Drucksache 16/4108 15. 10. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Kathrin Anklam-Trapp und Friederike Ebli (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Abschlussbericht Expertenforum Demenz Die Kleine Anfrage 2652 vom 25. September 2014 hat folgenden Wortlaut: Seit 2003 setzt sich die Landesregierung für eine verbesserte Versorgung und gute Begleitung von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen ein. Im August 2013 wurde ein Expertenforum Demenz einberufen und beauftragt, Empfehlungen zu erarbeiten. Laut aktueller Berichterstattung liegt nun der Abschlussbericht des Expertenforums der Landesregierung vor. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Menschen leben in Rheinland-Pfalz mit Demenz? 2. Wie setzt sich die Expertengruppe des Forums Demenz zusammen? 3. Wie kann das Angebot an Betreuung und Unterstützung in Rheinland-Pfalz verbessert werden, um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz in allen Stadien der Erkrankung zu fördern? 4. Wie können die regionalen und überregionalen Beratungsangebote im Land weiter verbessert werden? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat sich bereits vor zehn Jahren intensiv damit befasst, dass Demenz als häufigste und folgenreichste psychiatrische Erkrankung im Alter in den folgenden Jahren deutlich ansteigen würde. Im Jahr 2003 wurde die Anzahl von Menschen mit Demenz bundesweit auf über 900 000 Betroffene geschätzt. Man ging davon aus, dass ihre Zahl bis zum Jahr 2020 vermutlich auf ca. 1,4 Millionen steigen werde (4. Altenbericht der Bundesregierung). Diese Zahl haben wir bereits im Jahr 2014 erreicht. Für Rheinland-Pfalz geht die Landesregierung heute davon aus, dass ca. 80 000 Menschen an einer Demenz erkrankt sind. Ca. 70 Prozent aller Menschen mit Demenzerkrankungen werden in Rheinland-Pfalz zu Hause von ihren Angehörigen, Familien und Freunden versorgt, häufig unterstützt von ambulanten Pflegediensten. Zu 2.: Die insgesamt 48 Expertinnen und Experten zum Thema Demenz in Rheinland-Pfalz kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Aus der Wissenschaft, der Medizin, der Pflege, der Selbsthilfe, aus Pflegestützpunkten, der Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (BP-LWTG), aus dem Bereich der Leistungsträger und der Leistungserbringer und der kommunalen Verwaltung. Das Expertenforum bestand aus einer Kernarbeitsgruppe und vier Arbeitsgruppen. Von der Landesregierung waren lediglich die jeweils zwei Leitungen der Arbeitsgruppen und die wissenschaftliche Begleitung des Gesamtprojektes durch Prof. Dr. Andreas Fellgiebel von der Universitätsmedizin Mainz berufen. Die Arbeitsgruppenleitungen waren für die Einberufung der Expertinnen und Experten in ihrer Arbeitsgruppe selbst verantwortlich und in ihrer Auswahl unabhängig. In den vier Arbeitsgruppen wurden aus unterschiedlichen Perspektiven Voraussetzungen und zentrale Bedingungen für einen demenzfreundlichen Sozialraum herausgearbeitet . Dazu wurden auch die bestehenden Angebote und Strukturen in den Blick genommen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 10. November 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4108 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 3.: Das Expertenforum Demenz bewertet in seinem Bericht die bestehenden Unterstützungssysteme und Angebotsstrukturen in Rheinland -Pfalz als positiv und wirksam. Es empfiehlt, diese guten Strukturen und Systeme zu einer multiprofessionellen und vernetzten Demenzversorgung in Rheinland-Pfalz gezielt regional zusammenzuführen und weist der „demenzfreundlichen Kommune“ eine zentrale Rolle für eine offene und aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz zu. Der Bericht beschreibt, dass das Wohlergehen von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen entscheidend auch davon abhängt, welchen Stellenwert das Thema Demenz in der öffentlichen Wahrnehmung hat und mit welchen Bildern es verbunden ist. Die Expertinnen und Experten fordern, dass künftig in öffentlichen und fachöffentlichen Medien stärker darauf geachtet werden soll, dass das Leben mit Demenz vorurteilsfreier und differenzierter dargestellt wird und sich nicht nur ausschließlich auf Defizite und ein spätes Stadium der Demenz bezieht. Das Expertenforum bestärkt den sozialpolitischen Schwerpunkt der Landesregierung, dass Menschen mit Demenz in ihrem vertrauten Sozialraum alle notwendigen Unterstützungsmöglichkeiten vorfinden sollen. Denn Menschen mit Demenz haben, abhängig vom Stadium der Demenz, Ressourcen und Möglichkeiten, ihre Belange selbst zu bestimmen. Damit Menschen mit Demenz Teil einer sorgenden Gemeinschaft sind, braucht es das Bewusstsein für eine Sorge- und Verantwortungskultur in jeder Ortsgemeinde bzw. jedem Stadtteil. Sorgende Gemeinschaften beziehen sich auf alle Generationen und zeichnen sich durch Zusammenhalt, gemeinsames Tun und gegenseitige Hilfe aus. Sie brauchen öffentliche Räume im Quartier, um zu entstehen und um wachsen zu können. Die Landesregierung wird sich in Abstimmung mit den Kommunen dafür einsetzen, dass die Sorgekultur in den kleinen Wohnquartieren und die interdisziplinäre Zusammenarbeit von pflegenden Angehörigen, Nachbarschaften, Ehrenamt, Beratungsangeboten , Medizin und professionell Pflegenden weiter gestärkt wird. Zu 4.: Menschen mit Demenz benötigen eine bedarfsgerechte, ressourcenorientierte Unterstützung. Je komplexer der Hilfe- und Unterstützungsbedarf , desto mehr Schnittstellen gibt es im Versorgungsprozess und umso wichtiger ist eine koordinierte Abstimmung der unterschiedlichen Hilfeleistungen. Die Landesregierung hat in Rheinland-Pfalz – auch nach Einschätzung durch die Expertinnen und Experten – bereits ein besonders gutes Netz an Beratungsangeboten gesichert: Beispielhaft die 135 Pflegestützpunkte, die Schwerpunkt Beratungs- und Koordinierungsstellen zum Thema Demenz, die Landesberatungsstellen für neue und gemeinschaftliche Wohnformen oder das vom Land geförderte Informations- und Beschwerdetelefon Pflege und Wohnen in Einrichtungen bei der Verbraucherzentrale. Besonders wichtig sind die 36 regionalen Demenz-Netzwerke, die sich auch mit der Unterstützung des Landes-Netz-Werks Demenz bei der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz bisher schon gegründet haben. Für eine bedürfnisgerechte Versorgung, Beratung und Begleitung von Menschen mit Demenz entlang des Krankheitsverlaufs müssen alle Beteiligten interdisziplinär, sektorenübergreifend und qualitätsgesteuert zusammenarbeiten. Es muss sichergestellt sein, dass alle relevanten Berufsgruppen über die in ihrem Handlungsfeld erforderliche Fachkompetenz verfügen. Ebenso müssen Angehörige , Nachbarschaften und sorgende Gemeinschaften die nötigen Informationen und die Kompetenz erhalten, um Menschen mit Demenz gut und wertschätzend zu unterstützen und zu begleiten. Das Expertenforum Demenz hat deutlich gemacht, wie fruchtbar und zielorientiert die Zusammenarbeit der Bereiche von Selbsthilfe , Beratung, Medizin und Pflege sein kann – es kennzeichnet beispielhaft das gemeinsame Wirken in Rheinland-Pfalz für die Belange der Menschen mit Demenz und ihrer Familien, Freunde und Nachbarn. Diese Prozesse müssen fortgesetzt und gefördert werden. Die Landesregierung wird anhand der vorliegenden Empfehlungen die vorhandenen Angebote und Maßnahmen in Rheinland-Pfalz überprüfen lassen. Ein Ziel ist, die Bereiche der Beratung, Selbsthilfe und besonders die der Medizin und Pflege noch weiter zu vernetzen . Es wird ein Landesgremium Demenz zur Fortführung der interdisziplinären Zusammenarbeit eingerichtet. Dieses Gremium wird aus einem Steuerungskreis (unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern des Expertenforums) und einem Beirat bestehen, in dem auch die Landesärztekammer, die Kassen, die PflegeGesellschaft, die kommunale Ebene, die Verbände und weitere vertreten sein sollen. Die Landesregierung vertraut darauf, dass sich alle am Prozess Beteiligten in ihrer jeweiligen Sorge und Verantwortung auch weiterhin dafür einsetzen, dass Menschen mit Demenz in Rheinland-Pfalz in allen Stadien ihrer Erkrankung gut leben können und begleitet werden. Details zur Demenzstrategie Rheinland-Pfalz und der Abschlussbericht als Download sind abrufbar unter www.msagd.rlp.de/ demenzstrategie. Alexander Schweitzer Staatsminister