadt Frankenthal hat Ende 2013 ein Ingenieurbüro beauftragt, ein Konzept zu entwickeln, das den rechtlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten Rechnung trägt. Nach dortiger Auskunft ist die Einführung der Getrenntsammlung von Bioabfällen für 2016 geplant. Die Stadt Neustadt hat mitgeteilt, dass zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine Aussagen über den genauen Zeitpunkt der Einführung eines optimierten Bioabfallsystems erfolgen können. Eine Entscheidung über die künftige Erweiterung der Bioabfallsammlung wird nicht vor Mitte 2014 fallen. Der Landkreis Kusel sieht sich den Angaben zufolge aufgrund vertraglicher Bindungen derzeit außerstande, die Getrenntsammlung von Biotonnenabfällen fristgerecht ab 2015 durchzuführen. Die Einführung der Biotonne ist danach ab 2019 beabsichtigt. Zu Frage 2: Das unmittelbar geltende Bundesrecht verlangt, dass überlassungspflichtige Bioabfälle spätestens ab dem 1. Januar 2015 getrennt zu sammeln sind, soweit dies technisch möglich, wirtschaftlich zumutbar und für eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung unter Beachtung der EU-rechtlich verankerten Abfallhierarchie erforderlich ist. Zu deren Umsetzung gibt der Abfallwirtschaftsplan des Landes, Teilplan Siedlungsabfälle, der Einsammlung von Bioabfällen aus Haushaltungen über die Biotonne und einer anschließenden energetisch-stofflichen Verwertung durch Vergärung den Vorrang, weil dadurch zunächst ökologisch wertvolles Biogas zur Strom- und Wärmeerzeugung gewonnen wird und die kompostierten Gärreste als natürliche Düngemittel zur Substitution mineralischer Dünger geeignet sind. Zu Frage 3: Die Umsetzung der EU-rechtlich verankerten Abfallhierarchie verlangt, dass ausgehend von einem Vorrang des Recyclings vor der sonstigen Verwertung diejenige Maßnahme den Vorrang haben soll, die den Schutz von Mensch und Umwelt unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet (§ 6 Abs. 2 KrWG). Vor diesem Hintergrund muss ein öffentlich -rechtlicher Entsorgungsträger, der ganz oder teilweise auf die Getrenntsammlung verzichten will, substantiiert darlegen können, warum ihm anders als anderen Kommunen die Getrenntsammlung nicht zumutbar ist und wie er dennoch im Einklang mit der Abfallhierarchie die ökologischen Zielstellungen des geltenden Rechts erreichen will. Zu Frage 4: Nach Kenntnis der Landesregierung beabsichtigt ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger in Rheinland-Pfalz, der Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb) in Trier, dauerhaft auf die Einführung der Biotonne verzichten zu wollen. Ob die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Getrenntsammlung im Verbandsgebiet des RegAb vorliegen, wird dort derzeit im Dialog mit der SGD Nord als obere Abfallbehörde geprüft. Zu Frage 5: Neben der Bereitschaft, die betroffenen Gebietskörperschaften bei der Erarbeitung von Bioabfallverwertungskonzepten proaktiv zu begleiten, wurden in der Vergangenheit für die Entwicklung von Stoffstrommanagementkonzepten wiederholt Zuwendungsmittel des Landes bereitgestellt, soweit die Zuwendungsvoraussetzungen erfüllt waren. Zu Frage 6: Zur Verwertung der Biotonnenabfälle stehen in Rheinland-Pfalz sechs Kompostierungs- und fünf Vergärungsanlagen mit einer genehmigten Kapazität von ca. 296 000 Megagramm pro Jahr (Mg/a) zur Verfügung. In einer weiteren Anlage mit einer Kapazität von 40 000 Mg/a erfolgt die Aufbereitung der Bioabfälle in Grob- und Feinfraktionen, die nach entsprechender Konditionierung unterschiedlichen Entsorgungswegen zugeführt werden. Unter Nachhaltigkeitsaspekten vorzugswürdig sind Verfahrenskombinationen , die eine energetische und stoffliche Verwertung der Bioabfälle ermöglichen und dadurch Primärrohstoffe substituieren. Eveline Lemke Staatsministerin