Drucksache 16/3940 10. 09. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Kathrin Anklam-Trapp (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Bedeutung der Krebsfrüherkennung bei Brustkrebs Die Kleine Anfrage 2549 vom 18. August 2014 hat folgenden Wortlaut: Die Zahl der Krebspatienten in Deutschland steigt, vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung. Nach dem Bericht der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie DGHO sinkt erfreulicherweise die Mortalität in den letzten zehn Jahren um 17 % bei Männern und um 8 % bei Frauen. Neben einer enormen medizinischen Entwicklung ist die Krebsfrüherkennung eines der wichtigsten Konzepte für den Umgang mit Krebs. Der Brustkrebs gilt mit Abstand als der häufigste maligne Tumor bei Frauen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch ist der Anteil der betroffenen Frauen in Rheinland-Pfalz und wie entwickelte sich die Zahl der Karzinomerkrankungen in den letzten 20 Jahren? 2. Seit 2004 gibt es mit dem Mammografie-Screening eine gesetzliche Vorsorgemöglichkeit, wie wird sie in Rheinland-Pfalz ange- nommen? 3. Gibt es eigene Vorsorgemöglichkeiten und in welcher Form, durch welche Aktivitäten fördert und unterstützt sie die Landes - regierung? 4. Würden sich die Heilungschancen durch eine verbesserte Früherkennung oder durch Prävention deutlich verbessern? 5. Wie könnte man die Akzeptanz an Präventions- und Vorsorgeangeboten um die Krebsfrüherkennung erhöhen, was unternimmt die Landesregierung, welche Partner unterstützen hierbei? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 9. September 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die nachfolgenden Auswertungen wurden für die Diagnosejahre 2000 bis 2010 durchgeführt. Belastbare Aussagen zu weiter zurückliegenden Jahren sind nicht möglich, da in Rheinland-Pfalz erst im Jahr 1998 mit der epidemiologischen Krebsregistrierung begonnen wurde. Die Auswertungen beschreiben den Datenstand in der Registerstelle des Krebsregisters im Juli 2013, mit dem auch die Auswertungen für den aktuellen Jahresbericht des Krebsregisters für das Diagnosejahr 2010 durchgeführt wurde. Der Jahresbericht für das Diagnosejahr 2011 wird aktuell angefertigt. Die Zahl der Neuerkrankungen für Brustkrebs ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen und im Jahr 2010 erstmals rückläufig . Die altersstandardisierten Inzidenzraten, die das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung berücksichtigen, sind erst seit der Einführung des Mammographie-Screenings in Rheinland-Pfalz 2007 deutlich angestiegen. Im Jahr 2010 war sie wieder rückläufig . Der Anstieg der Inzidenz ist wahrscheinlich auf die Vorverlagerung der Diagnose durch das Screening zurückzuführen. In den nächsten Jahren ist ein Rückgang der Inzidenz auf Werte zu erwarten, die denen vor der Einführung des Screenings entsprechen. Der Verlauf des Anteils der Brustkrebsneuerkrankungen an allen Krebsneuerkrankungen entspricht dem der Inzidenz. Die Morta - lität war in den Jahren 2009 und 2010 leicht rückläufig. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. September 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3940 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Abbildung 1 im Anhang stellt die Entwicklungen von Inzidenz und Mortalität grafisch dar. In Abbildung 2 im Anhang sieht man den oben beschriebenen Screening-Effekt fast ausschließlich in der berechtigten Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen. Auch der Rückgang der Mortalität in den Jahren 2009 und 2010 zeigt sich vor allem in der Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass dieser Mortalitätsrückgang so kurz nach der Einführung auf das Screening zurückzuführen ist. Hier bleibt abzuwarten, ob der Trend in den nächsten Jahren anhalten wird. Zu 2.: Die folgende Abbil dung zeigt die regionalen Teilnahmeraten in den einzelnen Bundesländern. Beim Vergleich der Betrachtungszeiträume ist die sukzessive Einführung des Programms zu berück sichtigen. Aufgrund der Inbetriebnahme neuer Standorte veränderten sich die Grundmengen für die Berech nung der Teilnahmeraten. Bei der Betrachtung auf Länderebene führen kleine Fallzahlen in der Anfangsphase zu scheinbar ho hen Schwankungen. Abbildung: Teilnahmerate pro Bundesland. Zu 3.: Eine gesunde Lebensweise kann bis zu einem gewissen Grad dazu beitragen, einer Krebserkrankung vorzubeugen. Verschiedene Studien zeigen dies auch für das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Zu einem gesunden Lebensstil gehören insbesondere Nichtrauchen , regelmäßige körperliche Bewegung, gesunde ausgewogene Ernährung (mehr Obst und Gemüse, weniger Fett und rotes Fleisch), ausreichend Flüssigkeitszufuhr, die Vermeidung von Übergewicht, eine Einschränkung des Alkoholkonsums sowie der vorsichtige Umgang mit UV-Strahlung. Die Landesregierung führt eine Vielzahl von Maßnahmen gemeinsam mit ihren Partnern durch, insbesondere der Landeszentrale für Gesundheitsförderung Rheinland-Pfalz e. V., um Menschen in jedem Alter einen gesunden Lebensstil nahezubringen. Zur Erkennung von Tumoren der Brust können Frauen ab 30 Jahren ihre Brust einmal im Jahr von einer Ärztin oder einem Arzt abtasten lassen. Darüber hinaus leitet die Frauenärztin oder der Frauenarzt auch zur Selbstuntersuchung an. Die alleinige Tastunter - suchung ist aber als systematische Brustkrebsfrüherkennungsmaßnahme nicht geeignet. Es hat sich gezeigt, dass damit die Sterblichkeit an Brustkrebs nicht reduziert werden kann. Dennoch kann die Untersuchung dazu beitragen, dass Frauen ihr Körperbewusstsein und ihr Gefühl für die eigene Brust verbessern. Informationen zur Selbstuntersuchung der Brust finden sich auch im Internet unter „BRUSTlife“, einer Initiative der Landesregierung und ihrer Partner (Arbeitsgemeinschaft der Landfrauenverbände, die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten , der Berufsverband der Frauenärzte, der Ärztinnenbund, die Landesärztekammer, die Universitätsfrauenklinik , die Krebsgesellschaft Rheinland-Pfalz, das Tumorzentrum Rheinland-Pfalz, der Landesverband der „Frauenselbsthilfe nach Krebs“, PRO FAMILIA, die Landesarbeitsgemeinschaft der Kontakt- und Informationsstellen Selbsthilfe und die Landeszentrale für Gesundheitsförderung und die Techniker Krankenkasse). Bei Frauen mit erblicher Vorbelastung für Brustkrebs ist über das Mammografie-Screening hinaus ein spezielles und engmaschige res Früherkennungsprogramm sinnvoll. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3940 Zu 4.: Das Mammografie-Screening ermöglicht, anders als die alleinige Tastuntersuchung der Brust, eine echte Früherkennung (sekundäre Prävention) von Brustkrebs. Fachleute gehen davon aus, dass dies nicht nur in vielen Fällen die Heilungschancen betroffener Frauen erhöht, sondern auch die Behandlung für sie weniger belastend macht. Zu 5.: Krebsfrüherkennungsangebote richten sich an gesunde Bürgerinnen und Bürger. Es ist daher von besonderer Bedeutung, dass diese eine informierte Entscheidung für oder gegen die Teilnahme an einer Krebsfrüherkennungsuntersuchung treffen können. Dies ermöglichen vor allem objektive und verständliche Informationen über den potenziellen Nutzen, aber auch die etwaigen Risiken, die mit einer Untersuchung einhergehen können. Die gesetzlichen Krankenkassen, die Krebsgesellschaft Rheinland-Pfalz e. V., das Tumorzentrum Rheinland-Pfalz e. V., die Landeszentrale für Gesundheitsförderung e. V., die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie die Selbsthilfegruppen, Initiativen und Verbände informieren und sensibilisieren in zahlreichen Broschüren, Pressemeldungen , Internetauftritten sowie Veranstaltungen und Aktionen gemeinsam mit der Landesregierung über das Thema Krebsvorsorge und -früherkennung. Die Landesregierung arbeitet darüber hinaus gemeinsam mit dem Krebsregister Rheinland-Pfalz daran, den Effekt von Maßnahmen zur Krebsfrüherkennung zu untersuchen. Die Akzeptanz von Präventions- und Vorsorgeangeboten kann auch durch die regelmäßige Einladung von Versicherten zur Früherkennungsuntersuchung erhöht werden. Neben der Brustkrebsfrüherkennung sind nach dem am 9. April 2013 in Kraft getretenen Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz künftig die gesetzlichen Krankenkassen auch im Rahmen der Darmkrebs- und Gebärmutterhalskrebsfrüherkennung dafür verantwortlich, dass Versicherte individuell eingeladen werden. Durch zielgruppenspezifische Informationen soll den Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung über die Inanspruchnahme erleichtert werden. Die Krebsfrüherkennungsprogramme müssen mit einer durchgängigen Qualitätssicherung und Erfolgskontrolle ausgestattet sein. Alexander Schweitzer Staatsminister 3 Drucksache 16/3940 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 4 Anhang: Tabelle 1: Fallzahlen und Inzidenzraten Brustkrebs (ICD-10 C50) Rheinland-Pfalz je Geschlecht von 2000 bis 2010 *) Anteil an Krebsneuerkrankungen **) pro 100 000 Einwohner, altersstandardisiert nach Europastandard Tabelle 2: Sterbefallzahlen und Mortalitätsraten Brustkrebs (ICD-10 C50) je Geschlecht von 2000 bis 2010 *) Anteil an Krebsneuerkrankungen ***) Anteil an Krebssterbefällen Diagnosejahr Fallzahlen Inzidenzraten **) n Anteil (%) *) 2000 3 011 29,6 110,1 2001 3 103 29,8 112,9 2002 3 142 30,1 113,7 2003 3 209 30,2 114,3 2004 3 138 29,2 109,5 2005 3 176 29,6 107,8 2006 3 293 30,3 113,0 2007 3 476 31,6 121,3 2008 3 764 33,5 130,3 2009 3 865 33,5 132,6 2010 3 594 33,0 124,3 Diagnosejahr Sterbefälle Mortalitätsraten ***) n Anteil (%) **) 2000 929 18,8 30,7 2001 870 17,8 27,7 2002 921 18,5 29,0 2003 935 18,6 29,3 2004 929 18,9 28,8 2005 962 18,9 29,7 2006 951 19,0 28,3 2007 944 18,9 28,4 2008 1 031 20,7 29,7 2009 1 004 19,3 28,5 2010 919 18,5 25,2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3940 5 Abbildung 1: Inzidenz- und Mortalitätsraten Brustkrebs (ICD-10 C50) Rheinland-Pfalz je Geschlecht von 2000 bis 2010 Abbildung 2: Inzidenzraten Brustkrebs (ICD-10 C50) Rheinland-Pfalz je Geschlecht und Altersgruppen von 2000 bis 2010 Drucksache 16/3940 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Abbildung 3: Mortalitätsraten Brustkrebs (ICD-10 C50) Rheinland-Pfalz je Geschlecht von 2000 bis 2010 6