Drucksache 16/3700 02. 07. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Hans-Josef Bracht (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Rechtsfragen aus der Insolvenz der Nürburgring GmbH Die Kleine Anfrage 2368 vom 10. Juni 2014 hat folgenden Wortlaut: In der mündlichen Begründung der Urteile im sogenannten „Nürburgring-Prozess“ hat das Landgericht Koblenz sinngemäß darauf hingewiesen, dass das Land bei der Neustrukturierung am Nürburgring nach dem Scheitern der privaten Investitionsfinanzierung sehenden Auges in die drohende Insolvenz der Nürburgring GmbH gelaufen sei. Dies sei aber nicht Gegenstand des Prozesses und der ihm zugrundeliegenden Anklage gewesen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche belastbaren Zahlen und Kalkulationen haben den damaligen Ministerpräsidenten und die zuständigen Ressortminister zu der Auffassung gebracht, dass die am Nürburgring getätigten bzw. abzuschließenden Investitionen sich aus der Geschäfts - tätigkeit der Nürburgring GmbH refinanzieren lassen, obwohl bzw. nachdem offenkundig kein privater Investor bereit war, sich für das umzusetzende Geschäftsmodell zu engagieren? 2. In welcher Weise wurde das Risiko einer Insolvenz infolge der hohen Belastung durch die Investitionskredite geprüft und abgewogen ? 3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um das Risiko für den Landeshaushalt aus den Bürgschaften für die Kredite der ISB an die Nürburgring GmbH nachprüfbar und belastbar einzuschätzen und so gering wie möglich zu halten? 4. Teilt die Landesregierung die für das Urteil im „Nürburgring-Prozess“ von der zuständigen Strafkammer des Landesgerichts Koblenz als für ihr Urteil „grundlegend“ bezeichnete Auffassung, dass auch das Amtshandeln einer staatlichen Exekutive, sofern es gegen den verfassungsrechtlich normierten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und gegen wichtige Regeln des staatlichen Finanz - gebarens verstößt, den Straftatbestand der Untreue erfüllt oder erfüllen kann? 5. Welche Berater hat die Landesregierung herangezogen, um die wirtschaftlichen Risiken am Nürburgring und für die gewährten Bürgschaften zu den ISB-Krediten zu beurteilen? 6. Hat die Landesregierung nach Eintreten der Insolvenz geprüft, ob diese Berater möglicherwiese vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch beraten haben und dem Land oder der Nürburgring GmbH deshalb Regressansprüche zustehen könnten? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 2. Juli 2014 wie folgt beantwortet: Zu Fragen 1, 2, 3, 5 und 6: Im Sommer 2009 konnte die Privatfinanzierung des Projektes Nürburgring 2009 endgültig nicht realisiert werden. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH beauftragte daher im Spätsommer 2009 die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young u. a. mit der Analyse und Würdigung der Business-Planungen der Nürburgring-Gesellschaften. In einer High-Level Zusammenfassung vom November 2009 kam Ernst & Young zu dem Ergebnis, dass bei Fortführung der bisherigen Unternehmensstruktur bis zum Jahr 2020 kumulierte Jahresergebnisse von bis zu (–) 250 Mio. EUR erzielt würden. Vor diesem Hintergrund entwickelte Ernst & Young das Modell einer Trennung von Betrieb und Besitz und der Zusammenführung des Besitzes und Betriebes aller Module am Nürburgring aus einer Hand – also die Verpachtung der Anlagen am Nürburgring an eine Betriebsgesellschaft. Die Empfehlungen von Ernst & Young basierten auch auf den vorhergehenden Untersuchungen von Wenzel Consulting, die ihrerseits bereits in Gutachten von Deloitte & Touche (D&T) und KPMG plausibilisiert worden waren. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 1. August 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3700 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Diese Untersuchungen und Empfehlungen bildeten die Grundlage für das im März 2010 vertraglich umgesetzte Zukunftskonzept Nürburgring, die sich anschließenden Neuordnung der Finanzierung im Juli 2010 und die Mittelfristplanung der Nürburgring GmbH bis zum Jahr 2030, die ihrerseits nochmals von Ernst & Young plausibilisiert wurde. Durch die Umsetzung dieses Konzepts sollten die bereits vorhandenen Risiken für das Land reduziert werden. Es wurde außerdem ein Rating für die Nürburgring GmbH nach dem Ratingsystem des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) durchgeführt (vgl. hierzu ergänzend die Beantwortung der Kleinen Anfrage 998 vom 3. August 2012, Drucksache 16/1533). Danach ergab sich ein DSGV-Rating von zwölf (Einjahres-Ausfallwahrschein lichkeit 6,7 %). Auch die EU-Kommission lässt in ihrer De-Minimis-Verordnung ausdrücklich Bürgschaftsübernahmen seitens der öffentlichen Hand mit Einjahres-Ausfallwahrscheinlichkeiten von bis zu 13,3 % zu. Insgesamt kommt Ernst & Young auch heute noch zu dem Ergebnis, dass die Planzahlen mit dem damaligen Wissensstand als plausibel und erreichbar zu würdigen waren. Insgesamt gelangte Ernst & Young zu dem Fazit, dass durch die Umsetzung des Zukunftskonzeptes Nürburgring die Darlehen i. H. v. 330 Mio. EUR amortisiert werden können. Von der Tragfähigkeit des Zukunftskonzepts ging auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. Dornbach & Partner als Jahresabschlussprüfer der Nürburgring GmbH aus. In deren uneingeschränktem Bestätigungsvermerk aus Juli 2011 führte sie aus, dass aufgrund der getroffenen Maßnahmen der Gesellschafter zur Sicherung der finanziellen Stabilität von der Unternehmensfortführung ausgegangen werden könne. Die Organe der Nürburgring GmbH hatten sich bis hin zur Stellung der Insolvenzanträge u. a. auch insolvenzrechtlich beraten lassen. Anhaltspunkte für etwaige Versäumnisse der Berater, die Regressansprüche begründen könnten, sind vor diesem Hintergrund auch heute nicht erkennbar. Der Insolvenzverwalter der Nürburgring GmbH hat ebenso wie das Land daher keine entsprechenden Ansprüche geltend gemacht. Zu Frage 4: Zuerst ist darauf hinzuweisen, dass dem Land die Urteilsgründe noch nicht vorliegen. Es ist daher auch nicht möglich, diese zu bewerten. Bereits aus den oben gemachten Ausführungen ergibt sich, dass dem Zukunftskonzept und der Neuordnung der Finanzierung umfangreiche Analysen der beteiligten Wirtschaftsberatungsgesellschaften zugrunde liegen. Ernst & Young hat auch bei der Umsetzung des Zukunftskonzeptes, gerade auch bei der Ausgestaltung der entsprechenden Verträge die Nürburgring GmbH und das Land als Hauptgesellschafter intensiv beraten und begleitet. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die oben gemachten Ausführungen sieht die Landesregierung keine Anhaltspunkte für ein vorwerfbares Fehlverhalten der beteiligten Personen. Roger Lewentz Staatsminister