Drucksache 16/4170 03. 11. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Kommunale ehrenamtliche Leerstandslotsen/Leerstandslotsen-App Die Kleine Anfrage 2724 vom 14. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: In den ländlichen Regionen in Rheinland-Pfalz gibt es immer mehr leer stehende Häuser und Geschäfte. Die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e. V. hat für dieses Problem in einem Modellprojekt „Leerstand: Kommunale ehrenamtliche Leerstandslotsen“ Personen ausgebildet, die sich diesem Problem vor Ort widmen sollen. In Seminaren werden je Verbandsgemeinde fünf bis zehn interessierte Bürgerinnen und Bürger angeleitet, um die Leerstände vor Ort zu erfassen. Das Ziel ist es, in kleinen, ehrenamtlich geführten Kommunen zunächst ohne professionelles Leerstandsmanagement mit dem wachsenden Problem der leer stehenden Gebäude umgehen zu können. Des Weiteren wird in den kommenden Monaten von der Energieagentur Rheinland-Pfalz – auch in Zusammenarbeit mit der TU Kaiserslautern – eine App zum Thema Leerstand entwickelt. Sie soll als webbasierte Anwendungsform gebündelte Informationen zur Vermeidung und Bewältigung von Leerständen interaktiv und schnell zugängig machen und ab 2015 der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie war die bisherige Resonanz auf das Modellprojekt „Leerstand: Kommunale ehrenamtliche Leerstandslotsen“ und wie lange soll das Projekt weiterverfolgt werden? 2. Wie viele Kommunale ehrenamtliche Leerstandslotsen wurden in welchen Verbandsgemeinden bisher ausgebildet und welche Ortsgemeinden verfügen inzwischen über einen Leerstandslotsen? 3. Welches inhaltliche Konzept war die Grundlage für die Schulung der ehrenamtlichen Leerstandslotsen und wer führt die Schu- lung durch? 4. In welcher Form wird eine Evaluation dieses Projektes durchgeführt und gibt es schon erste Erfahrungsberichte von den ausge- bildeten Leerstandslotsen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Rheinland-Pfalz zählt zu den Ländern mit der höchsten Wohneigentumsquote in Deutschland. Gesellschaftsstrukturelle Umbrüche wie etwa der „demografische Wandel“ und sich damit auch verändernde Wohnansprüche führen zu Nachfrageverschiebungen und insbesondere in ländlichen Bereichen sowie Ortskernen zu vermehrten Immobilienleerständen. Von dieser Entwicklung sind sowohl Immobilieneigentümer als auch Kommunen betroffen. Kleinere Gemeinden stehen immer öfter vor der Frage, wie sie mit Leerstandsimmobilien umgehen können, um als attraktiver Wohnort fortzubestehen. Die Nachnutzung von leer stehenden Immobilien zu organisieren, ist für Eigentümer in ländlichen Räumen eine fordernde Aufgabe . Auch der Erhalt eines zusammenhängenden, attraktiven Ortsbildes wird zur Herausforderung für die Kommunen. Auf Grundlage des im Jahr 2011 veröffentlichten Positionspapiers „Der Beitrag der öffentlichen Hand zur Bewältigung der Gebäude- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. November 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4170 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Leerstandsentwicklung in Rheinland-Pfalz“ des Beirats für Kommunalentwicklung hat die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e. V. (EA) das Modellprojekt „Kommunale ehrenamtliche Leerstandslotsen“ konzipiert und in der Praxis erprobt. Zu Frage 1: Das Modellprojekt wurde punktuell in rheinland-pfälzischen Kommunen getestet. Das Konzept findet auch in den Medien und inzwischen in anderen Bundesländern und bei Fachorganisationen Interesse. Erprobt wurde der Ansatz auf verschiedenen kommunalen Ebenen, auf denen die Ausbildung und weitere Betreuung der Leerstandslotsen erfolgen kann. Die Pilotphase wurde in den Landkreisen Neuwied, Germersheim und Südliche Weinstraße im Jahr 2012 gestartet und im Jahr 2013 abgeschlossen. Das Modellprojekt in der Verbandsgemeinde Landstuhl läuft bis Jahresende 2014. Ergänzend zu den o. g. Modellprojekten gibt es bei der EA regelmäßig Anfragen von interessierten Kommunen. Das weitere kommunale Interesse führt dazu, dass die EA auch im Jahr 2015 bei Anfragen weitere Schulungen auf Kreisebene bzw. Verbandsgemeindeebene anbieten wird. Im Übergang vom Modellvorhaben zu einem regelmäßigen Angebot hat die EA die weiteren Schulungen an die Landesvereinigung für Ländliche Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz e. V. (LEB) übertragen. Die EA wird den Fortbildungsträger weiterhin begleiten und die Erkenntnisse auswerten. Zu Frage 2: Bis Ende 2012 wurden im Landkreis Neuwied und in der Südpfalz (Landkreis Germersheim und Landkreis Südliche Weinstraße) die Pilotseminare konzipiert und die ersten ehrenamtlichen Leerstandslotsen ausgebildet. An diesen Pilotseminaren beteiligten sich Ortsbürgermeister und engagierte Bürgerinnen und Bürger – der Verbandsgemeinden Rengsdorf, Dierdorf, Unkel, Linz am Rhein, Bad Hönningen, Puderbach und Asbach (Landkreis Neuwied), – der Verbandsgemeinden Jockgrim, Kandel und Bellheim (Landkreis Germersheim) sowie – der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels, Bad Bergzabern und Edenkoben (Landkreis Südliche Weinstraße). Neben den künftigen Lotsen wurden hierbei auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreis- und Verbandsgemeindeverwaltungen zu den Seminaren eingeladen, um die Ehrenamtlichen künftig bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Nach den Pilotseminaren erfolgte in den jeweiligen Ortsgemeinden eine offizielle Einführung der Leerstandslotsen. Im Landkreis Neuwied werden Leerstandslotsen seit Sommer 2013 – in der Verbandsgemeinde Rengsdorf (fünf Lotsen) in den Ortsgemeinden Rüscheid, Anhausen, Straßenhaus, Oberraden, – in der Verbandsgemeinde Linz am Rhein (zwei Lotsen) in der Ortsgemeinde St. Katharinen, – in der Verbandsgemeinde Dierdorf (ein Lotse) in der Ortsgemeinde Isenburg eingesetzt. In der Südpfalz wurden Leerstandslotsen – in der Verbandsgemeinde Edenkoben (ein Lotse) in der Stadt Edenkoben (Landkreis Südliche Weinstraße) sowie – in der Verbandsgemeinde Bellheim (drei Lotsen) in den Ortsgemeinden Zeiskam und Bellheim (Landkreis Germersheim) eingesetzt. In der Verbandsgemeinde Landstuhl werden seit Frühjahr 2014 in den Ortsgemeinden Kindsbach, Bann, Hauptstuhl, Mittbelbrunn und in der Stadt Landstuhl jeweils ein ehrenamtlicher Lotse ausgebildet. Die offizielle Vorstellung der Leerstandslotsen der Verbandsgemeinde Landstuhl ist in Vorbereitung und für Ende 2014 geplant. Zu Frage 3: Die Idee des „Leerstandslotsen“ wurde im Landkreis Neuwied in Zusammenarbeit mit Kommunalverwaltungen, Ortsgemeinden und engagierten Bürgerinnen und Bürgern mit betroffenen Akteuren im Rahmen des Modellprojektes „Ländliche Perspektiven“ (AG Leerstandsbewältigung) von der EA entwickelt. Im Sinne eines Bottom-up-Ansatzes wurden mögliche Aufgabenfelder und Einsatzbereiche künftiger Leerstandslotsen sowie notwendige Seminarinhalte zunächst gemeinschaftlich definiert. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten wurden Ende 2012 die Pilotseminare ausgearbeitet, durchgeführt und ein entsprechendes Seminarskript erstellt. Eine zentrale Grundlage für das Vorgehen der EA in den Orts- und Verbandsgemeinden sowie den Landkreisen liefert die im Jahr 2013 erarbeitete Gesamtkonzeption des Lotsenansatzes. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4170 Neben Bausteinen zur Aktivierung (landesweite Bekanntmachung des Projektes, Aktivierung von Landkreisen, Verbands- und Ortsgemeinden zur Mitwirkung an dem Projekt sowie Aktivierung von Bürgerinnen und Bürgern zum ehrenamtlichen Engagement als Leerstandslotse vor Ort) beinhaltet es Handlungsansätze zur örtlichen Verankerung der Leerstandslotsen (Bekanntmachung des Lotsen in der Ortsgemeinde und Zusammenarbeit zwischen Lotse und Ortsgemeinde). Auch konzeptionelle Vorüberlegungen für eine landesweite Betreuung der Leerstandslotsen sind enthalten. Eine didaktische Überarbeitung und Optimierung der Pilotseminare wurde seitens der Landesvereinigung für Ländliche Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz e. V. (LEB) bis Ende Mai 2013 vorgenommen. Der nun modulhafte Aufbau der Seminarreihe ermöglicht eine jeweils der örtlichen Ausgangssituation angepasste Ausrichtung und Vermittlung der Schulungsinhalte. Die LEB führt die Schulungen in Abstimmung mit der EA durch. Zu Frage 4: Nach Ende der Modellphase (Ende 2014) wird die EA die zentralen Erkenntnisse auswerten und zusammenfassen. Schriftliche Erfahrungsberichte der ehrenamtlichen Leerstandslotsen liegen nicht vor. Nach mündlicher Auskunft der aktiven Lotsen bieten die Seminarinhalte und -materialien geeignete Hilfestellungen bei der örtlichen Eigentümeraktivierung und Leerstandsbewältigung . Das ehrenamtliche Lotsenkonzept eignet sich für kleinere Ortsgemeinden (unter 1 500 Einwohner). Es ist als ehrenamtliche Ergänzung zu den kommunalen Maßnahmen der örtlichen Innentwicklung geeignet. Roger Lewentz Staatsminister 3