Drucksache 16/3612 04. 06. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Petra Elsner und Ruth Leppla (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Frauen und Männer arbeiten weiterhin in geschlechterspezifischen Berufen Die Kleine Anfrage 2329 vom 15. Mai 2014 hat folgenden Wortlaut: Laut einer Studie ist die geschlechterspezifische Berufswahl nach wie vor ausgeprägt. So arbeiten Frauen weiterhin in typischen Frauenberufen , wie Arzthelferin oder Erzieherin und Männer vorwiegend in Männerberufen, wie Tischler oder Automechaniker. Bewegung gibt es hauptsächlich im Bereich der höher qualifizierten Jobs. So stieg der Frauenanteil in mittel qualifizierten Berufen um sieben Prozentpunkte, in höher qualifizierten Berufen immerhin um neun Prozentpunkte und in akademischen Berufen um erfreuliche 16 Prozentpunkte an. Dagegen ging der Frauenanteil in den niedriger qualifizierten Berufen etwas zurück. Männer arbeiten hingegen sogar fast zu zwei Drittel in männerdominierten Berufen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Maßnahmen werden seitens der Landesregierung bereits unternommen und sind in Planung, um den in der Studie be- schriebenen Gegebenheiten entgegenzuwirken? 2. Wie schätzt die Landesregierung die Gründe für die offensichtliche Unattraktivität von typischen Frauenberufen für Männer ein? 3. Wie schätzt die Landesregierung die Möglichkeit ein, dass die Arbeitsagenturen dazu beitragen können, die geschlechterspezifi- sche Berufswahl aufzubrechen? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 4. Juni 2014 wie folgt beantwortet: Rund 60 % aller in Westdeutschland beschäftigten Frauen arbeiten in typischen Frauenberufen, sogar rund zwei Drittel der Männer in typischen Männerberufen. Diese berufliche Geschlechtersegregation – die ausgeprägte Trennung von erwerbstätigen Frauen und Männern in unterschiedliche Berufe und Berufsgruppen – ist ein Phänomen, das die Arbeitsmärkte weltweit kennzeichnet. *) Ursache hierfür ist zum Einen die nach wie vor unterschiedlichen Berufswahlpräferenzen von Frauen und Männern, die durch gesell - schaftlich vorherrschende Rollenmodelle geprägt sind. Zum Anderen tragen die bei Personalverantwortlichen immer noch vorhan - denen Geschlechterstereotypen dazu bei, dass die bestehende Segregation aufrecht erhalten wird. Angesichts des wachsenden Fachkräftebedarfs gilt es, der Geschlechtersegregation am Arbeitsmarkt entgegen zu wirken. Schon heute ist es in einigen Berufen wie zum Beispiel dem frauendominierten Pflegebereich oder dem männerdominierten Ingenieurbereich immer schwieriger, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. Juni 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode *) IAB-Kurzbericht 9/2014. Drucksache 16/3612 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 1: Die berufliche Segregation beginnt bereits bei der Berufswahl. Daher unterstützt die Landesregierung besonders Projekte, die junge Menschen – Mädchen und Jungen – sensibilisieren, bei der beruflichen Orientierung über das übliche Spektrum der für das jeweilige Geschlecht typischen Beruf hinaus zu schauen. Im Einzelnen: – Seit 14 Jahren beteiligt sich die Landesregierung erfolgreich am „ Girls'Day – Mädchen-Zukunftstag“. An diesem Tag können Mädchen und junge Frauen in typische Männerberufe hinein schnuppern und sich über Berufsbilder informieren, in denen Frauen kaum anzutreffen sind. – Innerhalb des Projekts Mädchenwerkstatt „girlspower“ in Ludwigshafen erhalten Mädchen (z. T. mit Migrationshintergrund) am Übergang von der Schule in den Beruf Hilfen zur Lebensplanung und Berufsorientierung bis hin zur Begleitung in die Berufsausbildung. Dabei handelt es sich um ein kombiniertes Angebot aus handwerklicher Praxis, Lernunterstützung und berufsorientierenden Maßnahmen. – Das Projekt „MuT – Mentorinnen unterstützen weibliche Teenager beim Einstieg in das Berufsleben“ werden junge Migrantinnen durch eine individuelle Begleitung am Übergang von der Schule in den Beruf unterstützt und beraten. Die Mentorinnen helfen „ihrer“ Mentee den Blick auf die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten zu erweitern und ihre eigenen beruflichen Ziele und Perspektiven zu entwickeln und umzusetzen. – Im Ada-Lovelace-Projekt nehmen weibliche Studierende und Auszubildende aus Fächern und Berufen des MINT-Bereichs (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) Kontakt zu Schülerinnen auf und informieren diese über sich und ihren Studiengang bzw. ihre Ausbildung. – Die Fachstelle Jungenarbeit Rheinland-Pfalz/Saarland führt vielfältige Maßnahmen im Bereich der Jungenpädagogik durch. Darunter u. a. das Projekt „Sozial engagierte Jungs“, in dem Jungen der Klassenstufen 8 bis 10 nachmittags ehrenamtlich in Tages - einrichtungen für Kinder tätig sind. Dabei werden sie von Mentoren begleitet und unterstützt. – Kleinere, regionale Maßnahmen wie zum Beispiel spezielle Berufsorientierungsangebote für Mädchen bei Berufsbildungsmessen werden ebenfalls finanziell unterstützt. Unter dem Arbeitstitel „Gendersensible Berufsorientierung“ ist für die Zukunft ein auch aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziertes Projekt geplant, das an den strukturellen Rahmenbedingungen ansetzen wird, um der beruflichen Segregation für beide Geschlechter entgegen zu wirken. Zu Frage 2: Die Unattraktivität typisch weiblicher Berufe für Männer hat vielfältige Ursachen. Neben der vergleichsweise schlechteren Bezahlung sind die geringeren Aufstiegsmöglichkeiten und vielfach ungünstigen Arbeitszeiten in den typischen Frauensparten ein Hinderungsgrund für Männer, die entsprechenden Berufe in die Auswahl zu nehmen. Hinzu kommt das traditionelle Rollenverständnis , aus dem sich Neigungen entwickeln, die dem Image, das weiblichen Berufen anhaftet, entgegenstehen. Zu Frage 3: Die Arbeitsagenturen nehmen hier eine wichtige Schlüsselrolle ein. Unverzichtbar sind die schon bestehenden Kooperationen mit den Schulen. Die Berufsberaterinnen und Berufsberater thematisieren bereits heute in ihren Gesprächen mit Jugendlichen die anstehende Berufswahl, erläutern die bestehenden Möglichkeiten und zeigen Alternativberufe auf, um den geschlechtertypischen Berufs wünschen auch andere Perspektiven entgegen zu setzen. Der Berufswahltest, der vom Berufspsychologischen Service der Agentur für Arbeit angeboten wird, hilft dabei etwas über die eigenen Interessen, Stärken und Schwächen sowie die Eignung für bestimmte Berufe zu erfahren. Im „Planet Beruf“ – einer Veröffentlichung der Bundesagentur – werden explizit Mädchen für MINT-Berufe und Jungs für eine Ausbildung im Pflegebereich angesprochen. Die bisherigen Bemühungen von Seiten der Bundesagentur gilt es fortzuführen bzw. noch zu intensivieren, um den Bedarfen des Arbeitsmarktes auch in Zukunft gewachsen zu sein. Irene Alt Staatsministerin