Drucksache 16/4028 07. 10. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Scharia-Polizei Die Kleine Anfrage 2614 vom 15. September 2014 hat folgenden Wortlaut: In Wuppertal patrouillierte laut verschiedenen Medienberichten eine „Sharia-Polizei“. Videos von diesen Patrouillen wurden laut ARD Tagesthemen vom 6. September 2014 ins Internet gestellt. In diesen Videos war zu sehen, wie eine „Scharia-Polizei“ in Diskotheken und Glücksspielhallen agierte. Dabei wurden auch Westen mit dem Aufdruck, „Sharia-Police“ getragen. Ein von den Tagesthemen gezeigtes Video endete mit dem Spruch „Bald auch in Deiner Stadt“. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Sind in Rheinland-Pfalz bereits solche Patrouillen einer „Sharia-Polizei“ aufgetaucht bzw. liegen Erkenntnisse vor, dass es solche Patrouillen auch in Rheinland-Pfalz geben könnte? 2. Sieht die Landesregierung eine strafrechtliche Relevanz, falls solche Patrouillen auch in Rheinland-Pfalz durchgeführt werden sollten? 3. Befürwortet die Landesregierung die Wiedereinführung der Strafbarkeit für die „Sympathiewerbung“ für terroristische Verei- nigungen? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 wie folgt beantwortet: Die wirksame und nachhaltige Bekämpfung extremistischer Bestrebungen jeglicher Art ist der Landesregierung ein zentrales Anliegen . Hierzu bedarf es eines umfassenden, d. h. sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen bündelnden Ansatzes. Dazu gehören Aufklärung und Beratung im Vorfeld, um individuelle Radikalisierungsprozesse frühzeitig erkennen und unterbinden zu können, zivilgesellschaftliches Engagement wie auch eine konsequente Strafverfolgung. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1.: Weder den rheinland-pfälzischen Polizeibehörden noch dem Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz liegen Erkenntnisse über ein öffentliches Auftreten einer sogenannten „Scharia-Polizei“ in Rheinland-Pfalz vor. Zu Frage 2.: Hinsichtlich der strafrechtlichen Relevanz kann keine generelle Aussage getroffen werden. Es hängt vielmehr vom Einzelfall ab, ob und ggfs. welche Straftatbestände erfüllt sind. In Betracht kommt eine Strafbarkeit nach § 28 Versammlungsgesetz wegen Verstoßes gegen das Uniformierungsverbot (§ 3 Versammlungsgesetz) sowie – bei Anwendung von Gewalt oder Drohungen – die Tatbestände der Nötigung (§ 240 StGB) oder Bedrohung (§ 241 StGB), u. U. auch Amtsanmaßung (§ 132 StGB). Zu Frage 3.: Angesichts der Anziehungskraft insbesondere des „Islamischen Staates“ (IS) auf Angehörige des islamistischen Personenpotenzials in Deutschland, nicht zuletzt aufgrund der offensiven Nutzung der Möglichkeiten der Propaganda im Internet zu Zwecken der „Missionierung und Rekrutierung“, würde eine generelle Strafbarkeit von Werbemaßnahmen eine frühzeitige Intervention der Sicherheitsbehörden erleichtern. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Oktober 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4028 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Straftatbestände müssen sich indes an rechtsstaatlichen Anforderungen messen lassen und auch die Grundrechte derer respektieren, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen. Bestandteil der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist auch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Eine praxisgerechte Abgrenzung zwischen organisationsbezogener, strafbarer Meinungsäußerung einerseits und einer primär humanitär, politisch oder ähnlich motivierten Verlautbarung war bei der Sympathiewerbung nicht gewährleistet, weswegen der Tatbestand des § 129 a Abs. 5 Satz 2 StGB mit dem 34. StrÄndG im Jahr 2002 durch Beschränkung auf das Werben um Mitglieder oder Unterstützer enger gefasst wurde. Da eine erfolgreiche Werbung weiterhin als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung strafbar ist, ist eine effektive Strafverfolgung sichergestellt. Lediglich missliebige oder abwegige Äußerungen sind weder strafbar noch strafwürdig. Ein Gesinnungsstrafrecht ist abzulehnen. Jochen Hartloff Staatsminister