Drucksache 16/3974 17. 09. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Barbara Schleicher-Rothmund (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Auswirkungen des reduzierten Wasserverbrauchs in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 2569 vom 26. August 2014 hat folgenden Wortlaut: Der Wasserverbrauch in Rheinland-Pfalz sinkt seit Jahren. Im Jahre 1979 lag der Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser im Land noch bei 133 Litern, 2010 waren es nur noch 119 Liter. Für die Kanalisation kann dies Medienberichten zufolge nachteilige Auswirkungen haben und unter anderem zusätzliche Wartungsarbeiten erfordern. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Ist nach Kenntnis der Landesregierung der Landkreis Germersheim vom Rückgang des Wasserverbrauchs im Landesvergleich besonders betroffen und sind dort häufigere Spülungen der Kanäle erforderlich? 2. Inwieweit werden die Kanäle im Landkreis Germersheim nach Kenntnis der Landesregierung mit Trinkwasser gespült? Gibt es auch gezielte Einleitungen von Oberflächenwasser zur Spülung der Kanäle? 3. Wie ist nach Kenntnis der Landesregierung der Zustand der Kanalisation im Landkreis Germersheim einzuordnen? 4. Inwieweit unterstützt die Landesregierung die Kommunen bei der Sanierung der Kanäle? 5. Welche grundsätzlichen Auswirkungen ergeben sich aufgrund der demografischen Entwicklung zusätzlich zum reduzierten Wasser verbrauch für die kommunale Wasserwirtschaft? 6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die kommunale Wasserwirtschaft bei der Bewältigung der durch den Be- völkerungsrückgang verursachten Auswirkungen zu unterstützen? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 17. September 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der Wasserverbrauch im Landkreis Germersheim lag im Erhebungsturnus 2010 des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz bei 117,7 Liter pro Einwohner und Tag. Damit liegt der Verbrauch geringfügig unter dem Landesdurchschnitt von 119,9 Litern pro Einwohner und Tag. Im Vergleich des Landkreises Germersheim mit dem Durchschnitt der Landkreise in Rheinland Pfalz zeigt sich, dass Germersheim mit 117, 7 Litern über dem Durchschnitt von 115 Litern pro Einwohner und Tag in den Landkreisen liegt. Gegenüber dem Erhebungsturnus 2007 hat sich der Verbrauch im Landkreis Germersheim um weniger als 2 % verringert. Im Landesdurchschnitt hat sich der Verbrauch um 2 % verringert, in den Landkreisen um durchschnittlich 2,4 %. Damit ist der Landkreis Germersheim im Vergleich zum Landesdurchschnitt nicht übermäßig stark von dem leichten Rückgang des Wasserverbrauchs betroffen . Die Spülung der Kanäle liegt in der Eigenverantwortung der Kommunen und kann nach Ermessen und unter Einbeziehung der örtlichen Gegebenheiten nach Erfordernis oder aus Vorsorgegründen erfolgen. Nach Kenntnis der Landesregierung sind im Landkreis Germersheim keine häufigeren Spülungen der Kanäle im Mischsystem aufgrund des reduzierten Wasserverbrauchs zu verzeichnen. Jedoch gab eine Verbandgemeinde auf Nachfrage an, in Teilen des Kanalnetzes mit Trennsystem einen häufigeren Bedarf zur Spülung des Systems aufgrund von verringertem Wasserverbrauch festgestellt zu haben. In der Mehrheit der Verbandsgemeinden wird das Kanalnetz aus Vorsorgegründen einmal im Jahr durch Dienst- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 10. Oktober 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/3974 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode leistungsunternehmen mit Spülfahrzeugen gespült. Die erforderliche Anzahl an Anfahrten der Fahrzeuge, um ein komplettes Ortsnetz einmal zu spülen, hängt von der Länge des jeweiligen Kanalnetzes ab. Ausnahme bilden drei Verbandsgemeinden, in denen nach Spiegelung der Kanäle und der dabei festgestellten Erfordernis gespült wird. In einer Verbandsgemeinde werden erfahrungsgemäß kritische Stellen im Kanalnetz zur Vorsorge zwei- bis dreimal pro Jahr gespült. Zu Frage 2: Nach Kenntnis der Landesregierung wird im Kreis Germersheim zum Teil Trinkwasser zur Spülung der Kanäle verwendet, zum Teil werden je nach Verfügbarkeit auch andere Quellen genutzt. In drei Verbandsgemeinden wird das Wasser aus der Nachklärung von Kläranlagen verwendet, in einer Verbandsgemeine Wasser aus einem Brunnen auf der Kläranlage. Die Spülfahrzeuge der beauftragten Dienstleistungsunternehmen verfügen zum größten Teil über eine Rückführungseinrichtung, sodass Spülwasser mehrmals verwendet werden kann. Insgesamt gibt es aufgrund der überwiegenden Mischkanalisation im Landkreis Germersheim kaum gezielte Einleitungen von Oberflächenwasser in die Kanalisation. Ausnahmen bilden vereinzelte Einleitungen von Straßenabläufen in Anfangshaltungen zur Aufrechterhaltung des Fließvermögens. Zu Frage 3: Insgesamt hat das Kanalnetz im Landkreis Germersheim eine Länge von 743,5 km. Davon stammen mit Stand 2010 416,5 km aus einem Baujahr bis 1980, 100,2 km aus einem Baujahr von 1981 bis 1991, 110,3 km aus einem Baujahr von 1991 bis 2000 und 76,6 km sind jüngeren Baujahrs als 2001. Zu 40 km konnten keine Angaben erhoben werden. Von den 743,5 km sind 473 km als Mischkanalisation und 270 km im Trennsystem ausgeführt. Der Sanierungsbedarf wird in fünf Zustandsklassen gegliedert, bei denen die Klassen 0 und 1 den sofortigen bzw. kurzfristigen Handlungsbedarf angeben. Die Zustandsklassen 2, 3 und 4 geben mittelfristigen, langfristigen und keinen Handlungsbedarf an. Der Zustand des Kanalnetzes in Germersheim ist besser als der Landesdurchschnitt für Rheinland- Pfalz einzuordnen, dies zeigt die folgende Tabelle (Zahlen der Erhebungen der Eigenüberwachung (Stand 2012): Zu Frage 4: Mit der Einführung des Wasserentnahmeentgeltes wurde die finanzielle Grundlage geschaffen, um die abwasserbeseitigungspflichtigen Kommunen bei den Maßnahmen zur Beseitigung von Kanalschäden und damit zum Erhalt der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur finanziell zu unterstützen. Das Land hat mit den am 23. Juli 2013 in Kraft getretenen Förderrichtlinien der Wasserwirtschaftsverwaltung im Förderbereich Abwasserbeseitigung die Maßnahmen zur Beseitigung von Kanalschäden in Schmutz- und Mischwasserkanälen ergänzt. Das öffentliche Kanalnetz umfasst in Rheinland-Pfalz rund 25 000 km an Schmutz- und Mischwasserkanälen. Aus den Ergebnissen der Eigenüberwachung sowie des landesweiten Benchmarkings ist bekannt, dass bis zu 15 % der Kanäle den Zustandsklassen 0 und 1 zuzuordnen sind. Da von undichten Kanälen eine nachteilige Beeinträchtigung des Bodens, des Grundwassers und somit der Trinkwasserressourcen durch austretende Schadstoffe ausgehen kann, ist eine Sanierung der Kanäle für einen nachhaltigen Gewässerschutz erforderlich. Das Land hat daher in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden die finanzielle Förderung auf die Beseitigung der Schäden in Kanälen der Zustandsklassen 0 und 1 sowie auf undichte Kanäle in Wasserschutzgebieten fokussiert. Die Höhe der finanziellen Förderung ist gestaffelt nach der jeweiligen Höhe des Entgeltbedarfs als Maß für die finanzielle Belastung des Abwasserbeseitigungspflichtigen . Zu Frage 5: Die Anpassung der Abwasser- und Wasserversorgungsysteme stellt angesichts der regional sehr unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung eine besondere Herausforderung dar. Dies betrifft neben den erhöhten Anforderungen an den Betrieb der Anlagen insbesondere das Problem einer angemessenen Verteilung der hohen Fixkosten (70 bis 80 %) auf immer weniger Bürgerinnen und Bürger. In ländlichen Regionen können vertretbare Entgelte nur durch eine gezielte finanzielle Förderung des Landes erreicht werden. Daneben ist es von besonderer Bedeutung, dass die kommunalen Maßnahmenträger sich konsequent um wirtschaftliche Lösungen bemühen. 2 Zustandsklasse Land Kreis GER 0 und 1 15 % 12,6 % 2 11 % 8,2 % 3 17 % 16,2 % 4 57 % 62,9 % Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/3974 Beispielhaft anzuführen ist die Änderung der Förderrichtlinien Wasserwirtschaft im Hinblick auf die Förderung von Kleinkläranlagen , die im Außenbereich häufig eine wirtschaftlichere Alternative darstellen. Die mehr als 1 000 neuen privaten Kleinkläranlagen, die seither in das mittelfristige Investitionsprogramm aufgenommen wurden, sind ein Beleg dafür, dass der Abschluss der erstmaligen Herstellung im Außenbereich konsequent und für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar umgesetzt wird. Zu Frage 6: Die Langlebigkeit der wasserwirtschaftlichen Anlagen (z. B. Kanäle bis zu 80 Jahren) hat zur Folge, dass jede Investition langfristig abgeschrieben wird und mehrere Generationen mit Folgekosten belastet. Das Land hat daher die Förderung für Kommunen, die bereits hinsichtlich ihrer Entgeltsbelastung weit überdurchschnittlich hoch belastet sind, umgestellt. Durch die anteilige Gewährung von Zuschüssen anstelle von Darlehen soll diesen Kommunen langfristig ein Teil der Tilgungslasten genommen werden. Das Land unterstützt die Umsetzung dezentraler Lösungen (z. B. Kleinkläranlagen) und auch die Kooperation von Kommunen im ländlichen Raum. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist die Energieoptimierung von Abwasseranlagen. Mit dem vom Land finanzierten Leitungsvergleich (Benchmarking Wasserwirtschaft) erhalten die Kommunen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine maßgebliche Unterstützung bei der Suche nach technischen und wirtschaftlichen Verbesserungsmöglichkeiten . Das Land fördert nicht nur die Umsetzung der aufgezeigten Effizienzmaßnahmen, sondern gewährt auch einen Förderbonus für die Teilnehmer am Benchmarking. Ulrike Höfken Staatsministerin 3