Drucksache 16/4156 27. 10. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Thomas Günther und Arnold Schmitt (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Ehrenamt Die Kleine Anfrage 2702 vom 1. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Die Landesregierung misst dem Ehrenamt nach eigener Aussage hohen Stellenwert bei. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Landesbedienstete nehmen auf kommunaler Ebene als Ortsbürgermeister/-innen oder Ortsvorsteher/-innen ein Ehrenamt wahr? 2. Wie ist die Ehrenamtsfreistellung für Landesbedienstete geregelt? 3. Gibt es Unterschiede zwischen Freistellungen von Landesbediensteten und Beschäftigten aus der freien Wirtschaft? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 22. Oktober 2014 wie folgt beantwortet: Die Landesregierung misst dem ehrenamtlichen Engagement in Rheinland-Pfalz sehr große Bedeutung bei. Sie fördert die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich mit ihrer Zeit, ihrer Tatkraft und auch mit ihrer Kreativität für andere und damit für die Gesellschaft einzubringen. Das Zusammenleben der Menschen braucht diese Form der gelebten Solidarität. Sie ist aber auch notwendig für mehr Selbstbestimmung und damit für eine echte Mitwirkung an politischen Entscheidungen. Der Landesregierung ist es wichtig, jede Form bürgerschaftlichen Engagements zu unterstützen. Daher gibt es bei der Landesregierung z. B. die Leitstelle Ehrenamt und Bürgerbeteiligung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Ansprechpartner für alle Fragen und Anliegen, aber auch für ganz konkrete Hilfestellung. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Bei der Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter besteht gegenüber dem öffentlichen Arbeitgeber bzw. Dienst herrn keine Anzeigepflicht . Soweit bekannt, nehmen derzeit 259 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unmittelbaren Landesverwaltung ein Ehrenamt als Ortsbürger meisterin bzw. Ortsbürgermeister oder Ortsvorsteherin bzw. Ortsvorsteher wahr. Zu Frage 2: Die Landesverfassung garantiert in Artikel 59 Abs. 1 ein Recht auf Freizeit zur Aus übung eines übertragenen Ehrenamtes. Die Kommunalverfassungsgesetze enthalten zusätzlich einen einfachgesetzlichen Freistellungsanspruch in § 18 a Abs. 5 Gemeinde ordnung (GemO) und § 12 a Abs. 5 Landkreisordnung (LKO). Danach besteht für jede Inhaberin und jeden Inhaber eines Ehrenamtes, die bzw. der in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis steht, ein subjektiver, d. h. einklagbarer Anspruch auf Freistellung gegenüber allen öffentlichen und privaten Arbeitgebern in Rheinland-Pfalz. Hiervon wird grundsätzlich auch das Ehrenamt als Ortsbürgermeisterin bzw. Ortsbürgermeis ter erfasst. Der Anspruch auf Freistellung richtet sich immer gegen den Arbeitgeber bzw. Dienst herrn, und zwar im Umfang der zur Wahrnehmung des Ehrenamtes oder der ehren amtlichen Tätig keit erforderlichen (notwendigen) freien Zeit. Bundesverwaltungsge richt Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. November 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4156 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode und Bundesarbeitsgericht haben den unbe stimmten Rechtsbegriff „notwendige freie Zeit“ dahingehend konkretisiert, dass eine Frei - stellung immer dann zu gewähren ist, wenn eine zeitlich festgelegte Arbeits- und Dienst leistungspflicht mit einer zeitlich festgelegten ehrenamtlichen Tätigkeit zur selben Zeit zusammentrifft. Ein Freistel lungsanspruch setzt damit zwingend voraus, dass die ehrenamtliche Tätigkeit nicht außerhalb der Zeit erbracht werden kann, in der gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn die Pflicht zur Einbringung der geschuldeten Arbeitsleistung besteht. Die für den Beamtenbereich geltenden urlaubsrechtlichen Vorschriften in § 20 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Urlaubsverordnung (UrlVO) beinhalten keine eigenständigen Rege lungen zur Freistellung, sondern allein zur Frage der Fortzahlung der Dienstbezüge bei Freistellungen . Notwendige Freistellungen, die § 20 Abs. 1 Nr. 4 UrlVO unterfallen (Aufgaben, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausübung eines kommunalen Mandats stehen), erfolgen grundsätzlich unter Fortzahlung der Dienstbezüge. Dies gilt auch für Tarifbeschäftigte. Nach dem Beschluss des Ministerrates vom 17. Januar 1995 ist demgegenüber das Ermessen nach § 20 Abs. 2 UrlVO (Wahrnehmung von „administrativen“ Tätigkeiten) bei Freistellungsbegehren von unmittelbaren Landesbediensteten grundsätzlich da hingehend auszuüben, dass die Freistellung für die Wahrnehmung des Ehrenamtes einer Ortsbürgermeisterin bzw. eines Ortsbürgermeisters nur gegen Wegfall der Dienstbezüge gewährt wird. Für den Tarifbereich gilt Entsprechendes. Bis zu einer Bagatellgrenze von bis zu drei Stunden/Monat (für den Lehrerbereich bis zu zwei Stun den/Monat) verbleibt es bei der Fortzahlung der Bezüge. § 11 Abs. 1 Arbeitszeitverordnung (ArbZVO) mit der Möglichkeit, bei Freistelllungen im Rahmen des § 20 der Urlaubsverordnung bis zu einem Fünftel der regelmäßigen Ar beitszeit als tägliche Arbeitszeit anzurechnen, gilt nur für die Fälle einer gesetzlichen Verpflichtung für die Ausübung der Tätigkeit. Ergänzend wird auf die anliegende Übersicht über die einschlägigen Rechtsvorschrif ten verwiesen. Zu Frage 3: Der Freistellungsanspruch besteht gegenüber privaten oder öffentlichen Arbeitsge bern/Dienstherrn gleichermaßen. Allerdings erfolgt im Landesdienst aufgrund der Re gelung in § 20 Abs. 1 Nr. 4 UrlVO für Aufgaben, die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Mandatsausübung stehen, grundsätzlich eine Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge bzw. des Entgelts. In den Fällen des § 20 Abs. 2 UrlVO bestehen bei Überschreitung der Bagatellgrenze keine Unterschiede. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4156 Anlage Artikel 59 Landesverfassung (1) Wer in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis steht, hat das Recht auf die Wahr nehmung staatsbürgerlicher Rechte und auf die zur Ausübung ihm übertragener öf fentlicher Ehrenämter benötigte Freizeit. (2) Er hat Anspruch auf angemessenen Ersatz seines Verdienstausfalls. Das Nähere regelt das Gesetz. § 18 a GemO Arbeitsrechtliche und dienstrechtliche Sicherung ……… (5) Die für die Wahrnehmung eines Ehrenamts oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit notwendige freie Zeit ist auf Antrag demjenigen, der in einem Dienst- oder Arbeitsver hältnis steht, zu gewähren. § 12 a LKO Arbeitsrechtliche und dienstrechtliche Sicherung ……... (5) Die für die Wahrnehmung eines Ehrenamts oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit notwendige freie Zeit ist auf Antrag demjenigen, der in einem Dienst- oder Arbeitsver hältnis steht, zu gewähren. § 20 UrlVO Urlaub zur Ausübung staatsbürgerlicher Rechte und zur Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten (1) Für die Dauer der notwendigen Abwesenheit vom Dienst ist Urlaub unter Fortzah lung der Dienstbezüge zu gewähren …. 4. zur Ausübung eines Amtes als Mitglied einer kommunalen Vertretung oder als eh renamtliches Mitglied von Organen der Sozialversicherungsträger und ihrer Verbände sowie der Bundesanstalt für Arbeit. (2) Beruht eine ehrenamtliche Tätigkeit oder ein öffentliches Ehrenamt auf gesetzli cher Vorschrift, besteht aber zur Ausübung keine Verpflichtung, können während des notwendigen Urlaubs die Dienstbezüge fortgezahlt werden; Absatz 1 Nr. 4 bleibt un berührt. § 11 ArbZVO Freistellungen nach § 20 der Urlaubsverordnung (1) Bei Freistellungen nach § 20 UrlVO wird bei gleitender Arbeitszeit die in Anspruch genommene Kernzeit auf die Arbeitszeit angerechnet. Abweichend von Satz 1 ist bei ganztägiger Abwesenheit ein Fünftel der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit als tägliche Arbeitszeit anzurechnen, wenn die Zeit der Ausübung der die Freistellung erfordernden Tätigkeit nicht selbst bestimmt werden kann und eine gesetzliche Ver pflichtung zur Ausübung dieser Tätigkeit im Einzelfall besteht. (2) Ist eine Dienstaufnahme vor dem Beginn oder nach dem Ende der notwendigen Abwesenheit vom Dienst nicht zumutbar, kann die Freistellung entsprechend ausge dehnt werden. Die zusätzlich ausfallende Arbeitszeit ist an einem anderen Arbeitstag einzuarbeiten . § 29 TV-L Arbeitsbefreiung ……… (2) Bei Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht be steht der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts , wenn die Arbeitsbefreiung gesetzlich vorgeschrieben ist und soweit die Pflichten nicht außerhalb der Arbeitszeit, gegebe nenfalls nach ihrer Verlegung, wahrgenommen werden können; soweit die Beschäf tigten Anspruch auf Ersatz des Entgelts geltend machen können, besteht kein An spruch auf Entgeltfortzahlung. Das fortgezahlte Entgelt gilt in Höhe des Ersatzanspruchs als Vorschuss auf die Leistungen der Kostenträger. Die Beschäftigten haben den Ersatzanspruch geltend zu machen und die erhaltenen Beträge an den Arbeitgeber abzuführen. 3