Drucksache 16/3954 12. 09. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Simone Huth-Haage (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Betreuungsquote Die Kleine Anfrage 2561 vom 21. August 2014 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie erklärt die Landesregierung, dass zwischen betreuten Kindern und vorgehaltenen Betreuungsplätzen für unter Drei-Jährige eine Differenz von rund 10 000 Plätzen liegt? 2. Wie bewertet die Landesregierung hinsichtlich der Betreuungsqualität, dass die relativ hohe Betreuungsquote in Rheinland-Pfalz vorrangig über kostengünstige Kindergartengruppen und nicht über kostenintensive Krippengruppen erreicht wird? 3. Welche Schlüsse zieht die Landesregierung hinsichtlich des Betreuungsanspruchs der Eltern, dass Rheinland-Pfalz bei der Betreuungs quote für Ein-Jährige im Bundesvergleich den letzten Platz einnimmt? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 12. September 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Erklärung dieser Differenz liegt in statistischen Fragestellungen. Für die Berechnung der Versorgungsquote und für die Berechnung der Betreuungsquote werden statistisch unterschiedliche Zahlen erhoben. Den jeweiligen Erhebungen liegen zudem unterschiedliche Betrachtungsweisen bzw. Erkenntnisinteressen und teilweise unterschiedliche Stichtage zugrunde. Die Betreuungsquote berücksichtigt, wie viele Kinder in welchem Alter tatsächlich zum vom statistischen Bundesamt festgelegten Stichtag betreut werden. Die Versorgungsquote berechnet zu zwei Stichtagen im Jahr anhand der unterschiedlichen Gruppenformen die rechnerisch für unter dreijährige Kinder zur Verfügung stehenden Plätze; bei altersgemischten Gruppen werden diese anteilig ermittelt. Kinder, die während des Kindergartenjahres bis zum nächsten Stichtag Geburtstag haben, werden in der Betreuungsstatistik ab diesem Zeitpunkt dem nächsten Jahrgang zugerechnet. Die Plätze „altern“ in der Versorgungsstatistik jedoch nicht mit. Die Plätze in altersgemischten Kindergartengruppen können sowohl von Kindern unter drei Jahren bzw. Ein- und Zweijährigen als auch von Kindern im Alter von drei Jahren bis Schuleintritt belegt werden. Diese Flexibilität ist für die Bedarfsplanung grundlegend und trägt der Tatsache Rechnung, dass Kinder älter werden oder der Eintritt in die Kindertagesstätte zum beliebigen Zeitpunkt im laufenden Jahr erfolgen kann. Die unterschiedlichen Perspektiven der Statistiken zur Versorgungs- und Betreuungsquote geben einen Hinweis auf die weitere Ausbaudynamik . Solange die Betreuungsquote geringer als die Versorgungsquote ist und zugleich Elternbefragungen weitere Bedarfe ausweisen, sind Plätze für Kinder unter drei und ggf. weitere für Kinder über drei Jahren zu schaffen. Altersgemischte Gruppen sind aus Trägersicht hier eine flexibel einsetzbare Angebotsform der Bedarfsplanung. Zu Frage 2: Ein maßgeblicher Zusammenhang zwischen Angebotsform der Kindertagesstätte und der Qualität der Betreuung, Bildung und Erziehung ist nicht evident. Dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt) obliegt gemäß § 9 Kindertagesstättengesetz (KitaG) die Verantwortung für die Bedarfsplanung der erforderlichen Plätze in Kindertagesstätten. Ihm obliegt somit auch Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 2. Oktober 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3954 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode die Entscheidung, welche der rechtlich möglichen Angebotsformen (Krippe, altersgemischte Gruppe mit kleiner Altersmischung, Haus für Kinder, geöffnete Kindergartengruppe oder Lern- und Spielstube) er schafft. Es gibt zahlreiche Gesichtspunkte für die Entscheidung , wie zum Beispiel bedarfsplanerische Anforderungen, räumliche Bedingungen der Einrichtungen, Perspektiven des Einrichtungsträgers , pädagogische Konzepte der Einrichtungen, Anzahl der Kinder gerade im ländlichen Raum, Akzeptanz durch die Eltern und ökonomische Aspekte (den Träger oder das Jugendamt betreffend). Dabei kann die Kindergartengruppe nicht per se gegenüber der Krippengruppe als kostengünstiger bewertet werden. So können in den geöffneten Kindergartengruppen keine Kinder unter zwei Jahren aufgenommen werden. Die Krippengruppen zeichnen sich zudem aus Elternsicht gegenüber den Kindergartengruppen dadurch aus, dass sie gemäß § 13 Abs. 3 und 4 KitaG in der Regel nicht beitragsfrei gestellt sind. Die Qualität in der Kindertagesstätte wird nicht so stark von der Gruppenform als eher von konzeptionellen Faktoren wie beispielsweise räumlichen Gegebenheiten, Ausstattung, pädagogischem Konzept, Sensibilität und Kenntnisstand des Personals, Art und Intensität der Zuwendung zu den Kindern, Anregungsvielfalt, Angeboten, Bildungsorientierung oder Mitbestimmung geprägt. Zu Frage 3: Es wird angenommen, dass sich die in der Frage enthaltene Einschätzung, Rheinland-Pfalz nehme im Ländervergleich der Betreuungsquote für Einjährige den letzten Platz ein, auf den im Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann-Stiftung enthaltenen Vergleich der Betreuungsquoten einzelner Jahrgänge bezieht. Allgemein kann gesagt werden, dass die Betreuungsquote der Einjährigen wie die Betreuungsquote aller anderen Kindertagesstättenjahrgänge auch von den vielen Einzelentscheidungen der Eltern bestimmt wird, ob ihr Kind in einer Kindertagesstätte betreut werden soll. Die Ausübung dieser Entscheidungsfreiheit wird von individuellen Faktoren (zum Beispiel Entwicklungsstand des Kindes, berufliche und finanzielle Situation der Eltern, Absprachen zwischen den Eltern oder Betreuungsbereitschaft durch Verwandte, Angebote des Arbeitgebers im Bereich Vereinbarkeit) und gesellschaftlichen Faktoren (z. B. lokale Akzeptanz der Betreuung in Einrichtungen, wissenschaftliche Empfehlungen, Meinungen anderer, Vertrauen in die konkreten Einrichtungen, Beitragshöhe) getragen. In den ostdeutschen Ländern ist daher zum Beispiel die Kinderbetreuung historisch bestimmt schon im ersten Lebensjahr selbstverständlicher als in den westdeutschen Ländern. In Rheinland-Pfalz, als westdeutsches Flächenland, hat sich die deutliche Zunahme einer Kinderbetreuung erst in den vergangenen Jahren entwickelt. Es ist anzunehmen, dass die Beitragsfreiheit ab dem zweiten Lebensjahr und die gute Qualität der Kindertagesstätten in unserem Land einen großen Anteil daran haben, dass Eltern ihre Planungen auf dieses Datum ausrichten. Dies zeigt sich auch darin, dass die Betreuungsquote in unserem Land ab dem zweiten Lebensjahr sprunghaft ansteigt und unser Land hier in allen Alterskohorten Spitzenplätze (beim zweiten Lebensjahr im Vergleich der westdeutschen Flächenländer und ab dem dritten Lebensjahr im Vergleich aller Länder) einnimmt. Irene Alt Staatsministerin