Drucksache 16/4154 24. 10. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Grenzüberschreitender Arbeitsmarkt Die Kleine Anfrage 2710 vom 6. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Vereinbarungen hat das Land Rheinland-Pfalz mit ausländischen Gebietskörperschaften zur Förderung eines grenzüber - schreitenden Arbeitsmarktes getroffen? 2. Welche Vereinbarungen hat das Land Rheinland-Pfalz mit ausländischen Gebietskörperschaften zur Förderung von grenzüber- schreitenden Ausbildungsmöglichkeiten getroffen? 3. Mit welchen Maßnahmen fördert das Land Rheinland-Pfalz den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt? 4. Welche speziellen Maßnahmen greifen im Bereich Südpfalz/Oberrhein? 5. Welche Faktoren hemmen den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt? 6. Wie geht das Land Rheinland-Pfalz mit diesen Faktoren um? 7. Welche Ziele verfolgt die Landesregierung hinsichtlich eines grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1. und zu 2.: Das Land Rheinland-Pfalz hat folgende Vereinbarungen mit ausländischen Gebietskörperschaften zur Förderung eines grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes sowie zur Förderung von grenzüberschreitenden Ausbildungsmöglichkeiten getroffen: – Rahmenvereinbarung über grenzüberschreitende Berufsausbildung am Oberrhein (2013). Partner der Rahmenvereinbarung sind Einrichtungen aus Baden-Württemberg, dem Elsass und Rheinland-Pfalz. – Vereinbarung über die Weiterführung der Zusammenarbeit im Rahmen der Interregionalen Arbeitsmarktbeobachtungsstelle IBA (2011). Partner der Vereinbarung sind Einrichtungen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Luxemburg, Lothringen und der Wallonie. – Rahmenabkommen EURES-Transfrontalier Saar-Lor-Lux-Rheinland-Pfalz (2009). Partner des Rahmenabkommens sind Einrichtungen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Luxemburg und Lothringen. – Rahmenvereinbarung EURES-Transfrontalier Oberrhein (2010). Partner der Rahmenvereinbarungen sind Einrichtungen aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Elsass. Darüber hinaus wurde im Zuge der rheinland-pfälzischen Präsidentschaft des Gipfels der Großregion eine Rahmenvereinbarung über grenzüberschreitende Berufsbildung in der Großregion erarbeitet. Diese Rahmenvereinbarung wird am 5. November 2014 unterzeichnet. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. November 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4154 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 3.: Die obersten Leitlinien in der grenzüberschreitenden Arbeitsmarktpolitik sind Partnerschaft, Toleranz und Solidarität. Hinzu kommt die Erfahrung, dass gemeinsam immer nur das erreicht werden kann, was jede Partnerregion einbringen kann und will. Es ist wichtig, die gemeinsamen Fortschritte zu erkennen und zu schätzen. In diesem Sinne ist die grenzüberschreitende Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung eingebettet in die Arbeit der arbeitsmarktrelevanten grenzüberschreitenden Gremien und Einrichtungen . Die Landesregierung hat für die Jahre 2013 und 2014 die Präsidentschaft des Gipfels der Großregion übernommen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, grenzüberschreitende Antworten für die gemeinsamen Herausforderungen des Arbeitsmarktes in der Großregion zu finden. Zu diesem Zwecke hat der Gipfel der Großregion eine neue AG Arbeitsmarkt unter rheinland-pfälzischem Vorsitz eingerichtet . Neben Vertreterinnen und Vertretern der Exekutiven der Teilregionen sind auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss der Großregion (WSAGR), die Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle (IBA), EURES-Transfrontalier SLLR und die Task Force Grenzgänger in der Arbeitsgruppe vertreten, sodass eine bestmögliche Abstimmung zwischen den Akteuren des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes gewährleistet ist. Die Arbeitsgruppe hat insbesondere die Aufgabe, die Zusammenarbeit in der grenzüberschreitenden Berufsbildung, in der Jugendarbeitsmarktpolitik, auf dem Pflegearbeitsmarkt sowie im Bereich der Vermeidung von prekärer Beschäftigung zu verstärken und zu koordinieren. Zum Ende der Gipfelpräsidentschaft wird deutlich, dass die AG Arbeitsmarkt neue Impulse für die Zusammenarbeit im Bereich des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes setzen und eine Steuerungsfunktion im Hinblick auf die Zusammenarbeit in Arbeitsmarktfragen in der Großregion übernehmen kann. Darüber hinaus arbeitet die Landesregierung aktiv im Wirtschafts- und Sozialausschuss der Großregion, im Lenkungsausschuss der Interregionalen Arbeitsmarktbeobachtungsstelle, dem sie in den Jahren 2013 und 2014 vorsteht, sowie in den Lenkungsausschüssen der beiden EURES-Netzwerke Saar-Lor-Lux-Rheinland-Pfalz und Oberrhein mit und steht im Austausch mit den ESFVerwaltungsbehörden in der Großregion und im PAMINA-Raum. Im Rahmen dieser Gremienarbeit und Vernetzung werden gemeinsam mit den Partnerregionen Vereinbarungen und Abkommen ausgehandelt sowie Projekte initiiert und gesteuert. So geht die Rahmenvereinbarung über grenzüberschreitende Berufsbildung auf die Initiative der Landesregierung zurück. Die Erarbeitung und Abstimmung der Rahmenvereinbarung wurde federführend von der Landesregierung gestaltet und koordiniert. Darüber hinaus gehen wesentliche Grundlagenarbeiten zur Förderung der beruflichen Mobilität im Bereich des Pflegearbeitsmarktes und zur Zusammenarbeit in der Jugendarbeitsmarktpolitik auf die Initiative der Landesregierung zurück. Des Weiteren fördert die Landesregierung grenzüberschreitende Projekte aus Landesmitteln sowie aus Mitteln der Europäischen Strukturfonds: – Das ESF-Projekt „Länderübergreifende Nachwuchs- und Fachkräftesicherung in der Großregion“ der Handwerkskammer Trier zielt darauf ab, Fachkräfte aus der Großregion für das Handwerk in der Region Trier zu gewinnen. Für weitere transnationale ESF-Projekte für Jugendliche werden zurzeit die technischen Rahmenbedingungen gemeinsam mit den ESF-Verwaltungsbehörden der Partnerregionen geklärt. – Die Task Force Grenzgänger, ein aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und aus Landesmitteln gefördertes INTERREG-Projekt, erarbeitet juristische und administrative Lösungsvorschläge grundsätzlicher Art für Fragen und Problemstellungen von Grenzgängerinnen und Grenzgängern der Großregion und Unternehmen, die in der Großregion Grenzgängerinnen und Grenzgängern beschäftigen. – Aufgaben der EURES-Netzwerke sind insbesondere die Beratung von Grenzgängerinnen und Grenzgängern in arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen sowie die Vermittlung. Die Landesregierung kofinanziert z. B. im Rahmen der EURESPartnerschaft die jährlich stattfindende Interregionale Jobmesse in Saarbrücken. – Die Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle IBA beobachtet und analysiert den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt sowie die wirtschaftliche und soziale Situation in der Großregion. Die Berichte dienen als wichtige Grundlage für die grenzüberschreitende Arbeitsmarktpolitik der Partner in der Großregion. – Das Land Rheinland-Pfalz fördert gemeinsam mit Baden-Württemberg am Oberrhein das EUREGIO-Zertifikat für Auszubildende . In diesem Rahmen erhalten die Jugendlichen u. a. eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 300 EUR. Zu 4.: Zur Förderung der grenzüberschreitenden Ausbildung hat das Land Rheinland-Pfalz bisher gemeinsam mit den Regionen Elsass und Baden-Württemberg sowie den an der Berufsbildung beteiligten Akteuren, wie z. B. Kammern und Arbeitsagenturen, eine Rahmenvereinbarung über die grenzüberschreitende Berufsbildung am Oberrhein abgeschlossen. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung , die grenzüberschreitende Berufsbildung zu fördern und dabei insbesondere sprachlichen Hemmnissen der Jugendlichen zu begegnen, werden in dieser Vereinbarung die Rahmenbedingungen dafür festgelegt, dass Jugendliche den praktischen Teil ihrer Ausbildung im jeweils anderen Land, den theoretischen Teil der Ausbildung jedoch im Heimatland absolvieren können. Abgeschlossen wird die Ausbildung zunächst im Heimatland. Sie kann jedoch um einen weiteren Abschluss des jeweils anderen Landes erweitert werden. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4154 Die Handwerkskammer der Pfalz bietet auf Basis eines Bundesprojektes eine Mobilitätsberatung für Auszubildende an. Zur Unterstützung der Jugendlichen wird hier teilweise auf Mittel aus dem EU-Programm ERASMUS Plus zurückgegriffen. Wie in der Beantwortung der Frage 3 dargestellt, fördert das Land Rheinland-Pfalz darüber hinaus das EUREGIO-Zertifikat für Auszubildende. Im PAMINA-Raum ist die ESF-Verwaltungsbehörde in Gesprächen mit den ESF-Verwaltungsbehörden aus Baden-Württemberg und der Région Alsace sowie der Verwaltungsbehörde des INTERREG IV A-Programms Oberrhein zwecks einer verbesserten Koordinierung des Einsatzes der Fördermittel am nördlichen Oberrhein. Durch das Netzwerk EURES-Transfrontalier Oberrhein, dessen Partner die Landesregierung ist, erfolgt die Vermittlung und Beratung von Grenzgängerinnen und Grenzgängern. Dazu zählt auch die Bereitstellung von Informationen über arbeitsmarktrelevante Aspekte in den Partnerregionen. Zu 5.: Aus Sicht der Landesregierung hemmen vor allem folgende Faktoren den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt: – Unzureichende Informationen über den Arbeitsmarkt, d. h. offene Stellen, Ausbildungsplätze und Arbeitnehmerrechte im anderen Land, – Unzureichende Informationen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen bzw. die Gleichwertigkeitsfeststellung im anderen Land, – Koordinierungsprobleme insbesondere im Bereich nationaler Rechtsgebiete, z. B. im Sozialversicherungsrecht, aber auch im Arbeitsrecht und Steuerrecht, – Sprachbarrieren und kulturelle Barrieren – und in Bezug auf potenzielle Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus Frankreich und Belgien: ein teilweise negatives Image des deutschen Arbeitsmarktes infolge der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes imagefördernd wirken wird. Zu 6.: Die Landesregierung ist sich der bestehenden Mobilitätshemmnisse bewusst und trägt im Rahmen ihrer grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik aktiv zu ihrer Lösung bei. So ist die Bereitstellung von Informationen über offene Stellen, Ausbildungsplätze und Arbeitnehmerrechte sowie über das Leben und Arbeiten im Ausland eine fortwährende Aufgabe, die insbesondere von den EURES-Netzwerken wahrgenommen wird. Die Landesregierung wirkt durch die Mitarbeit in den Lenkungsausschüssen an der Steuerung der operativen Tätigkeiten von EURES mit. Im Hinblick auf die unzureichenden Informationen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen bzw. die Gleichwertigkeitsfeststellung hat die Landesregierung eine Bestandsaufnahme der geltenden Regelungen und Praktiken in der Großregion initiiert. Die Bestandsaufnahme wird von der Task Force Grenzgänger der Großregion, einem von allen Teilregionen geförderten INTERREG-Projekt, erarbeitet. Die Bestandsaufnahme ist eine begleitende Aufgabe bei der erfolgreichen Umsetzung und Anwendung der Rahmenvereinbarung über grenzüberschreitende Berufsbildung in der Großregion. Sie wird voraussichtlich Mitte 2015 vorgestellt werden und in die Arbeit der Akteure des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes einfließen. Die vorgenannte Task Force Grenzgänger wurde von den Partnern eigens zur Lösung von Koordinierungsproblemen im Sozialversicherungs -, Arbeits- und Steuerrecht eingerichtet. Die Task Force Grenzgänger identifiziert diese Koordinierungsprobleme und Mobilitätshemmnisse, begutachtet sie aus juristischer Sicht und erarbeitet Lösungsvorschläge, die an die zuständigen politischen Entscheiderinnen und Entscheider weitergeleitet werden. So haben sich z. B. die nationalen Regierungen in Paris und Berlin auf Vorschlag der Task Force Grenzgänger auf eine Änderung im deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommen geeinigt, mit der ein Problem betreffend die Besteuerung der in Frankreich lebenden Empfänger von Leistungen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gelöst würde. In einem anderen Fall hat sich die Task Force Grenzgänger einer Problematik angenommen, die den Bezug von Arbeitslosengeld bei Grenzgängern betrifft. Auf Grundlage des Gutachtens „Der deutsche Aufhebungsvertrag im System der französischen Arbeitslosenversicherung “ und unter Mitwirkung der Task Force Grenzgänger haben sich im August 2014 Vertreter der Regionaldirektionen Rheinland-Pfalz-Saarland und Baden-Württemberg sowie Vertreter der regionalen Arbeitsverwaltungen Lothringen und Elsass zusammengefunden, um die Problemstellung zu erörtern und eine einheitliche und praktikable Vorgehensweise in den relevanten Grenzgängersachverhalten festzulegen. Weitere Lösungsansätze der Task Force Grenzgänger betreffen z. B. die Zahlung von Kinderpflegekrankengeld an Grenzgänger, die Benachteiligung von Grenzgängern bei der Berechnung von Kranken-, Verletztenund Mutterschaftsgeldern sowie den grenzüberschreitenden Taxiverkehr zwischen Deutschland und Frankreich. Was sprachliche und kulturelle Barrieren angeht, so gilt es, eine Willkommenskultur zu schaffen und den Fremdsprachenerwerb, insbesondere den fachspezifischen Fremdsprachenerwerb, bei allen entsprechenden grenzüberschreitenden Vorhaben begleitend zu fördern. 3 Drucksache 16/4154 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 7.: Übergeordnetes Ziel der grenzüberschreitenden Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung ist die Entwicklung der grenzüberschreitenden Räume zu gemeinsamen Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsräumen. Die grenzüberschreitende Arbeitsmarktpolitik dient im Besonderen dazu, einen Beitrag zur Erreichung der folgenden Ziele zu leisten: – Die Vertiefung der Integration des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes, – die Verbesserung der Qualifizierung, der beruflichen Mobilität und der Anpassungsfähigkeit der Erwerbsbevölkerung, insbesondere von Jugendlichen, – die Verbesserung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen in der Großregion und am Oberrhein, – die Optimierung von Matchingprozessen auf und zwischen den Ausbildungs- und Arbeitsmärkten der Großregion und am Oberrhein, – die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der Großregion und am Oberrhein und Verringerung des Anteils junger Menschen, die sich nicht in Bildung, Ausbildung und Beschäftigung befinden, – die Sicherung von Fachkräften angesichts der bestehenden und sich verstärkenden Fachkräftebedarfe in der Großregion und am Oberrhein, – die Verbesserung der Information über die Möglichkeiten grenzüberschreitender Berufsbildung in der Großregion und am Oberrhein . Dazu gehört auch die Verbesserung der Information über die verschiedenen Initiativen in den Bereichen Berufsbildung und Qualifikation auf EU-Ebene, – die Schließung von Regelungslücken für die grenzüberschreitende Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Auszubildenden. Alexander Schweitzer Staatsminister 4