Drucksache 16/3888 25. 08. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit im Bereich des öffentlichen Beschaf fungswesens Die Kleine Anfrage 2515 vom 5. August 2014 hat folgenden Wortlaut: Im April 2009 hat der Landtag den Antrag „Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens“ (Drucksache 15/3363) beschlossen. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, im Beschaffungswesen und bei Ausschreibungen des eigenen Geschäftsbereich (z. B. im Rahmen von Vergabeverfahren oder größeren Infrastrukturprojekten) künftig nur Produkte zu berücksichtigen, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne des Übereinkommens über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (IAO-Übereinkommen 182) hergestellt wurden bzw. Produkte, deren Hersteller oder Verkäufer aktive, zielführende Maßnahmen zum Ausstieg aus der ausbeuterischen Kinderarbeit eingeleitet haben. Ferner heißt es, dass Eigenerklärungen der Bieter bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in begründeten Fällen für die Produkte Sportbekleidung , -artikel, -bälle, Spielwaren, Teppiche, Textilien, Lederprodukte, Billigprodukte aus Holz, Natursteine und Agrarprodukte zu verlangen sind. Dazu wurde ein entsprechender Runderlass an die Landesbehörden herausgegeben. Die Landesregierung wurde in dem Antrag von 2009 ebenfalls aufgefordert, regelmäßig über die Umsetzung zu berichten. Seit dem Landtagsbeschluss und dem dazugehörigen Runderlass sind mehr als drei Jahre vergangen. Das in diesem Zeitraum erworbene Wissen und die Erfahrungen der Landesbehörden können direkt für die Anwendung der neuen Verwaltungsvorschrift genutzt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Mit welchen Maßnahmen wurden der Beschluss von 2009 und der Runderlass in den jeweiligen Ministerien und Landesbehörden in den letzten vier Jahren umgesetzt? 2. Ist vorgesehen, die für die Beschaffung zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Umsetzung des Beschlusses zu schulen oder weiterzubilden? 3. Welche Möglichkeiten gibt es, die von den Unternehmen im Vergabeprozess abgegebenen Erklärungen zu überprüfen? 4. Ist eine Evaluation des Beschlusses vorgesehen und ggf. wann? 5. Wie wurden landeseigene Unternehmen und Gesellschaften sowie Unternehmen und Gesellschaften, an denen das Land beteiligt ist, aufgefordert, ebenso zu verfahren und entsprechende Maßnahmen umzusetzen? 6. Wie wurden weitere öffentliche Einrichtungen, die Kreise und die Kommunen über die Maßnahmen der Landesregierung informiert und ermutigt, im eigenen Zuständigkeitsbereich ebenso zu verfahren und entsprechende Maßnahmen umzusetzen? 7. Wie wurde die Öffentlichkeit, insbesondere die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Unternehmen, über die Proble- matik der ausbeutenden Kinderarbeit informiert und ermutigt, sich anzuschließen beziehungsweise weiter zu engagieren? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 22. August 2014 wie folgt beantwortet: Die Weiterentwicklung der Vergaberechtsordnung durch Einführung ökologischer und sozialer Vergabekriterien ist ein wichtiges Ziel der Landesregierung, wobei der Ausschluss ausbeuterischer Kinderarbeit ein hervorgehobenes Anliegen darstellt. Die Verwaltungsvorschrift „Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz“ vom 24. April 2014 (MinBl. S. 48) betont daher , dass eine verantwortliche Vergabe die Berücksichtigung der sozialen Bedingungen der Menschen, die an der Herstellung des Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. September 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3888 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Auftragsgegenstandes beteiligt sind, einschließt. Inhaltlich wird die Verwaltungsvorschrift neben den Regelungen zur Ver meidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit um Bestimmungen zur Berücksichtigung weiterer Kernarbeitsnormen der IAO ergänzt. Zwischenzeitlich enthalten auch die am 28. März 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten neuen und noch umzusetzenden EU-Vergaberichtlinien einen Auftrag an die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung öffentlicher Aufträge die geltenden internationalen arbeitsrechtlichen Vorschriften (u. a. IAOÜbereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit ) einhalten. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Im Rahmen eines jeden Vergabeverfahrens werden an die Bewerber und Bieter Eignungsanforderungen und Zuschlagskriterien gestellt . Darüber hinaus können zusätzliche Anforderungen an die Vertragsausführung an die Unternehmen gestellt werden. Bei Erklärungen zu den ILO-Kernarbeitsnormen handelt es sich nach den EU-Vergaberichtlinien und der Rechtsprechung um solche zusätzlichen Vertragsbedingungen (vgl. Nummer 11.2.2 der Verwaltungsvorschrift). Die Eigen erklärung zur Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit wird in Abhängigkeit von der Art des Produkts und seiner Herkunft gefordert. Zu Frage 2: Die am Markt angebotenen Fortbildungsseminare, insbesondere die zahlreichen Seminare zum Vergaberecht der Kommunalakademie Rheinland-Pfalz, behandeln regelmäßig auch die Handhabung der ILO-Kernarbeitsnormen im Rahmen eines Vergabeverfahrens . Darüber hinaus wird auf das Schulungsangebot des Kompetenzzentrums für nachhaltige Beschaffung beim Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern hingewiesen. Dieses Fortbildungsangebot steht den mit Beschaffungen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offen. Zudem bietet das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur mit dem Projekt „Rheinland-Pfalz kauft nachhaltig ein!“ seit 2013 Beratungen, Fachschulungen sowie Austausch und Vernetzung zur nachhaltigen Beschaffung in Kommunen an. Die Maßnahme wird in Zusammenarbeit mit Engagement Global gGmbH und dem Entwicklungspolitischen Landesnetzwerk Rheinland-Pfalz e. V. (ELAN) realisiert. Zu Frage 3: Eine Prüfung der von Unternehmen abgegebenen Eigenerklärung zur Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit lässt sich am einfachsten vornehmen, wenn der Beschaffungsgegenstand durch eine unabhängige Zertifizierung oder einen anderen vergleichbaren Nachweis belegt wird, dass das Produkt sozialadäquat hergestellt wurde. Entsprechende Nachhaltigkeitsstandards (Zertifikate, Labels, Umweltzeichen) liegen jedoch nicht zu allen hier in Rede stehenden Produkten vor. Zudem fehlt es oft an praktischen Hilfestellungen, die eine Aussage über die tatsächliche Leistungsfähigkeit solcher Standards zulassen. So kann es schwierig sein, glaubwürdige Standards von solchen zu unterscheiden, die vorrangig Marketingzwecken dienen. Derzeit befindet sich im Rahmen des Projekts „Qualitätscheck Nachhaltigkeitsstandards“, welches von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durchgeführt wird, eine Vergleichsmethodik (Online-Tool) im Aufbau, mit der die Leistungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit von Nachhaltigkeitsstandards gemessen und bewertet werden kann. Es soll u. a. die Vergabestellen dabei unterstützen, Standards im Beschaffungsprozess stärker zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann von den Unternehmen daher im Rahmen des Zumutbaren auch eine Erklärung nach Nummer 2 Buchst. b der Anlage zu Nummer 11.2.2 der neuen Verwaltungsvorschrift abgegeben werden, die durch die Vergabestelle auf ihre Plausibilität zu überprüfen ist. Zu Frage 4: Eine Evaluation des Beschlusses ist derzeit nicht vorgesehen. Zu den Fragen 5 und 6: Die Berücksichtigung der ILO-Kernarbeitsnorm zur ausbeuterischen Kinderarbeit wurde im Hinblick auf den Beschluss des Landtages vom 26. Juni 2009 mit Runderlass des Wirtschaftsministeriums vom 6. April 2010 allen Ministerien, den Zentralen Beschaffungsstellen , den oberen und mittleren Landesbehörden und den Vergabeberatungsstellen im Land bekanntgegeben. Den kommunalen Arbeitgebern, den landeseigenen Unternehmen, den Unternehmen mit Landesbeteiligung und den sonstigen der Aufsicht des Landes Rheinland-Pfalz unterliegenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts wurde die Beachtung des Übereinkommens Nr. 182 empfohlen. Entsprechende Regelungen enthalten nunmehr die Nummern 11.4 und 22.1 der neuen, am 4. Juli 2014 im Ministerialblatt der Landes regierung veröffentlichten Verwaltungsvorschrift. Mit Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung vom 15. Juli 2014 wurden die Ministerien, die oberen und mittleren Landesbehörden, die Zentralen Beschaffungsstellen , die Vergabeberatungsstellen, die kommunalen Spitzenverbände sowie die Kammern und Verbände der Wirtschaft auf das Inkrafttreten der neuen Verwaltungsvorschrift sowie die Beachtung des IAO-Übereinkommens Nr. 182 hingewiesen. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3888 Zu Frage 7: Im Rahmen der diesjährigen Rheinland-Pfalz-Ausstellung in Mainz hat vom 22. bis 24. März 2014 erstmals eine Messe „Faire Welten“ stattgefunden, die Verbraucherinnen und Verbraucher über den Fairen Handel informierte. Auf Initiative der Landesregierung und in Kooperation mit Engagement Global gGmbH, ELAN, dem Weltladendachverband, sowie dem Weltladen Mainz präsentierten sich Aussteller mit fairen Produkten. Darüber hinaus gab es Info-Stände der beteiligten Organisationen. Die Messe „Faire Welten“ soll anlässlich der Rheinland-Pfalz-Ausstellung 2015 erneut und in einem größeren Rahmen stattfinden. Zudem weist die Landesregierung regelmäßig auf die Problematik ausbeuterischer Kinderarbeit hin. In Vertretung: Uwe Hüser Staatssekretär 3