Drucksache 16/3777 18. 07. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Marion Schneid und Brigitte Hayn (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Irritationen durch die Neuregelung der Abiturprüfungen Die Kleine Anfrage 2424 vom 27. Juni 2014 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesreigerung: 1. War der Landesregierung bei der Neuordnung der Abiturprüfung die Auswirkung der Facharbeit auf die Abiturnote bewusst? 2. Inwiefern hat die Landesregierung ausreichend darauf hingewiesen, dass durch die Nichterbringung der freiwilligen Leistung der Notendurchschnitt absinken kann? 3. Plant die Landesregierung an dieser Stelle eine Neuregelung? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 17. Juli 2014 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Anfertigung einer Facharbeit ist pädagogisch in hohem Maße wünschenswert, da Schülerinnen und Schüler hierdurch wissenschaftspropädeutisches Arbeiten lernen und viele Kompetenzen erwerben, die für ein Studium benötigt werden. Darüber hinaus wird durch die Möglichkeit, eine Facharbeit in die Abiturqualifikation einzubringen, die Teilnahme an Schülerwettbewerben wie z. B. „Jugend forscht“ gefördert. Erfahrungsgemäß gehen gerade aus Facharbeiten zahlreiche Wettbewerbsarbeiten hervor, und umgekehrt werden häufig Wettbewerbsarbeiten zu Facharbeiten weiterentwickelt. Es ist deshalb erklärtes Ziel, Schülerinnen und Schüler zur Anfertigung einer Facharbeit zu ermuntern. Um das zu erreichen, soll sich das Einbringen einer Facharbeit auf die erreichte Gesamtpunktzahl auf jeden Fall positiv auswirken. Dies bedeutet: Wer eine Facharbeit einbringt, muss eine höhere Gesamtpunktzahl erreichen als derjenige, der keine Facharbeit einbringt. Nur so gibt es einen Anreiz für Schülerinnen und Schüler, eine Facharbeit anzufertigen, die ja mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden ist. Aus diesen Gründen wurde die Facharbeit, seit es sie gibt, immer additiv in die Qualifikation eingebracht. Das heißt, sie ersetzt nicht eine andere Leistung, sondern wer eine Facharbeit einbringt, erhält die erreichten Punkte zusätzlich angerechnet. Wer keine Facharbeit anfertigt, verzichtet auf diese möglichen Zusatzpunkte. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu den Fragen 1 und 3: Bis einschließlich zur Abiturprüfung 2013 wurde die Punktzahl der Facharbeit entsprechend der damals gültigen Vereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK) über die gymnasiale Oberstufe in die Qualifikation im Leistungsfachbereich eingebracht, und zwar in doppelter Gewichtung, d. h. die erreichte Punktzahl wurde verdoppelt. Das bedeutete, dass Schülerinnen und Schüler, die keine Facharbeit anfertigten, auf maximal 30 Punkte verzichteten. Über diesen Verrechnungsmodus gab es einen breiten Konsens, wie den Anhörergebnissen aus dem Jahr 2003 zu entnehmen ist. Damals wurde nach einer 4-jährigen Pause auf allgemeinen Wunsch hin die Facharbeit wieder eingeführt. In den Entwürfen war zunächst eine substitutive Verrechnung vorgeschlagen worden: Bei allen Schülerinnen und Schülern, die keine Facharbeit ein Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 14. August 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3777 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode bringen, sollten stattdessen zwei Kurse aus dem abgestuften Leistungsfach zusätzlich angerechnet werden. Dieser Vorschlag wurde aber in der Anhörung einhellig abgelehnt. Lehrerverbände und Personalräte wie auch Landeselternbeirat und Elternverein wünschten die additive Verrechnung, wie sie vorher praktiziert worden war. Dem wurde damals entsprochen. Eine Neufassung der KMK-Vereinbarung über die gymnasiale Oberstufe aus dem Jahr 2008 legte eine veränderte Berechnung der Gesamtqualifikation fest, die den Ländern mehr Gestaltungsspielraum eröffnet als vorher. Unter anderem ist die Doppelgewichtung der Facharbeit nicht mehr zwingend festgeschrieben, die Facharbeit kann auch in einfacher Gewichtung eingebracht werden. Als diese Neuregelung in Landesrecht umgesetzt wurde, wurde darüber diskutiert, wie dieser neue Gestaltungsspielraum genutzt werden soll. Bezüglich der Einbringung einer Facharbeit war dabei abzuwägen zwischen dem Anreiz zur Anfertigung und der Auswirkung eines Verzichts auf die Facharbeit hin sichtlich der Gesamtqualifikation. Wenn die Facharbeit eine andere Leistung ersetzen würde, bestünde kaum noch ein Anreiz, eine Facharbeit anzufertigen. Dies wäre mit Blick auf den pädagogischen Nutzen nicht wünschenswert. Wenn andererseits die Facharbeit additiv und mit doppelter Gewichtung eingebracht würde, wäre der Anreiz besonders groß, aber die Schülerinnen und Schüler ohne Facharbeit würden wie bisher auf bis zu 30 Punkte der Gesamtqualifikation verzichten. In dieser Abwägung fiel die Entscheidung für einen Mittelweg, der den Anreiz erhält, aber die Punktzahl, auf die Schülerinnen und Schüler ohne Facharbeit verzichten, nicht zu groß werden lässt. Die Facharbeit wird weiter additiv eingebracht, aber nur noch in einfacher Gewichtung. Die Auswirkung dieser Regelung auf die Abiturnote war der Landesregierung selbstverständlich bekannt. Eine Neuregelung ist nicht geplant. Zu Frage 2: Die Schülerinnen und Schüler werden über die Anrechnung stets im Rahmen einer verpflichtenden Veranstaltung zur Gesamtqualifikation der Abiturprüfung durch den MSS-Leiter informiert. Darüber hinaus erhalten alle Schülerinnen und Schüler die Broschüre zur Mainzer Studienstufe, in der die Berechnung der Abiturdurchschnittsnote detailliert auch anhand von Berechnungsbeispielen mit und ohne Facharbeit dargestellt wird. Doris Ahnen Staatsministerin