Drucksache 16/3705 04. 07. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dietmar Johnen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Bundesregierung löst Versprechen gegenüber den Ländern nicht ein Die Kleine Anfrage 2370 vom 13. Juni 2014 hat folgenden Wortlaut: Im Bundestag wird aktuell über den Bundeshaushalt 2014 beraten. Bestandteil der Beratungen ist auch der Einzelplan 10, der die Einnahme- und Ausgabeermächtigungen für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft umfasst. Der Einzelplan 10 enthält die Bundeszuschüsse für die Gemeinschaftsaufgabe zur „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), die zur Kofinanzierung der Landesprogramme entsprechend dem „ Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ (ELER) eine Schlüsselrolle einnimmt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. In welchem Rahmen hatte die vergangene schwarz-gelbe Bundesregierung auf der Ressortebene den Bundesländern Finanzzu- sagen beginnend ab 2014 für die GAK-Ausstattung gemacht? 2. In welcher Höhe und wofür wurden Zusagen zur Aufstockung der GAK-Mittel gemacht? 3. In welchem Zusammenhang stehen nach Auffassung der Landesregierung die erwähnten Finanzzusagen zur Aufstellung des Haus- halts der Europäischen Union, zu den Ergebnissen der Bund-Länder-Verhandlungen zur Umsetzung der neuen Europäischen Agrarpolitik sowie zu den jüngsten Hochwasserereignissen in 2013? 4. Welche Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz hätte aus Sicht der Landesregierung eine Aufstockung der GAK-Bundesmittel um die angekündigte Summe? 5. Ist nach Kenntnissen der Landesregierung die versprochene GAK-Mittel-Aufstockung in der aktuellen Aufstellung des Bundeshaushalts 2014 enthalten? 6. Wie bewertet die Landesregierung das vergangene Engagement des Bundes zur Teilfinanzierung der GAK? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 1. Juli 2014 wie folgt beantwortet: Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ist inhaltliche und finanzielle Basis für die nationale Agrarstrukturpolitik und für die Politik zur Entwicklung ländlicher Räume. Über die GAK werden in RheinlandPfalz wichtige Agrarfördermaßnahmen und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes (z. B. Agrarinvestitionsförderungsprogramm , Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen einschließlich der Förderung des Ökolandbaus, Flurbereinigung, Dorferneuerung, Infrastrukturmaßnahmen oder Breitbandförderung) umgesetzt. Die GAK-Mittel sind darüber hinaus für alle Bundesländer ein wesentliches Instrument, um die nationale Kofinanzierung der EU-Mittel im Rahmen der ländlichen Entwicklungsprogramme sicherzustellen. Diese zentrale Bedeutung setzt eine entsprechende finanzielle Ausstattung der GAK voraus. Die GAK wird zu 60 % aus Bundeshaushaltsmitteln und zu 40 % aus Haushaltsmitteln der Bundesländer finanziert. Im Jahr 2011 wurden durch die damalige Bundesregierung einseitig die Bundeshaushaltsmittel der GAK von 700 Mio. € auf 600 Mio. € gekürzt. Seit diesem Zeitpunkt werden jeweils 600 Mio. € durch den Bund bereitgestellt. Diese Summe ist auch in den nächsten vier Jahren in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes eingestellt. Diese dauerhafte Absenkung der Bundesmittel für Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. Juli 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3705 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode die GAK hat erhebliche Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz. Damit stehen für Rheinland-Pfalz jährlich über 5 Mio. € Bundesmittel weniger zur Verfügung. Insgesamt bedeutet dies – auf die gesamte Legislaturperiode des Bundestages gerechnet – einen Einschnitt bei den in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stehenden GAK-Mitteln von rd. 35 Mio. €. Im Zusammenhang mit den Koalitionsverhandlungen der Regierungsparteien im Herbst 2013 wurde verschiedentlich eine Anhebung des GAK-Bundesplafonds um bis zu 200 Mio. € diskutiert. Diese Erwartung wurde seitens der Länder ausdrücklich anlässlich der Sonderagrarministerkonferenz zur nationalen Umsetzung der GAP-Reform am 4. November 2013 zum Ausdruck gebracht und durch die Ausführungen des Bundes gestützt. Angesichts der Einsparungen von jährlich rund 2 Mrd. € des Bundes durch künftig verringerte Beiträge Deutschlands zum EU-Haushalt wäre dies im Bundeshaushalt zweifellos finanzierbar gewesen. In der Koalitionsvereinbarung fand sich jedoch keine Vereinbarung zu einer finanziellen Aufstockung der GAK. Zugleich wurde aber vereinbart , die GAK inhaltlich zu einer Gemeinschaftsaufgabe (GA) Ländlicher Raum weiterzuentwickeln. Dabei soll die enge agrarstrukturelle Bindung der GAK gelockert werden. Es ist aus Sicht der Landesregierung fraglich, wie eine solche sinnvolle Weiterentwicklung der GAK angesichts der bestehenden Unterfinanzierung und der fehlenden Bereitschaft zur notwendigen Mittelaufstockung realisiert werden kann. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage 2370 des Abgeordneten Dietmar Johnen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) namens der Landesregierung wie folgt: Zu den Fragen 1 und 2: Aufgrund getroffener Aussagen von Vertretern der Bundesregierung u.a. anlässlich der oben genannten Sonderagrarministerkonferenz (AMK) haben die Länder erwarten können, dass die GAK um bis zu 200 Mio. € aufgestockt wird. In der mittelfristigen, vierjährigen Finanzplanung des Bundes waren bis 2011 jährlich 700 Mio. € Bundesmittel eingestellt. Auf dieser Basis haben die Länder die Umsetzung des Rahmenplans vorbereitet und die entsprechenden Haushaltsmittel in den Landeshaushalt eingestellt. Ab 2011 wurden die Planzahlen auf 600 Mio. € reduziert. Diese Summe steht auch derzeit in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes. Diese Planung ist aber nicht bindend, insofern sind Änderungen im Zuge der konkreten Haushaltsaufstellung jährlich möglich. Zu Frage 3: Bereits in der Förderperiode 2007 bis 2013 wurden aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) – der sogenannten zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik – nationale Maßnahmen zur Förderung der ländlichen Entwicklung kofinanziert. In der neuen EU-Förderperiode 2014 bis 2020 wurden die ELER-Mittel für Deutschland um 8,8 % gekürzt. Diese Kürzung ist nicht zuletzt auf die Forderung der Bundesregierung zurückzuführen, die deutschen Beitragszahlungen im EU-Haushalt auf 1,0 % des Bruttonationaleinkommens zu begrenzen. Durch diese niedrigeren Zahlungen nach Brüssel verringert sich der deutsche Beitrag um schätzungsweise 2 Mrd. €. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass die eingesparten finanziellen Mittel besser auf nationaler Ebene für die entsprechenden Ziele eingesetzt werden können. Dies ist allerdings nicht geschehen. Es wurde nur ein finanzieller Zuschlag für strukturpolitische Maßnahmen in den ostdeutschen Bundesländern im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ausgehandelt. Zu Frage 4: Allein zum Ausgleich der Kürzungen der EU-Mittel und vor dem Hintergrund der erreichten Begrenzung der Beitragszahlungen an die EU erscheint eine Aufstockung der GAK aus Bundeshaushaltsmitteln um 200 Mio. € pro Jahr sachlich dringend geboten. Dies wurde mehrfach auf den Agrarministerkonferenzen durch die Länder gefordert. Durch eine Aufstockung der GAK-Bundesmittel um bis zu 200 Mio. € wäre es möglich, bewährte Kernmaßnahmen der GAK (wie z. B. die Ausgleichszulage oder die Bodenordnung) unverändert fortzuführen, vorhandene Maßnahmen bedarfsorientiert weiterzuentwickeln (z. B. Öffnung der Breitbandförderung für höhere Aufgreifschwellen und Netzgeschwindigkeiten) und neue Schwerpunkte auf Maßnahmen zur Umsetzung ressourcen- und klimaschonender Bewirtschaftungsweisen, zur Sicherung der biologischen Vielfalt und des Erhalts des natürlichen Erbes sowie des Tierschutzes zu bilden. Auch vor dem Hintergrund der in der Koalitionsvereinbarung verankerten inhaltlichen Ausweitung der GAK (GA für den ländlichen Raum) ist eine finanzielle Aufstockung durch den Bund zu fordern. Durch das Hochwasser im Juni 2013, das nach den Meldungen der Bundesländer vom Juli 2013 in Deutschland Schäden von rund 6,7 Mrd. € verursachte, rückte als weiterer Schwerpunkt der vorsorgliche Hochwasserschutz verstärkt ins Blickfeld. Der Hochwasserschutz stellt einen wichtigen Förderbereich der GAK dar. Hochwasserschutz erfordert in erheblichem Maße Geld. In diesem Zusammenhang wird gegenwärtig eine Diskussion über einen Sonderrahmenplan „Präventiver Hochwasserschutz“ geführt. Der Bundesrat hatte bereits in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe“ (Aufbauhilfegesetz ) am 26. Juni 2013 die Bundesregierung gebeten, angesichts des Umfangs der zu bewältigenden Aufgaben einen Rahmenplan Hochwasser zur Unterstützung und zweckgebundenen Einsetzung von Mitteln aus der GAK aufzustellen und die GAK-Mittel entsprechend aufzustocken. Ein solcher Sonderrahmenplan wurde unter anderem auf der Sonder-Umweltministerkonferenz (UMK) vom 3. September 2013 in Berlin zur Finanzierung des dort beschlossenen nationalen Hochwasserschutzprogramms vorgeschlagen. Damit soll mehr Geld für den präventiven Hochwasserschutz bereitgestellt werden. Soll die GAK einen 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3705 stärkeren Beitrag zum Hochwasserschutz leisten, müssen entsprechende Finanzmittel bereitgestellt werden. Dies darf aber nicht zulasten der anderen GAK-Förderbereiche gehen. Auf der Sonder-UMK am 3. September 2013 wie auf der AMK am 30. August 2013 in Würzburg wurde deshalb von den Ländern auf die GAK als geeignetes Finanzierungsinstrument für das nationale Hochwasserschutzprogramm im ländlichen Raum verwiesen. Zugleich haben die Länder betont, dass eine solche Ausweitung nicht zulasten der bisherigen Inhalte gehen darf und der Bund aufgefordert ist, entsprechend zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen. Deswegen ist es aus Sicht des Landes dringend notwendig, dass der Bund den GAK-Bundesplafond anhebt. Zu Frage 5: Nein, im Bundeshaushalt sollen für die GAK wie bisher 600 Mio. € Bundesmittel veranschlagt werden. Zu Frage 6: An der Anteilsfinanzierung des Bundes (60 % Bundesanteil, 40 % Länderanteil) soll festgehalten werden. Damit bleibt der Bund in der finanziellen Verantwortung, wenn es um eine Politik für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum geht. Im Zusammenhang mit dem in Frage 4 erwähnten Sonderrahmenplan „Präventiver Hochwasserschutz“ wäre eine Aufteilung zwischen Bund und Ländern wie beim Küstenschutz (75 % Bundesanteil, 25 % Länderanteil) wünschenswert. Hier werden die weiteren Gespräche zwischen Bund und Ländern zeigen, wie viel der vorbeugende Hochwasserschutz dem Bund wert ist. Ulrike Höfken Staatsministerin 3