Drucksache 16/3685 26. 06. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Marcel Hürter, Thorsten Wehner und Fredi Winter (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Indisches Springkraut (Drüsiges Springkraut) Die Kleine Anfrage 2358 vom 3. Juni 2014 hat folgenden Wortlaut: Im Norden des Landes wird von ehrenamtlich Aktiven von einer Ausbreitung des Indischen Springkrautes (Drüsiges Springkraut, Rotes Springkraut, Emscherorchidee oder Wupperorchidee) berichtet. Die einjährige Pflanze verbreitete sich in Europa ursprünglich als Gartenzierpflanze bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts; in Deutschland wird besonders in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen über ein Vorkommen berichtet. Angenommen wird ebenfalls, dass die Pflanze zurückliegend auch von Imkern als Trachtpflanze ausgesät wurde. In den Jahren zuvor war regional unterschiedlich von einer Zunahme von Ambrosia oder von der Herkulesstaude, dem RiesenBärenklau , berichtet worden. Verschiedene invasive Pflanzen wie die Herkulesstaude sind mittlerweile zu einem festen Bestandteil der heimischen Vegetation geworden. Untersuchungen kommen für Deutschland in Bezug auf die Herkulesstaude zu dem Ergebnis , dass sich der Riesen-Bärenklau dort verstärkt ausbreiten kann, wo die landwirtschaftliche Flächennutzung am stärksten zurückgeht. Das Europäische Parlament hat im April 2014 einer Verordnung der Europäischen Kommission zum Umgang mit problematischen invasiven Tier- und Pflanzenarten zugestimmt. Damit soll die Überwachung und Bekämpfung problematischer invasiver Arten europa weit geregelt werden. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung aus naturschutzfachlicher Sicht den regionalen Bestand des Indischen Springkrautes im Land? 2. Empfiehlt die Landesregierung aus naturschutzfachlicher Sicht Maßnahmen zur Bekämpfung des Indischen Springkrautes? 3. Welchen Anteil hat die Beweidung von Flächen, etwa mit Schafen, Ziegen oder Rindern, auf den regionalen Bestand des Indischen Springkrautes? 4. Hat die Landesregierung darüber Kenntnis, ob es einen Zusammenhang des Auftretens des Indischen Springkrautes mit dem Auf- treten der Varroamilbe bei Honigbienen gibt? 5. Welche Maßnahmen empfiehlt die Landesregierung zur Vorbeugung und zur Bekämpfung der Varroamilbe? 6. Hält die Landesregierung Vorbeuge-, Aufklärungs- und Bekämpfungsmaßnahmen hinsichtlich des Indischen Springkrautes aus naturschutzfachlicher Sicht für notwendig oder vergleichbar mit denen von Ambrosia-Pflanzen und der Herkulesstaude (Riesen- Bärenklau)? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 25. Juni 2014 wie folgt beantwortet: Das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera) wurde Anfang des 19. Jahrhunderts als attraktive Zierpflanze aus dem HimalayaGebiet eingeführt. Der „Sprung über den Gartenzaun“ geschah durch Samenflug oder Ausschwemmen der Samen mit Wasserläufen aus Gärten und Parkanlagen, durch die Entsorgung von Gartenabfällen in der freien Landschaft und durch direkte Aussaat durch Imker. Die Verbreitung erfolgt über Samen, die bis zu 7 m aus der Frucht herausgeschleudert werden und schwimmfähig sind, sodass sie über Fließgewässer weit (bis zu 70 km) verbreitet werden können. Im Gegensatz zur Herkulesstaude und Ambrosia sind keine Beeinträchtigungen durch das Indische Springkraut für den Menschen bekannt. Dennoch wird das Indische Springkraut als „Invasive Art“ im Sinne von § 7 BNatschG bezeichnet, weil es heimische Arten in ihren Lebensräumen verdrängen kann. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. Juli 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3685 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage 2358 der Abgeordneten Marcel Hürter, Thorsten Wehner und Fredi Winter (SPD) namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Der regionale Bestand der Art ist Teil einer großflächigen landes- und bundesweiten Verbreitung. Es handelt sich um eine invasive Art, die seit Jahrzehnten in Deutschland etabliert ist. Dabei verdrängt sie heimische Arten aus ihren Lebensräumen, vor allem entlang von Flüssen. Im Hinblick auf den Schutz und Erhalt heimischer Arten ist die Ansiedelung naturschutzfachlich negativ zu bewerten. Andrerseits ist die Etablierung Teil der dynamischen Entwicklung der Biodiversität und letztendlich kann diese nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verhindert werden. Auch in der Vergangenheit hat es Einwanderungen von invasiven Arten gegeben, die letztendlich irreversibel waren und zu einer dauerhaften Etablierung in der heimischen Biodiversität geführt haben. Zu Frage 2: Bekämpfungsmaßnahmen können lokal und temporär erfolgreich sein. Großräumig und dauerhaft wäre eine Bekämpfung allenfalls mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand denkbar, da Einwanderungen aus angrenzenden Regionen, z. B. durch Samenverbreitung oder Verdriftung durch Vögel, zu einem permanenten Besiedelungsdruck führen. In Einzelfällen, wie z. B. im Naturschutzgebiet „Auf dem Hardt“, oberhalb von Neuwied in der Wiedaue bei Segendorf, wird die Bekämpfung, im Rahmen der von der Biotopbetreuung gesteuerten Beweidung, vorgenommen. Zu Frage 3: Die Pflanzenart tritt weitestgehend auf nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen auf. Sie wächst meist direkt an den Ufern der Bachläufe. Begrenzte Vorkommen sind zu verzeichnen in den Tälern von Westerwald, Eifel, Westpfalz, südlichem Pfälzer Wald und im Nahetal. Das Indische Springkraut ist auf Weideflächen bzw. auf Mähweiden in Rheinland-Pfalz von geringer Bedeutung. Durch mehrfaches, frühes Mähen kann die Ausbreitung der Art eingeschränkt bzw. die Bestände können zurückgedrängt werden. Ob und inwieweit durch eine Beweidung mit landwirtschaftlichen Nutztieren das Indische Springkraut eingegrenzt werden kann, bedarf einer eingehenden Prüfung. Über den Futterwert oder mögliche Beeinträchtigungen der Tiergesundheit nach Aufnahme der Pflanze durch die Tiere liegen keine Ergebnisse vor. Zu Frage 4: Varroamilben parasitieren kontinuierlich in allen Bienenvölkern in Deutschland, unabhängig von den besuchten Trachtpflanzen. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Indischen Springkrautes und dem Auftreten der Varroamilbe existiert nicht. Mit beginnender Brutaktivität der Bienenvölker im Frühjahr beginnt auch in jedem Bienenvolk das Erstarken der Parasitenpopulationen . Je nach Bekämpfungserfolg im vorausgegangenen Winter können die „Startpopulationen“ unterschiedliche Größen besitzen, und davon abhängig können früher oder später, je nach Vermehrungspotenzial der Milben, die Schadschwellen in den Bienenvölkern überschritten werden. Dabei spielen übertragene Viren eine wesentliche Rolle. Das Indische Springkraut wird von Honigbienen im Spätsommer und Herbst als ausgiebiger Nektar- und Pollenlieferant genutzt, je nach alternativem Trachtpflanzenangebot und Wetter, in einem nicht unerheblichen Umfang. Dies belegen Einzelbeobachtungen und Daten aus dem Trachtbeobachtungsnetz (TrachtNet) des Landes. Einflüsse auf das Brutverhalten der Bienen und die Reproduktion /Vermehrung der Varroamilbe sind zwar nicht untersucht, dürften aber bei einer konsequenten Varroa-Behandlung nach der Ernte im Sommer keine wesentliche Bedeutung haben. Zu Frage 5: Da praktisch alle Bienenvölker von der Varroamilbe befallen sind, erübrigen sich vorbeugende Bekämpfungsmaßnahmen. Die Bekämpfung der Varroose erfolgt idealerweise auf der Basis von befallskontrollen- und schadenschwellenorientiertem Einsatz zugelassener Varroazide. Die Behandlung sollte bei Überschreiten vorgegebener Schwellenwerte möglichst früh nach der Ernte beginnen und konsequent, entsprechend den spezifischen Vorgaben der einzelnen Mittel erfolgen. Organische Säuren, im Sommer Ameisensäure, im Winter Oxal- bzw. Milchsäure, sind dabei zu bevorzugen. Die Winterbehandlung sollte im Dezember, dem Monat mit der höchsten Wahrscheinlichkeit der Brutfreiheit der Bienenvölker, erfolgen. Zu Frage 6: Da das Indische Springkraut leider bereits in unserer heimischen Natur flächenhaft etabliert ist, sind Bekämpfungsmaßnahmen nicht dauerhaft Erfolg versprechend. Im Einzelfall kann durch die Untere Naturschutzbehörde und die Untere Wasserbehörde im Dialog und in Kooperation mit lokalen Akteuren sowie im Rahmen des Managements von Schutzgebieten eine Bekämpfung erfolgen. Ulrike Höfken Staatsministerin