Drucksache 16/368 26. 09. 2011 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Pia Schellhammer und Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Stand der Umsetzung der Empfehlungen der Enquete-Kommission „Jugend und Politik“ Die Kleine Anfrage 239 vom 1. September 2011 hat folgenden Wortlaut: In der 14. Legislaturperiode legte die Enquete-Kommission „Jugend und Politik“ umfangreiche Vorschläge für die Stärkung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in ihrem Abschlussbericht vor. Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Empfehlungen der Enquete-Kommission wurden inzwischen umgesetzt? 2. Welche Umsetzungsperspektive sieht die Landesregierung für die Vorschläge der Enquete-Kommission? 3. Welche Bemühungen wurden darüber hinaus unternommen, um die Partizipation von Kindern und Jugendlichen zu stärken? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. September 2011 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 3: In der Umsetzung der Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission 14/3 „Distanz zwischen jungen Menschen und Politik überwinden – Beteiligung weiter entwickeln, Demokratie stärken“ konzentriert sich die Landesregierung im Wesentlichen auf fünf Kernpunkte aus der Arbeit der Kommission, die handlungsleitend für ergriffene und künftige Maßnahmen, Projekte und Initiativen sind: 1. Engagement und Beteiligung ist ein lebensbegleitender Prozess. Er sollte bereits in den Einrichtungen der Elementarerziehung beginnen und in den Schulen, der außerschulischen Jugendarbeit, den ausbildenden Betrieben und Hochschulen fortgesetzt werden. 2. Schulen sollen das Interesse an gesellschaftlichen und politischen Fragen von Kindern und Jugendlichen nicht nur im Sozialkundeunterricht stärker aufgreifen, sondern dies insgesamt als pädagogische Aufgabe sehen. 3. Jugendliche sind nicht generell unpolitisch, desinteressiert und gelangweilt, wie häufig behauptet wird. Es gibt ein hohes soziales und gesellschaftliches Engagement in Projekten verschiedenster Art, was zu stärken ist. 4. Der Schritt vom Interesse zum Engagement erfolgt vor allem dann, wenn es Erwachsene gibt, die diesen Prozess mit der nötigen Sensibilität und dem erforderlichen Können begleiten. 5. Eine offensive, umfassende und nicht nachlassende Aufklärung von Kindern und Jugendlichen über rechtsextreme Aktivitäten und Ideologien ist von eminenter Bedeutung. Die Landesregierung setzt bezogen auf diese Kernpunkte die Empfehlungen der Enquete-Kommission kontinuierlich um. Dabei kann von der Sache her vieles nicht als abgeschlossen betrachtet werden, da es um Entwicklungsprozesse geht. Nachfolgend werden in diesem Sinne exemplarisch Maßnahmen aus unterschiedlichen Bereichen genannt: I. Maßnahmen im Bereich Kindertagesstätten: – Die jährlichen Treffen der Fachberaterinnen und Fachberater nehmen die Umsetzung der Bildungs- und Erziehungsempfehlungen und damit auch das Thema Partizipation in den Blick. Der Themenschwerpunkt „Partizipation“, der als Schwer- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 7. Oktober 2011 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/368 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode punktthema im Anschluss an die Ergebnisse der Enquete-Kommission vorgesehen war, musste aufgrund des aufkommenden Topthemas „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ und der entsprechenden Rückmeldungen der Fachpraxis in veränderter Weise aufgegriffen werden, nämlich durch die Benennung einer Konsultationskita zum Schwerpunkt „Partizipation “ sowie durch Einrichtung des Kita-Server: www.kita.rlp.de. – Konsultationskindertagesstätten: Um das „Lernen von der Praxis für die Praxis“ zu ermöglichen, wurden 2007 erstmals für eine Laufzeit von drei Jahren zehn Konsultationskindertagesstätten benannt. Nach dem ersten erfolgreichen Durchlauf wurden Anfang 2011 zehn neue Einrichtungen ausgewählt. Das Kinderhaus St. Alban/St. Jakobus in Mainz war die erste Konsultationskindertagesstätte zum Themenschwerpunkt „Partizipation“. Die Kinderkrippe Tannenweg in Ingelheim ist im aktuellen Durchlauf Referenzeinrichtung für das Themenfeld. Die ausgewählten Einrichtungen sind in ihrem konzeptionell verankerten Themenschwerpunkt beratend und unterstützend für andere Kindertagesstätten tätig. Sie haben sich als Referenzkindertagesstätte für Hospitationen geöffnet. Für diese Tätigkeit bekommen sie jeweils bis zu 15 000 Euro jährlich. – Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen steht in regelmäßigem Austausch mit den Verantwortlichen für die Studiengänge für die Kita-Praxis an der Fachhochschule Koblenz. Zum Themenfeld „Partizipation“ hält die Fachhochschule u. a. fest, dass sich im Studiengang „Pädagogik der Frühen Kindheit“ die Inhalte der Partizipation von Kindern in mehreren Modulen finden. Der neue Duale Studiengang „Bildung und Erziehung“ (seit März 2011) wird ebenfalls die Partizipation von Kindern als pädagogisches Prinzip generell berücksichtigen und speziell in mehreren Modulen aufgreifen. – Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, die Staatskanzlei und das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Rheinland-Pfalz, die Bertelsmann Stiftung sowie die Caritas und die Diakonie veranstalten im April 2012 eine gemeinsame Fachtagung zum Thema „Kindertagesstätten und Bürgerschaftliches Engagement“. Ziel der Tagung ist es, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Praxis und Politik sowohl eine Bestandsaufnahme von Ansätzen und Konzepten als auch die Beschreibung von Entwicklungsmöglichkeiten in Kitas aus einer bürgergesellschaftlichen Perspektive vorzunehmen. II. Maßnahmen im Bereich Schule: – Nach Ablauf des Modellprojekts „Demokratie lernen und leben“ der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK), an dem 14 Schulen teilgenommen hatten, wurde im Frühjahr 2007 am Pädagogischen Zentrum eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die die Aufgabe hat, die Ergebnisse bzw. Erfahrungen zu transferieren und die Aktivitäten mit den Partnerorganisationen zu koordinieren. Im Rahmen des Transfers, für den ausschließlich Landesmittel verwandt werden, wurden unter anderem vier regionale Schulnetzwerke von Schulen für Partizipation und Demokratie gegründet, eine Vielzahl von Fort- und Weiterbildungsangeboten durchgeführt (darunter die sogenannte Klassenratskampagne zur Verbreitung des Klassenrats als Grundlage und Instrument demokratiepädagogischer Schulentwicklung), demokratiepädagogische Angebote an der Johannes Gutenberg-Universität und an der Universität Koblenz-Landau (Campus Koblenz) gemacht. – Die Internetseite www.demokratielernenundleben.rlp.de ist eingerichtet, über die sich alle Interessierten über die Entwicklung des Transfers, über Instrumente der Demokratisierung von Schulen oder über Kontaktmöglichkeiten informieren können. – Landesdemokratietage Rheinland-Pfalz: Die Demokratietage, die seit 2007 jährlich im Herbst in Rheinland-Pfalz stattfinden, sind ein wichtiges Instrument zur Fortführung und Multiplizierung der im BLK-Programm entwickelten Strategien und Bausteine zum frühen Demokratielernen in und mit Schulen. – Um das Interesse an gesellschaftlichen und politischen Fragen von Kindern und Jugendlichen nicht nur im Sozialkundeunterricht stärker aufgreifen zu können, wurden im Rahmen der politischen Bildung in und außerhalb von Schulen Projekte gestartet . Zwei Beispiele: – Der „Wahlomat“ wird in Rheinland-Pfalz durch die Landeszentrale für politische Bildung finanziert, organisiert und online im Internet und offline den Kommunen für sogenannte „Wahlecken“ angeboten. Die Landeszentrale machte dieses Angebot bei den Landtagswahlen 2006, bei den Europa-, Kommunal- und Bundestagswahlen 2009 und erneut bei der Landtagswahl 2011. – Seit 2007 wird der „Tag des politischen Gesprächs“ in Rheinland-Pfalz durchgeführt. Ähnlich wie bei dem Schulbesuchstag des Landtags besuchen an diesem Tag Menschen des politischen Lebens Schulen, um dort mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Dieser Tag ist direktes Ergebnis der Enquetekommission Jugend und Politik. – Ein wichtiger Aspekt bei der Demokratisierung von Schule ist die Reform der Landesschülervertretung, die per Schulgesetzänderung im Jahr 2009 eine Vertretung für alle weiterführenden Schulen ist und nicht mehr nur die Gymnasien und die Integrierten Gesamtschulen vertritt. Im Koalitionsvertrag ist zudem festgehalten, dass bei der nächsten Schulgesetznovellierung eine Stärkung der Schülerrechte vorgesehen ist. In Vorbereitung dazu wurde im Bildungsministerium bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet. – Maßnahmen der politischen Bildung: Seit dem Jahr 1999 wird die Juniorwahl bundesweit zu Landtagswahlen, Bundestagswahlen und Europawahlen durchgeführt und angeboten. Rheinland-Pfalz nimmt seit 2002 regelmäßig an den Juniorwahlen 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/368 teil. Auch im Jahr 2011 wurde die Juniorwahl in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem Landtag Rheinland-Pfalz den Schulen der Sekundarstufe I und II angeboten. Die Zahl der teilnehmenden Schulen hat sich von Mal zu Mal erhöht. 2011 haben 131 Schulen und rund 25 000 Schülerinnen und Schüler teilgenommen. Grundsätzlich gilt für die Angebote der politischen Bildung, dass die Landesregierung Angebote macht, diese über die zur Verfügung stehenden Kommunikationswege bewirbt und sie jeweils mit Personal- und Sachressourcen ausstattet. Damit ist allerdings nur die Basis gelegt. Gerade bei Projekten, die den Dialog zwischen Jugend und Politik zum Ziel haben, bedarf es einer Unterstützung durch Politikerinnen und Politiker und ein Zugehen auf Schulen. III. Maßnahmen, um kommunalpolitisch Verantwortliche, Verantwortliche im Bereich Kinder- und Jugendarbeit sowie junge Menschen selbst zu erreichen: Auf vielfältige Weise wurden und werden für die Akteure und Akteurinnen der Kommunalpolitik, für die pädagogischen Fachkräfte der Jugendarbeit und für die Kinder und Jugendlichen selber Konzepte bzw. Handlungsleitfäden entwickelt und weiterentwickelt sowie Fortbildungen und Veranstaltungen zur Förderung der Kinder- und Jugendpartizipation durchgeführt. Auch hier einige Beispiele: – Bis heute wurden seit dem Beschluss der Enquete-Kommission in Rheinland-Pfalz 47 Kinder(stadt)pläne mit insgesamt 179 898 € vom Jugendministerium bezuschusst. Kinder(stadt)pläne werden gemeinsam mit Kindern erarbeitet, um die Angebote für Kinder darzustellen, aber ebenso auch um Gefahrenquellen und Entwicklungsbedarfe deutlich zu machen. – Seit dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission Ende 2005 sind bis heute 24 neue Spielleitplanungsgemeinden hinzugekommen , die gemeinsam durch das Umweltministerium und das Jugendministerium mit über 350 000 € gefördert wurden (derzeit insgesamt 41 Gemeinden, die die Spielleitplanung durchführen, vier weitere Gemeinden haben für 2012 ihr Interesse angemeldet). – Um Kinder in benachteiligten Wohngebieten zur aktiven Teilhabe zu gewinnen, wurde 2006 die Broschüre „Leitlinien für Beteiligungsaktionen mit Kindern in benachteiligten Wohngebieten“ verbreitet. Die Weiterentwicklung der BroschürenReihe mit Leitlinien zur kinderfreundlichen Gestaltung von Einrichtungen und Kommunen wurde fortgesetzt. Mit den „Leitlinien zur kinder- und jugendfreundlichen Dorfentwicklung“ wurde 2010 eine Broschüre vorgelegt, die für die Interessen und Bedürfnisse von jungen Menschen sensibilisiert und beispielhafte Maßnahmen und Methoden für deren Berücksichtigung bei der Dorfentwicklung aufzeigt. Die Broschüre richtet sich sowohl an die Verwaltung als auch an Planerinnen und Planer und haupt- wie ehrenamtlich in der Politik Engagierte. – Um die Methode des „Come in Contract“, bei der verbindliche Verträge zwischen kommunalpolitisch Verantwortlichen und Jugendlichen geschlossen werden, weiter zu stärken und umzusetzen, wurde in Kooperation mit dem Bund Deutscher PfadfinderInnen die Broschüre „Zukunft nur mit uns! – Beteiligung von Jugendlichen in der Kommune“ entwickelt (2008). Diese Broschüre wurde an die Kommunen versandt (und wurde aufgrund der hohen Nachfrage nachgedruckt, Download: www.net-part.rlp.de). Auch berät und fördert das Ministerium Kommunen, Jugendforen durchzuführen und dabei die Methode des „Come in Contract“ anzuwenden. – Der „Praxisordner So geht’s“, der in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung herausgegeben wird, wendet sich sowohl an kommunale Jugendvertretungen und Jugendinitiativen, ist aber ebenso eine Informations- und Arbeitsgrundlage für kommunalpolitisch Verantwortliche und pädagogische Fachkräfte der Jugendarbeit, die Jugendvertretungen aufbauen und unterstützen möchten. Im Frühjahr 2010 ist der Praxisordner aufgrund der hohen Nachfrage in aktualisierter Form erschienen. Er ist über die Net-Part-Seite (www.net-part.rlp.de) als Download verfügbar. Die praktische Arbeitshilfe enthält u. a. rechtliche Grundlagen, Wahlmodalitäten für eine Jugendvertretung, Methoden zur Ideenfindung für Projekte und Projektmanagement, Mustersatzungen für Jugendvertretungen sowie Praxistipps und weiterführende Informationen für die Jugendvertretungen. – Die Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte der Jugendarbeit im Bereich Beteiligung werden in Kooperation mit dem Sozialpädagogischen Fortbildungszentrum (SPFZ) konsequent fortgesetzt (jährlich eine zweiteilige, modular aufgebaute Fortbildung zum Thema „Beteiligung von Mädchen und Jungen in der Kommune“). – Die fachliche Unterstützung und Qualifizierung der kommunalen Jugendvertretungen sind fester Bestandteil der Förderung der Kinder- und Jugendbeteiligung durch das Land, daher werden die Praxisseminare „Fit für Mitbestimmung“ und die landesweiten Treffen der kommunalen Jugendvertretungen kontinuierlich fortgeführt. Im Herbst dieses Jahres findet das 10. landesweite Treffen der kommunalen Jugendvertretungen im Rahmen einer Jubiläumsveranstaltung statt. – Als Anerkennung des Engagements in Beteiligungsprojekten sowie zur Motivation und Unterstützung für weitere Beteiligungsaktivitäten wurde 2008/2009 erstmals der Landeswettbewerb „Wir bestimmen mit!“ ausgeschrieben. Ausgezeichnet wurden – in den Kategorien Schule, Jugendvertretungen und Jugendinitiativen – innovative und auf Nachhaltigkeit setzende Best-Practice-Projekte. Insgesamt war der Förderpreis mit 10 000 € ausgeschrieben. Es ist beabsichtigt, den Förderpreis erneut auszuschreiben. – Ministerpräsident Kurt Beck hat 2008 erstmals den Preis „Engagement leben, Brücken bauen, Integration stärken“ ausgeschrieben . Mit dem „Brückenpreis“ sollen Projekte, Organisationen und Engagierte in Rheinland-Pfalz geehrt werden, die mit ihrem Engagement das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung, die Begegnung und den Dialog von Jung 3 Drucksache 16/368 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode und Alt, das Zusammenleben mit unseren europäischen Nachbarn, den Kampf gegen soziale Benachteiligung, Ausgrenzung und Diskriminierung sowie die Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache und Hautfarbe fördern. Der Preis wird jährlich im Dezember anlässlich des Internationalen Tages der Freiwilligen vergeben. – Im Frühjahr 2007 wurde unter Federführung der „Leitstelle Bürgergesellschaft und Ehrenamt“ der Staatskanzlei der „Engagement - und Kompetenznachweis im Ehrenamt“ in Rheinland-Pfalz eingeführt. Er bietet Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit , geleistete ehrenamtliche Arbeit zertifizieren zu lassen. Er kann bei Bedarf auch bei der Bewerbung um einen Ausbildungs -, Studien- oder Arbeitsplatz hilfreich sein. Der Nachweis dokumentiert und zertifiziert ehrenamtliches Engagement und die im Engagement erworbenen Kompetenzen. Er wird über die Organisationen ausgestellt und vom Ministerpräsidenten persönlich unterschrieben. Der Nachweis dient zur Anerkennung und Würdigung freiwillig geleisteter Arbeit. Die Einführung des Nachweises hat sich als außerordentlicher Erfolg erwiesen: bislang wurden über 1 000 Zertifikate ausgestellt – viele junge Menschen erhalten diesen Nachweis. – Um das ehrenamtliche Engagement junger Menschen sichtbar zu machen, wurde durch die Förderung einer Projektstelle beim Landesjugendring der sogenannte „KompetenzCheck – entdecke Deine Stärken“ erarbeitet (2008/2009), der der Jugendarbeit zur Verfügung gestellt wurde. Die Veröffentlichung nimmt den von vielen Aktiven der Jugendarbeit geäußerten Wunsch auf, das Thema Kompetenzerwerb in die eigene Arbeit einbinden zu können. Entstanden ist eine praktische Handreichung für haupt- und ehrenamtliche Fachkräfte, die bei der Ermittlung und Beschreibung von Kompetenzen, z. B. bei der Ausstellung von Kompetenznachweisen oder im Vorfeld der Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche, eingesetzt werden kann. – Um ein weiteres positives Signal für die Anerkennung und Stärkung der ehrenamtlichen Tätigkeit zu setzen, hat das Land im Frühjahr 2010 den Zuschuss für die BahnCard für Inhaber der Juleica (Jugendleiterinnen/JugendleiterCard) um 25 % erhöht (von 20 € auf 25 €). – Um die kommunalpolitischen Spitzenvertreterinnen und -vertreter weiter für das Thema Partizipation zu gewinnen, wurde der Partizipationskongress „Kinder und Jugendliche beteiligen – ein Gewinn für alle“ im Frühjahr 2007 gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung und in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden, der Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz und dem Landesjugendring Rheinland-Pfalz durchgeführt. Mit 160 Personen stieß die Veranstaltung auf große Resonanz (die Dokumentation, als Arbeitsleitfaden konzipiert, wurde an die Kommunen versandt und steht als Download unter www.net-part.rlp.de zur Verfügung). – Veranstaltungsreihe „Engagierte Jugend in Rheinland-Pfalz“: Auf Einladung des Ministerpräsidenten kommen junge Menschen aus unterschiedlichen Engagementbereichen (Umweltschutz, Sport, Musik, Kommunalpolitik) in die Staatskanzlei. Im Rahmen einer zweistündigen Veranstaltung stellen die Jugendlichen ihre Projekte vor und tauschen sich mit dem Ministerpräsidenten über ihre Erfahrungen aus. Mit dieser Veranstaltungsreihe wird das Engagement junger Menschen ganz unmittelbar gehört und gewürdigt (durchgeführt zunächst 2010/2011). – Die Landesregierung unter Federführung des Jugendministeriums und in Kooperation mit der Staatskanzlei und dem Bildungsministerium ist seit Herbst 2010 am Bertelsmannprojekt „jungbewegt – Dein Einsatz zählt!“ beteiligt (Laufzeit zunächst bis Ende 2012). Ziel: Junge Menschen sollen bereits früh erfahren, wie bereichernd es ist, durch gesellschaftliches Engagement Verantwortung zu übernehmen. Unabhängig von Herkunft und Bildungsstand sollen Zugänge zu gesellschaftlichem Engagement eröffnet werden, die über alle Lebensphasen hinweg zur aktiven Mitgestaltung des Gemeinwesens motivieren. Das Projekt wird in der Stadt Mainz als Pilotkommune durchgeführt. Ende September 2011 wird mit einer Auftaktveranstaltung der öffentliche Startschuss für die teilnehmenden Einrichtungen gegeben. Fünf Schulen, zwei Kindertagesstätten und ein Kinder-, Jugend- und Kulturzentrum partizipieren. – Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Landesregierung sich dafür einsetzt, dass bereits 16-Jährige künftig an Kommunalund Landtagswahlen teilnehmen können. IV. Maßnahmen gegen Rechtsextremismus: Die Aktivitäten der Landesregierung gegen demokratiefeindliche, rassistische und rechtsextreme Tendenzen werden kontinuierlich weiterentwickelt. Wichtigste Zielgruppe sind Jugendliche. Im Jahr 2008 wurde beim rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz die Präventionsagentur gegen Rechtsextremismus eingerichtet. Zu ihren prioritären Aufgaben gehört die Intensivierung der Präventionsarbeit für Jugendliche. – In diesem Sinne wurde u. a. die Vortragstätigkeit an Schulen verstärkt, die neue Veranstaltungsreihe „Rechtsextremismus im Alltag – Studientage für Schülerinnen und Schüler der allgemein- und berufsbildenden Schulen“ mit konzipiert und mitgetragen und die Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgebaut. – Von der Präventionsagentur gegen Rechtsextremismus wurde in Kooperation mit dem Bildungsministerium sowie der Leitstelle Kriminalprävention die Veranstaltungsreihe Schülerkongresse gegen Rechtsextremismus konzipiert und umgesetzt. An drei großen Regionalveranstaltungen in den Jahren 2008 und 2010 nahmen etwa 1 200 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte teil. Im Jahr 2012 ist ein weiterer Schülerkongress in Bad Dürkheim geplant. – Das Bildungsministerium, der Verfassungsschutz und die Polizei haben ca. 850 Schulen und alle Stadt- und Kreisjugendämter mit der bundesweiten Informations- und Aufklärungskampagne „Wölfe im Schafspelz“ zum Thema Rechtsextremismus an- 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/368 gesprochen. Diese Kampagne läuft seit dem Jahr 2005. Als Ergänzung dazu wurden die Schülerkongresse gegen Rechtsextremismus konzipiert und durchgeführt. – In den Jahren 2007, 2008, 2009 und 2010 haben Studienreisen nach Israel stattgefunden. Daneben kooperieren das Bildungsministerium und die Landeszentrale für politische Bildung mit dem Deutsch-polnischen Jugendwerk, um den Austausch zwischen Rheinland-Pfalz und Schulen in Opole zu intensivieren. Dieser Austausch wurde durch die Gedenkstätten Osthofen und Lambinowice angestoßen und hat nach nunmehr zwei gemeinsamen Geschichtslehrerseminaren in den Jahren 2009 und 2011 auch einen ersten Schüleraustausch zur Folge, der noch im Herbst 2011 stattfinden wird. Folgende weitere Maßnahmen, die zum Teil mit den Kommunen entwickelt wurden, sind zu nennen: – Das Aussteigerprogramm (R)AUSwege: Eine passgenaue Unterstützung wird jungen Menschen angeboten, die sich aus der rechtsextremen Szene lösen möchten und über die kostenfreie anonyme Hotline Kontakt aufnehmen (2009: 159 Gespräche; 2010: 181 Gespräche; Stand Juli 2011: 103 intensive telefonische Beratungen, zwölf laufende Fälle). Seit Beginn der Projektlaufzeit konnten insgesamt 75 Aussteiger und Aussteigerinnen intensiv sozialpädagogisch betreut werden. – „Elterninitiative gegen Rechts – Hilfen für Eltern von rechtsextremistisch orientierten Jugendlichen“: Die Elterninitiative bietet rheinland-pfälzischen Eltern und sonstigen Angehörigen rechtsextrem orientierter Kinder Unterstützung an. Sie richtet sich auch an Fachkräfte beispielsweise aus Jugendhilfe, Vereinen und Schule (2010: elf Fälle; Stand Juli 2011: 13 laufende Fälle). – „Komplex – rheinland-pfälzische Kommunikationsplattform gegen Rechtsextremismus“: Die Plattform ist seit Mai 2008 unter www.komplex-rlp.de erreichbar. Sie eröffnet über die Startseite getrennte Zugangswege für Jugendliche, Eltern und Fachkräfte und bietet ihnen neben umfangreichen zielgruppenspezifischen Informationen die Möglichkeit, sich in Foren, Chats und per E-Mail über Fragen des Rechtsextremismus auszutauschen bzw. sich beraten zu lassen. Darüber hinaus wird sie genutzt, um die Sonderprojekte des Landes bekannt zu machen und die Akteure in Rheinland-Pfalz zu vernetzen (2010: 280 000 Zugriffe auf die Plattform; 2011 bislang: rund 90 000 Zugriffe). – „Beratungsnetzwerk/Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus“: Das Beratungsnetzwerk wird von rund 30 Institutionen und zivilgesellschaftlichen Interessenverbänden getragen, die ihre Expertise und ihr Engagement gegen rechtsextremistische Bestrebungen einbringen. Acht „Beratungsknoten“ fungieren als Sensoren und lokale Ansprechpartner/-innen in rheinland-pfälzischen Regionen (seit 2008 bis heute: Unterstützung und Begleitung des lokalen zivilgesellschaftlichen Engagements in mehr als 90 rechtsextremistischen Krisenfällen – Teil des Beratungsnetzwerkes ist die im Jahr 2010 neu eingerichtete Opferberatungsstelle in Kooperation mit der Opfer- und Täterhilfe Outh e. V. [2010: zwei Fälle; Stand Juli 2011: drei Fälle]). – „Rückwege“ – aufsuchende Hilfe mit arbeitsmarktlicher Komponente für rechtsextremistisch orientierte junge Menschen (Projektstart im Februar 2010. Stand Juli 2011: zwei abgeschlossene Fälle, fünf laufende Fälle, 17 Anfragen). – „MAPs – Mediale AktionsProjekte gegen Rechtsextremismus – Motivation, Aktion, Präsentation – Mitmachen, Aktiv sein, Preisgeben“: Das auf drei Jahre angelegte Modellprojekt wird seit April 2011 im Trägerverbund mit dem Landesfilmdienst Rheinland-Pfalz e. V. umgesetzt. Es soll die Aufdeckung und Problematisierung rechtsaffiner Einstellungen junger Menschen mit einem attraktiven jugendgemäßen Handlungsangebot zur kreativen Entwicklung von Alternativen verbinden. Der Einsatz elektronischer Medien wird dabei kombiniert mit sprachlichen, musikalischen und schauspielerischen Ausdrucksformen . Kernelemente sind die Partizipation junger Menschen und die Produktion eigener Medienbeiträge. Irene Alt Staatsministerin 5