Drucksache 16/3602 03. 06. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Anne Spiegel und Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Situation der Hebammen in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 2315 vom 8. Mai 2014 hat folgenden Wortlaut: Hebammen sind gesetzlich verpflichtet ihre Berufstätigkeit durch eine Berufshaftpflichtversicherung abzusichern. Aufgrund der drastisch steigenden Kosten im Schadensfall ziehen sich die Anbieter für Berufshaftpflichtversicherungen nach und nach zurück. Die Versicherungsbeiträge sind massiv gestiegen und so ist der Berufsstand der freiberuflichen Hebammen inzwischen in seiner Existenz akut bedroht. Wichtig ist insbesondere, dass den Frauen eine sichere berufliche Perspektive geboten wird und sie angemessen vergütet werden. Hebammen leisten einen unschätzbar wichtigen Beitrag für die Gesundheit und das Wohlergehen der Mütter und ihrer Babys vor, während und nach der Geburt. Neben dem Angebot der angestellten Hebammen in den Krankenhäusern sind die freiberuflichen Hebammen für viele werdende Mütter und Familien nicht wegzudenken. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele ambulant tätige Hebammen gibt es in Rheinland-Pfalz (aufgeschlüsselt für die Jahre 2009 bis 2013)? 2. Wie sieht das Betreuungsverhältnis zwischen Frauen von 15 bis 44 Jahren und ambulant tätigen Hebammen aus? 3. Wie viele Hausgeburten, Geburten in Geburtshäusern, Geburten in Kreißsälen fanden in Rheinland-Pfalz im Zeitraum 2009 bis 2013 statt (aufgeschlüsselt nach Jahr und nach Kommunen)? 4. Wie viele Geburtshäuser, Geburtsstationen, Kreißsäle wurden in den Jahren 2009 bis 2013 geschlossen oder neu eröffnet (aufge- schlüsselt nach kreisfreien Städten und Landkreisen sowie nach Jahren)? 5. Wie viele Schwangere haben 2009 bis 2013 eine Hebamme für die Vorsorge, Nachsorge, für Geburtsvorbereitungskurse und für Rückbildungskurse in Anspruch genommen (aufgeschlüsselt nach kreisfreien Städten und Landkreisen sowie nach Jahren)? 6. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle Diskussion und die Lösungsvorschläge auf Bundesebene und welche Haltung nimmt die Landesregierung hierzu ein? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 3. Juni 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nach Auskunft des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz liegen Daten zu den ambulant tätigen Hebammen aktuell bis zum Jahr 2012 vor. Im Zeitraum 2009 bis 2012 stellt sich die Zahl der ambulant tätigen Hebammen in Rheinland-Pfalz wie folgt dar: Tabelle 1: Ambulant tätige Hebammen in Rheinland-Pfalz im Zeitraum 2009 bis 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 18. Juni 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode 2009 2010 2011 2012 Ambulant tätige Hebammen 574 594 599 603 Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz 2014. Drucksache 16/3602 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 2.: Im Zeitraum zwischen den Jahren 2009 und 2012 ist das Verhältnis von betreuenden Hebammen je 100 000 Frauen zwischen 15 bis 44 Jahre gestiegen. Im Jahr 2009 betreuten 77 ambulant tätige Hebammen 100 000 Frauen. Im Jahr 2012 betrug diese Zahl 85,3. Das Betreuungsverhältnis zwischen ambulant tätigen Hebammen und Frauen zwischen 15 bis 44 Jahren stellt sich im Zeitraum 2009 bis 2012 wie folgt dar: Tabelle 2: Betreuungsverhältnis ambulant tätige Hebammen und Frauen zwischen 15 bis 44 Jahren in Rheinland-Pfalz im Zeitraum 2009 bis 2012 2 2009 2010 2011 2012 Betreuungsverhältnis je 100 000 Frauen 77,0 81,3 83,4 85,3 15 bis 44 Jahre Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz 2014. Zu 3.: Das Statistische Landesamt kann die Anzahl der Geburten in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern und für Rheinland-Pfalz insgesamt sowie für die Kreise für die Jahre 2003 bis 2012 darstellen (Tabellen 3 und 4). Hieraus kann aber nicht auf die Anzahl der Hausgeburten und der Geburten in Geburtshäusern geschlossen werden. Tabelle 3: Geburten in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern 2003 bis 2012 Jahr Entbindungen lebend geborene Kinder tot geborene Kinder 2003 32 273 32 678 90 2004 31 436 32 000 94 2005 30 825 31 203 74 2006 30 130 30 515 89 2007 31 208 31 689 72 2008 31 431 31 875 70 2009 30 089 30 445 83 2010 30 627 31 067 62 2011 30 056 30 513 62 2012 30 290 30 743 79 Quelle: Krankenhausstatistik 2014. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3602 Tabelle 4: Geburten in den Kreisen und Rheinland-Pfalz insgesamt 2003 bis 2012 3 Kreis 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Koblenz, kreisfreie Stadt 986 910 914 858 930 990 905 931 996 948 Ahrweiler 1 009 1 025 970 924 941 892 873 865 878 855 Altenkirchen (Westerwald) 1 093 1 092 1 132 1 100 1 073 1 073 939 1 020 960 978 Bad Kreuznach 1 320 1 277 1 194 1 156 1 239 1 297 1 202 1 253 1 229 1 198 Birkenfeld 683 715 639 647 679 639 637 582 606 615 Cochem-Zell 534 549 534 467 492 496 428 455 422 431 Mayen-Koblenz 1 728 1 789 1 656 1 636 1 711 1 702 1 615 1 609 1 584 1 619 Neuwied 1 714 1 578 1 481 1 482 1 480 1 393 1 386 1 390 1 390 1 348 Rhein-Hunsrück-Kreis 876 905 826 778 764 777 800 705 702 733 Rhein-Lahn-Kreis 1 068 1 011 936 1 015 934 973 895 842 870 863 Westerwaldkreis 1 812 1 776 1 700 1 732 1 610 1 640 1 548 1 620 1 496 1 534 Trier, kreisfreie Stadt 905 861 916 907 902 924 945 954 922 937 Bernkastel-Wittlich 941 968 850 858 869 852 794 886 833 771 Eifelkreis Bitburg-Prüm 795 832 812 729 801 743 767 755 729 740 Vulkaneifel 539 514 510 453 504 428 455 440 392 438 Trier-Saarburg 1 176 1 139 1 107 1 083 1 153 1 191 1 158 1 159 1 111 1 088 Frankenthal (Pfalz) 366 386 359 327 380 364 343 410 379 371 Kaiserslautern, kreisfreie Stadt 843 780 771 763 832 810 785 784 845 821 Landau in der Pfalz, kreisfreie Stadt 358 393 377 339 368 374 371 376 362 378 Ludwigshafen, kreisfreie Stadt 1 511 1 497 1 525 1 484 1 619 1 527 1 462 1 647 1 618 1 596 Mainz, kreisfreie Stadt 1 722 1 704 1 739 1 726 1 825 1 803 1 802 1 854 1 879 1 903 Neustadt a. d. W., kreisfreie Stadt 456 457 448 417 413 413 359 464 394 398 Pirmasens, kreisfreie Stadt 351 324 291 319 338 323 322 294 309 321 Speyer, kreisfreie Stadt 458 417 451 414 407 436 427 427 449 441 Worms, kreisfreie Stadt 759 722 771 741 755 798 645 712 719 750 Zweibrücken, kreisfreie Stadt 278 275 261 270 268 275 244 235 242 268 Alzey-Worms 1 105 1 061 997 1 025 1 030 971 980 943 950 1 009 Bad Dürkheim 1 079 998 955 942 899 923 933 941 883 919 Donnersbergkreis 685 704 657 674 606 594 590 563 585 547 Germersheim 1 070 1 053 1 094 1 037 1 122 1 082 1 008 997 1 000 1 020 Kaiserslautern 880 873 882 817 837 840 799 812 798 821 Kusel 586 552 588 511 508 532 514 522 461 500 Südliche Weinstraße 790 877 790 799 802 795 770 741 788 750 Rhein-Pfalz-Kreis 1 069 1 043 1 036 996 1 067 1 065 1 037 1 061 1 076 1 088 Mainz-Bingen 1 810 1 671 1 770 1 660 1 721 1 666 1 554 1 706 1 579 1 563 Südwestpfalz 728 693 653 669 657 622 589 619 645 609 Insgesamt 34 083 33 421 32 592 31 755 32 536 32 223 30 881 31 574 31 081 31 169 Quelle: Statistisches Landesamt 2014. Möglicherweise wird die Datengrundlage künftig durch eine auf der Bundesebene vorzunehmende Gesetzesänderung verbessert. So hat das Bundesministerium für Gesundheit mit Datum vom 30. April 2014 den Abschlussbericht der auf Bundesebene eingerichteten Interministeriellen Arbeitsgruppe zur Sicherstellung der Hebammenversorgung veröffentlicht und mitgeteilt, welche Maßnahmen der Bundesgesundheitsminister zur Verbesserung der Hebammenversorgung beabsichtige, umzusetzen. Drucksache 16/3602 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Unter anderem solle die Datengrundlage im Bereich der Hebammenversorgung verbessert werden. Laut Bundesministerium für Gesundheit seien bereits Maßnahmen eingeleitet worden, die ab dem Jahr 2015 eine genauere Erfassung der Geburten nach dem Ort der Geburt (Art der Einrichtung, in der entbunden wurde) sicherstellen sollen. Darüber hinaus seien weitere Erkenntnisse erforderlich über das Auftreten und die Ursachen von Geburtsschäden. Hierzu werde das Bundesministerium für Gesundheit ein Gutachten in Auftrag geben, dessen Erkenntnisse ein wichtiger Beitrag zur zukünftigen Fehlervermeidung darstellen sollte. Zu 4: Seit dem Jahr 2009 wurden geburtshilfliche Stationen oder Fachabteilungen in folgenden Krankenhäusern geschlossen: – Krankenhaus Boppard (Schließung 2013), – Marienkrankenhaus Eifel, Standort Gerolstein (Schließung 2013), – St. Josef-Krankenhaus Hermeskeil (Schließung 2013), – Kreiskrankenhaus Saarburg (Schließung 2013), – Hochstift Worms (Schließung 2011). Informationen zu Geburtshäusern liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 5: Zu dieser Fragestellung liegen der Landesregierung keine Angaben vor. Zu 6.: Im Rahmen der Verhandlungen zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD auf Bundesebene hatte sich Minister Schweitzer für eine Verbesserung der Situation der Hebammen eingesetzt. Ergebnis war, dass im Vertrag folgende Absichtserklärung zur Unterstützung der Geburtshilfe und der Hebammen aufgenommen wurde: „Die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe ist uns wichtig. Wir werden daher die Situation der Geburtshilfe und der Hebammen beobachten und für eine angemessene Vergütung sorgen“. Der Bundesminister für Gesundheit hat angekündigt, dass er die gesetzlichen Krankenkassen künftig stärker in die Pflicht nehmen wolle. Er hat vorgeschlagen, durch einen Sicherstellungszuschlag der Kassen die Finanzlage der Hebammen zu verbessern, die Geburtshilfe anbieten. Der Sicherstellungszuschlag soll den Hebammen zugute kommen, die nur wenige Geburten betreuen, da sie gestiegene Kosten auch nicht durch die von den Kassen bereits angekündigte Erhöhung der Honorare für Geburten auffangen könnten . Dies sei vor allem ein Problem im ländlichen Bereich. Nach Zahlen des Hebammenbundesverbandes muss eine Hebamme aktuell sechs Geburten zu Hause, acht in einem Geburtshaus oder fünfzehn in einem Belegkrankenhaus begleiten beziehungsweise betreuen, um den Gegenwert der Versicherungsprämie zu verdienen . Laut Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe zur Sicherstellung der Hebammenversorgung führen 80 Prozent der Hebammen maximal zehn Hausgeburten pro Jahr durch. Außerdem sollen die Kassen laut Bundesministerium für Gesundheit auf Regressansprüche verzichten. Hierfür sollen die regress - fähigen Kosten der Sozialversicherungsträger in Bezug auf die Hebammen durch eine Änderung des § 116 den Zehnten Buches Sozial - gesetzbuch begrenzt werden. Bei den gesetzlichen Krankenkassen stößt der Vorstoß allerdings auf Ablehnung, da diese auf den Gleichbehandlungsgrundsatz verweisen . Da andere Berufstätige – auch im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung – weiterhin für ihre Fehler geradestehen müssten, sollte dies auch bei den Hebammen weiterhin so sein. Das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben laut Abschlussbericht rechtliche Bedenken gegen eine Beschränkung der Regressmöglichkeit auf eine bestimmte Berufsgruppe geäußert. Außerdem führe eine solche Regelung zu einer verfassungswidrigen finanziellen Belastung der Beitragszahler der jeweiligen Sozialversicherungszweige, deren Verteilungswirkung unklar sei. Nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales handelt es sich bei der Entlastung der Hebammen um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die somit nicht aus den Beitragsgeldern der Krankenversicherten getragen werden sollte. Darüber hinaus sollen laut Bundesministerium für Gesundheit gesetzliche Regelungen zu den Qualitätsanforderungen in der Geburtshilfe vereinbart und die Datengrundlage im Bereich der Hebammenversorgung verbessert werden. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Abschlussberichtes hat der Bundesminister für Gesundheit in einem Schreiben vom 29. April 2014 an die Mitglieder der interministeriellen Arbeitsgruppe, den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3602 und die Gesundheitsministerkonferenz der Länder angekündigt, dass er in den nächsten Wochen in den Fraktionen im Deutschen Bundestag, bei den Ländern und im Kreis der Bundesregierung für eine entsprechende Unterstützung der Vorschläge und eine zeitnahe Umsetzung werben wolle. Nach Einschätzung der Landesregierung sind die aufgeführten Vorschläge des Bundesministeriums für Gesundheit bislang noch sehr vage und die schriftlichen Äußerungen des Bundesministers für Gesundheit lassen nicht eindeutig erkennen, ob er weitere Maßnahmen umsetzen, welche Wege er dabei beschreiten will und welchen Zeithorizont er sieht. Unklar ist auch, wie die verschiedenen Maßnahmen rechtssicher umgesetzt werden können. Die Hebammenverbände selbst haben bislang ebenfalls vorsichtig Zustimmung geäußert und ansonsten kritisiert, dass die Vorschläge keine langfristige Lösung böten. Alexander Schweitzer Staatsminister 5