Drucksache 16/3928 04. 09. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Ulrich Steinbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr Die Kleine Anfrage 2544 vom 14. August 2014 hat folgenden Wortlaut: Am 11. Juli 2014 wurde durch den Bundesrat das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr beschlossen. Diese dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Ziel des Gesetzes ist es, die Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr zu verbessern und damit die Liquidität und Wettbewerbsfähigkeit insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken. Um dies zu erreichen, verschärft das Gesetz die Verzugsfolgen in den Fällen, in denen ein Unternehmer oder ein öffentlicher Auftraggeber in Zahlungsverzug gerät. Insbesondere aus dem Handwerk ist zu vernehmen, dass ausbleibende Zahlungen einiger Kundengruppen zu existentziellen Problemen führen. Nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) seien ausbleibende Zahlungen im Baugewerbe der häufigste Grund für Insolvenzen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung den Zusammenhang zwischen ausbleibenden Zahlungen und Unternehmensinsolvenzen in Rheinland-Pfalz? 2. Welche Neuerungen entstehen durch das neue Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr? 3. Welche konkreten Auswirkungen erwartet die Landesregierung durch das neue Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr für die kleinen und mittleren Unternehmen in Rheinland-Pfalz, insbesondere im Handwerk? 4. Wie plant die Landesregierung, sicherzustellen, dass der Gesetzesvollzug in der Praxis gewährleistet wird? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 3. September 2014 wie folgt beantwortet: Verzögerte oder gar ausbleibende Zahlungen bedeuten für die Unternehmen ein erhebliches Risiko und sind vielfach eine Ursache für Unternehmensinsolvenzen. Über die europäische Richtlinie zur Verhinderung des Zahlungsverzugs und die Umsetzung des Gesetzes auf Bundesebene wollen Europäische Union und Bundesregierung dem Zahlungsverzug entgegenwirken und so Liquidität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Die Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) zu kritischen Auswirkungen des Zahlungsverzugs werden aus anderen Quellen bestätigt: Laut der Creditreform Analyse Wirtschaftslage im Handwerk Frühjahr 2013 mussten 15,0 Prozent der deutschen Handwerksbetriebe einen Verlust von mehr als einem Prozent im Verhältnis zum Umsatz hinnehmen. Viel zu oft werden – so nach den Ergebnissen der Creditreform – gesunde Betriebe in einen Strudel gezogen, der im schlimmsten Fall bis zur Insolvenz führen kann. Dies erfährt die Landesregierung auch in ihren direkten Kontakten mit Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Zu Frage 2: Mit dem neuen Gesetz wurde eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates aus dem Jahr 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in deutsches Recht umgesetzt. Im Einzelnen beinhaltet es: Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 25. September 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3928 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode – Höchstgrenzen für vertraglich vereinbarte Überprüfungs- oder Abnahme- sowie Zahlungsfristen § 271 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sieht gesetzliche Höchstgrenzen für die wirksame vertragliche Vereinbarung von Überprüfungs- oder Abnahme- sowie Zahlungsfristen vor. Damit werden für Geschäfte zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen Auftraggebern erstmals zeitliche Grenzen für die Dauer von Abnahme- oder Überprüfungsverfahren eingeführt (vgl. § 271 a Absatz 3 BGB). Dies soll verhindern, dass die Regelungen über die Verzugsvoraussetzungen durch überlange Abnahme- oder Überprüfungsverfahren umgangen werden. Dementsprechend darf ein Zeitraum von mehr als 30 Tagen für die Abnahme oder Überprüfung nach Empfang der Gegenleistung nur vereinbart werden, wenn eine solche Vereinbarung ausdrücklich getroffen wird und für den Gläubiger nicht grob unbillig ist. Ebenso werden zeitliche Grenzen für wirksam vereinbarte Zahlungsfristen gesetzlich festgelegt. Diese Höchstfristen von 60 Tagen – beziehungsweise 30 Tagen, wenn es sich bei dem Schuldner um einen öffentlichen Auftraggeber handelt – dürfen nur überschritten werden, wenn die Vereinbarung ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Gläubigerbelange nicht grob unbillig ist oder wenn – bei Geschäften mit öffentlichen Auftraggebern – die Vereinbarung ausdrücklich getroffen und durch die besondere Natur oder durch die Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist. Das Gesetz stellt zudem sicher, dass die einschränkenden Fristregelungen nicht durch Vereinbarungen über den Verzugseintritt umgangen werden können. – Erhöhung des gesetzlichen Verzugszinses Der in § 288 Absatz 2 BGB bestimmte Verzugszins bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, wurde um einen Prozentpunkt auf neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz angehoben. – Pauschale Entschädigung für Rechtsverfolgungskosten Dem Gläubiger einer Entgeltforderung steht mit Eintritt des Verzugs des Schuldners – sofern es sich bei dem Schuldner um eine Person handelt, die nicht Verbraucher ist – ein Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro zu. Die Pauschale ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. – Nachteilige Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Auch bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sieht das Gesetz Einschränkungen für Klauseln über Zahlungs -, Abnahme- und Überprüfungsfristen vor. § 308 BGB – Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit – wurde um Regelungen zur Zahlungsfrist sowie zur Überprüfungs- und Abnahmefrist ergänzt. Danach sind Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen und Prüfungs- oder Abnahmefristen von mehr als 15 Tagen im Zweifel als unangemessen lang anzusehen und damit unwirksam, sofern der Verwender der Klausel kein Verbraucher ist. Die in § 308 BGB bestimmten Zeiträume betragen die Hälfte der in § 271 a Absatz 1 und 3 BGB vorgesehenen Zeiträume. An Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen soll ein strengerer Maßstab angelegt werden, um so zu verhindern, dass sich vor allem marktmächtige Schuldner zulasten ihrer Vertragspartner übermäßig lange Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen einräumen. Zu Frage 3: Das Gesetz setzt öffentlichen Auftraggebern eine Frist zur zügigen Überprüfung, Abnahme und Zahlung von Leistungen, die einen Zahlungseingang beschleunigen kann. Dies ist durchaus im Interesse der Landesregierung. Die Landesregierung erwartet darüber hinaus von dem neuen Gesetz eine gewisse Verbesserung der Zahlungsmoral von Unternehmen der Wirtschaft und Privatkunden, geht aber nicht davon aus, dass damit die Probleme des Zahlungsausfalls insgesamt gelöst werden können. Ob sich ein Unternehmen zum Beispiel entschließt, ausbleibende Zahlungen mit Verzugszinsen zu belegen oder gar einzuklagen, hängt von der Beziehung der Unternehmen zu ihren Kunden ab. Häufig wird darauf verzichtet, um die Kunden nicht zu verlieren. Erfahrungsgemäß ist die genaue Prüfung der Bonität eines Kunden, die Klarheit der Rechnungsstellung und ein professionelles Forderungsmanagement der Unternehmen der bessere Weg, um Zahlungsausfälle zu reduzieren. Auf diese unternehmerische Aufgabe weist die Landesregierung im Rahmen von Veranstaltungen wie z. B. dem Mittelstandstag oder Informationsveranstaltungen für Gründungen immer wieder hin. Sie sieht es zudem als eine wichtige Aufgabe der Kammern als Organen der Selbstverwaltung der Wirtschaft, ihre Mitgliedsunternehmen bei der Entwicklung eines professionellen Forderungsmanagements aktiv zu unterstützen. Zu Frage 4: Grundsätzlich sind Auftraggeber rechtlich verpflichtet, ihrer Zahlungspflicht zu entsprechen. Über die Möglichkeit der Klage bei Nichteinhaltung der Zahlungsverpflichtung ist der Vollzug des Gesetzes in der Praxis sichergestellt. In Vertretung: Uwe Hüser Staatssekretär