Drucksache 16/3574 20. 05. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Haltung der Landesregierung zur Vorratsdatenspeicherung Die Kleine Anfrage 2300 vom 28. April 2014 hat folgenden Wortlaut: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung gekippt. Das Urteil bedeutet jedoch nicht das vollständige Aus für die Vorratsdatenspeicherung, sondern der EuGH hat die Hürden für die Anwendung ausgeweitet. Eine rechtskonforme Neuregelung sei unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und des Datenschutzes möglich. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie ist die aktuelle Haltung der Landesregierung zur Vorratsdatenspeicherung, hält sie diese für ein sinnvolles Instrument zur Verfolgung von Kriminalität? 2. Sieht die Landesregierung einen bundesgesetzlichen Handlungsbedarf eine rechtskonforme Regelung für die Anwendung der Vor- ratsdatenspeicherung vorzulegen? 3. Stimmt die Landesregierung mir zu, dass das Instrument der Vorratsdatenspeicherung zur Verfolgung von schwerer Kriminalität notwendig ist? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. Mai 2014 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das Bundesverfassungsgericht hat durch Urteil vom 2. März 2010 (1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08 und 1 BvR 586/08) für Recht erkannt, dass die die Vorratsdatenspeicherung betreffenden Teile des Gesetzes gegen Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßen und nichtig sind. In dem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass dem Gesetzgeber die Einführung einer sechsmonatigen anlasslosen Speicherung von Verkehrsdaten für qualifizierte Verwendungen im Rahmen der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Aufgaben der Nachrichtendienste verfassungsrechtlich nicht schlechthin verboten ist und dass es sich bei einer solchen Speicherung um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streubreite handelt, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt. Die angegriffenen Vorschriften zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung sind aber insgesamt nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, da weder die gesetzlichen Vorgaben für die Datensicherheit noch die Vorschriften zur Verwendung der Daten den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen und es damit zugleich auch der Speicherungspflicht an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Rechtfertigung fehlt. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 8. April 2014 (C – 293/12 und C – 594/12) für Recht erkannt, dass die Richtlinie 2006/24/EG gegen die Grundrechte der Europäischen Union auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten verstößt und deshalb ungültig ist. Er hat festgestellt, dass die durch die Richtlinie vorgeschriebene Vorratsspeicherung von Daten den Wesensgehalt der Grundrechte der Europäischen Union nicht antastet. Die Vorratsspeicherung stellt ein geeignetes und nützliches Mittel zur Verhütung und Verfolgung schwerer Straftaten dar, trägt somit zur öffentlichen Sicherheit bei und dient damit dem Gemeinwohl. Der Europäische Gerichtshof kommt aber zu dem Ergebnis, dass die konkrete Ausgestaltung der Vorratsspeicherung durch die angegriffene Richtlinie mit den Grundrechten der Europäischen Union unvereinbar ist. Eine Unionsregelung zur Vorratsspeicherung muss klare und präzise Regeln für die Tragweite und die Anwendung der fraglichen Maßnahme vorsehen und Mindestanforderungen aufstellen, sodass die Personen, deren Daten auf Vorrat gespeichert werden, über ausreichende Garantien verfügen, die einen wirksamen Schutz ihrer personenbezogenen Daten vor Missbrauchsrisiken sowie vor jedem unberechtigten Zugang zu diesen Daten und jeder unberechtigten Nutzung ermöglichen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 3. Juni 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3574 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage wie folgt: Zu Frage 1 und 3: Die elektronischen Medien eröffnen Tätern neue Möglichkeiten der Kommunikation und der Tatbegehung. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Speicherung von Verkehrsdaten immer mehr an Bedeutung. Die Landesregierung nimmt die rechtspolitischen Bedenken gegen die Speicherung von Telekommunikation-Verkehrsdaten aller Bürgerinnen und Bürger sehr ernst. Es gilt nun, die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger mit dem Interesse an der Aufklärung von schwersten Straftaten, in Einklang zu bringen. Dazu ist das Urteil des EuGH zunächst mit dem Ziel der Feststellung, welchen Raum es unter Beachtung der Grundrechte für eine entsprechende Regelung gibt, zu analysieren. Zu Frage 2: Grundsätzlich wird eine EU-weite Regelung zur Vorratsdatenspeicherung als hilfreich angesehen. Abhängig davon, wie sich der Rechtssetzungsprozess in der Europäischen Union entwickelt, wird über eine bundesgesetzliche Regelung zu entscheiden sein. Jochen Hartloff Staatsminister