Drucksache 16/4173 04. 11. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Jens Guth und Marcel Hürter (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-pfälzischer Außenhandel Die Kleine Anfrage 2732 vom 15. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Vom 5. bis 11. Oktober besuchte die stellvertretende Ministerpräsidentin, Eveline Lemke, mit einer 25-köpfigen Delegation Stationen in Mexiko-City sowie in Aguascalientes. Die Erschließung und Pflege von Exportmärkten ist ein wesentliches Element der Außenwirtschaftsförderung des Landes und trägt dazu bei, dass die rheinland-pfälzische Wirtschaft auf den internationalen Märkten stark vertreten und gut positioniert ist. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welches sind die wichtigsten Absatzmärkte für rheinland-pfälzische Unternehmen? 2. In welchen Absatzmärkten wird aus Sicht der Landesregierung das größte Wachstumspotenzial gesehen? 3. Wie unterstützt das Programm „Wir öffnen Märkte“ rheinland-pfälzische Unternehmen dabei, die Chancen des Außenhandels- geschäfts zu nutzen? 4. Wie wirkt sich aus Sicht der Landesregierung die Krise in Osteuropa auf den rheinland-pfälzischen Außenhandel aus? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 3. November 2014 wie folgt beantwortet: Der Außenhandel ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für nachhaltiges Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Rheinland-Pfalz. Die rheinland-pfälzische Wirtschaft ist auf den internationalen Märkten stark vertreten. Indikator für die Exportstärke von RheinlandPfalz ist u. a. die Exportquote. Mit rund 54,1 % liegt Rheinland-Pfalz auf Platz 2 unter den Flächenländern (2013). Diese erfreuliche Bilanz ist das Ergebnis erfolgreicher Auslandsaktivitäten des rheinland-pfälzischen Mittelstandes. Eine unternehmensorientierte Außenwirtschaftsförderung flankiert und unterstützt die Positionierung des Mittelstandes auf den internationalen Märkten. In einem globalen Wettbewerb zählen Außenwirtschaftsfähigkeit und -orientierung in den Unternehmen zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine langfristig erfolgreiche Entwicklung. Erfolgreiche Auslandsaktivitäten sichern heimische Arbeitsplätze. Rheinland -pfälzische Unternehmen finden internationale Anerkennung, weil sie innovativ, engagiert, flexibel und leistungsfähig sind. Das gilt für Global Player genauso wie für den Mittelstand. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist der Schritt zur Erschließung neuer, internationaler Absatz- und Beschaffungsmärkte eine große Chance, zugleich aber auch eine besondere Herausforderung . Die Hürden, die es hier oft zu überwinden gilt, sind für kleine und mittlere Unternehmen strukturbedingt besonders hoch. Die Außenwirtschaftsförderung unterstützt sie gezielt bei der Anbahnung von internationalen Kontakten und Kooperationen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Laut Statistischem Landesamt wurden im Jahr 2013 Waren im Wert von 46,6 Mrd. Euro ins Ausland exportiert. Das waren 0,7 % mehr als im Vorjahreszeitraum (Deutschland – 0,2 %). Damit wird im verarbeitenden Gewerbe jeder zweite Euro im Ausland umgesetzt. Das Nachbarland Frankreich ist mit Abstand der größte Absatzmarkt für rheinland-pfälzische Produkte, 11,1 % der Waren an der Gesamtausfuhr wurden 2013 dorthin geliefert. Zweitwichtigster Absatzmarkt waren die Vereinigten Staaten von Amerika mit 8,8 %, gefolgt vom Vereinigten Königreich mit 6,2 %, den Niederlanden mit 5,8 % und Italien mit 5,6 % Anteil an den Gesamtausfuhren. Die nachfolgende Grafik zeigt eine Übersicht über die Top 15 Ausfuhrpartner von Rheinland-Pfalz im Jahr 2013. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. November 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4173 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Zu den Schwerpunkten der rheinland-pfälzischen Außenwirtschaftsförderung gehören nicht nur die „etablierten“ Außenhandelspartner wie die Länder Europas (58,8 % Anteil an den Gesamtausfuhren 2013), Nordamerika oder Japan. Im Fokus der Außenwirtschaftsaktivitäten stehen insbesondere auch aufstrebende Volkswirtschaften wie die VR China, die Russische Föderation, Brasilien und Indien, die Schwellenländer Türkei, Indonesien, Mexiko sowie Staaten der Golfregion. Diese Länder fragen aufgrund ihrer Dynamik zur Modernisierung und Diversifizierung der Volkswirtschaften zunehmend Waren und Dienstleistungen „made in Germany“ nach. Ein besonderes Augenmerk wird auch auf einige Länder in der Subsahara inkl. Südafrika gelegt. Allerdings sind mit dem Markteintritt in diesen Ländern aufgrund rechtlicher, politischer und kultureller Rahmenbedingungen für kleine und mittelständische Unternehmen auch Herausforderungen verbunden. Hier setzt die rheinland-pfälzische Außenwirtschaftsförderung an. Zu Frage 3: Ein besonderes Anliegen der Landesregierung ist die Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen mit einem umfangreichen Förderinstrumentarium. Die Auswahl aussichtsreicher Auslandsmärkte gemeinsam mit den IHKn und HWKn des Landes und mithilfe von Länder- und Branchenanalysen durch die Standortmarketinggesellschaft des Bundes, Germany Trade and Invest, führt dazu, dass bedarfs-, markt- und branchenorientierte Absatzmärkte ausgewählt werden. Mit dem Außenwirtschaftsförderprogramm „Wir öffnen Märkte“ unterstützt die Landesregierung kleine und mittelständische Unternehmen bei ihren Internationalisierungsbemühungen. Ihnen werden anhand von Wirtschaftsreisen, Messebeteiligungen, Fachseminaren und Informationsveranstaltungen verschiedene Instrumente angeboten, die sie je nach Bedürfnis zur Erleichterung beim Markteintritt nutzen können. Bei all diesen Maßnahmen steht die gezielte Kontaktanbahnung mit potenziellen Kooperationspartnern aus den Zielländern und Informationen über die Rahmenbedingungen beim Markteintritt im Mittelpunkt. Ziel der Außenwirtschaftsförderung ist es, den Unternehmen das notwendige Handwerkszeug und die notwendigen Kontakte für einen erfolgreichen Markteintritt zu vermitteln. Das Programm „Wir öffnen Märkte“ fördert gezielt auch die Vernetzung von Unternehmen in Rheinland-Pfalz, um sich mit ihren Produkten und Dienstleistungen als Kooperationspartner im Ausland zu positionieren. Exemplarisch seien hier Projekte zur Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft genannt. Anhand von Standortstärken in der Schlaganfall- und Diabetesversorgung mit Blick auf die in Rheinland-Pfalz beheimateten Unternehmen und Kompetenzen wurde 2010 im Kontext Schlaganfallversorgung ein erstes Modellprojekt im Emirat Dubai gestartet, das 2012 in die Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages zwischen Dubai und Rheinland-Pfalz mündete und 2014 ausgeweitet werden konnte. Im Ergebnis ist in den vergangenen zwei Jahren mithilfe von Experten aus Rheinland-Pfalz das erste Schlaganfallzentrum in den Vereinigten Arabischen Emiraten in Dubai aufgebaut und 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4173 inzwischen von der Deutschen Schlaganfallversorgung zertifiziert worden. In den kommenden zwei Jahren sollen in den Golfstaaten mit den Experten aus Rheinland-Pfalz und in Kooperation mit der Deutschen Schlaganfallversorgung fünf weitere Stroke Units im arabischen Raum aufgebaut und zertifiziert werden, um eine flächendeckende qualitätsgesicherte Schlaganfallversorgung nach deutschem Vorbild in der Golfregion aufzubauen. Damit positioniert sich die Deutsche Schlaganfallversorgung mit Kompetenzen aus Rheinland-Pfalz zu Recht stärker im internationalen Wettbewerb gegenüber einigen europäischen sowie amerikanischen Konzepten der Schlaganfallversorgung. Möglich wird dies durch die Vermarktung von Systemlösungen, da auf bestimmten internationalen Märkten eine große Nachfrage nach ganzheitlichen Lösungen besteht. Ähnliche Aktivitäten konnten bereits im Sultanat Oman und in Indien im Bereich der Diabetesbehandlung angestoßen werden. Zu Frage 4: Die mittel- und osteuropäischen Staaten sind für die rheinland-pfälzische Wirtschaft wichtige Exportmärkte und hatten in der Vergangenheit überdurchschnittliche Zuwachsraten zu verzeichnen. Im Jahr 2013 betrug der Export aus Rheinland-Pfalz in die Länder Mittel- und Osteuropas (MOE-Länder) einschließlich der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) 6,251 Milliarden Euro. Dies war eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr 2012 um 2,2 %. In den ersten sieben Monaten 2014 ist eine Steigerung zu dem Vorjahreszeitraum 2013 von 2,8 % zu verzeichnen, wobei die MOE-Länder u. a. aufgrund der Ukrainekrise sehr unterschiedliche Ergebnisse aufweisen. Bezüglich Russland verringern sich die Geschäftschancen jedoch für rheinland-pfälzische Exporteure jetzt schon im zweiten Jahr in Folge (2013 – 15,1 %, bis Juli 2014 gegenüber Vorjahrszeitraum 2013 – 18,9 %). Für die rheinland-pfälzische Wirtschaft ist der Export in die Ukraine vom Jahr 2012 zu 2013 um 14,4 % und in den ersten sieben Monaten des Jahres 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2013 um 32,0 % zurückgegangen. Russland ist mit einem Exportvolumen von 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2013 ein wichtiger Handelspartner für Rheinland-Pfalz. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Maschinen- und Fahrzeugbau, Kunststoffe und chemische Erzeugnisse. Im Russlandexport verzeichnete die rheinland-pfälzische Wirtschaft in den ersten sieben Monaten 2014 zum Vergleichszeitraum des Vorjahres 2013 beim Maschinen- und Anlagenbau einen Rückgang von bis zu 37 %, bei der Automobilzulieferung von 33,5 % und beim Export von Lastkraftwagen und Spezialfahrzeugen von 62, 7 %. Diese Werte entsprechen ungefähr auch der Entwicklung des gesamten deutschen Maschinenexports nach Russland, der im ersten Vierteljahr 2014 ein Minus von 17,2 % zu verzeichnen hatte. Insgesamt sind die Exporte in den ersten sieben Monaten 2014 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres 2013 nach Russland um 18, 9 % rückläufig. Für rheinland-pfälzische Unternehmen ist es 2014 auch schwieriger geworden, in Russland Aufträge zu erlangen. Dabei ist der Bedarf an qualitativ hochwertigen Technologiegütern groß. Doch Finanzierung und Importe sind für Russland aufgrund des Rubelverfalls teurer geworden. Zudem strebt Russland eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der VR China an. Der Wettbewerb wird für die deutsche und die rheinland-pfälzische Wirtschaft dadurch verschärft. Die russische Seite versucht, vermehrt Aufträge an inländische und nicht westliche Wettbewerber zu vergeben. Bei Geschäften mit Russland zögern insbesondere mittelständische Unternehmen, neue Vertragsabschlüsse zu machen. Befürchtet werden weiterhin zunehmende Probleme im Zollbereich, knappe und späte Devisenfreigaben in Russland sowie plötzliche Sanktionen und Verbote. Deutlich verschlechterte Kreditkonditionen und der erschwerte Zugang zu Handelsfinanzierungen verhindern Geschäfte mit Russland für den Mittelstand. Die mittelständischen Unternehmen verfügen oft nicht über die finanzielle Basis, um langfristige Ausfälle zu kompensieren oder sofort auf andere Märkte ausweichen zu können. Bezüglich der Krise äußern sich die rheinland-pfälzischen Unternehmen zum Russlandgeschäft öffentlich nur sehr zurückhaltend. Der Handel mit Litauen und Lettland zeigt ebenfalls einen Rückgang mit Rheinland-Pfalz. Ein Zusammenhang mit der Ukrainekrise kann dabei nicht ausgeschlossen werden. Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung führt die Aktivitäten in der Außenwirtschaftsförderung mit den Ländern in Mittel- und Osteuropa weiter fort, hat jedoch aufgrund der Sanktionen eine Wirtschaftsreise nach Russland in diesem Jahr verschoben. Die Wirtschaftsreise für rheinland-pfälzische Unternehmer zur Gesundheitsmesse Zdravookhraneniye im Dezember 2014 sowie das geplante Fachseminar für die rheinland-pfälzischen Cluster im Mai 2015 in Moskau werden durchgeführt bzw. befinden sich in Vorbereitung. Eveline Lemke Staatsministerin 3