Drucksache 16/4185 05. 11. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Guido Ernst und Brigitte Hayn (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Kritik am Referendariat für Gymnasiallehrkräfte Die Kleine Anfrage 2740 vom 15. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Der Philologenverband kritisiert mit seiner am 6. Oktober veröffentlichten Resolution das Referendariat für Gymnasiallehrkräfte . Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Unterrichtsstunden sind zu Beginn der Schuljahre 2013/2014 sowie 2014/2015 dadurch ausgefallen, dass eigenverantwortlich unterrichtende Referendarinnen und Referendare während der Unterrichtszeit an Ausbildungsveranstaltungen teilnehmen mussten? 2. Wie begründet die Landesregierung die Abschaffung der Orientierungsphase ohne eigenverantwortlichen Unterricht, die einen systematischen und schrittweisen Einstieg in die Tätigkeit des Gymnasiallehrers ermöglicht hat? 3. Mit welcher Begründung hat die Landesregierung auf eine Benotung der Ausbildungsleistungen während des Referendariats verzichtet? 4. Inwieweit wird die Landesregierung die Kritik des Philologenverbandes bei der Novelle des Lehrerbildungsgesetzes berücksichtigen ? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 4. November 2014 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Lehrkräfteausbildung im Vorbereitungsdienst erfolgt an einem Studienseminar und an Ausbildungsschulen, wobei die Ausbildungsveranstaltungen des Studienseminars anderen dienstlichen Tätigkeiten vorgehen. Der Ausbildungsunterricht und darin der eigenverantwortlich zu erteilende Unterricht ist ein unverzichtbarer Ausbildungsbestandteil im Vorbereitungsdienst und dient in erster Linie der Qualifizierung der Referendarinnen und Referendare. Vor Übernahme des eigenverantwortlichen Unterrichts werden die Referendarinnen und Referendare intensiv durch die Studienseminare unterrichtspraktisch vorbereitet. Die Struktur der Intensivphase wurde mit den Leiterinnen und Leitern der Ausbildungsschulen abgestimmt und findet breite Zustimmung. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Während der Intensivphase werden die Referendarinnen und Referendare in ihren beiden Fächern unterrichtspraktisch ganztägig durch Fachleiterinnen und Fachleiter intensiv betreut und auf die Übernahme ihres eigenverantwortlichen Unterrichts vorbereitet . Beginnt der Vorbereitungsdienst zum 15. Januar eines Jahres, liegt diese dreiwöchige Phase zeitlich nahezu vollständig vor der Übernahme des eigenverantwortlichen Unterrichts. Wenn der Vorbereitungsdienst zum 1. August eines Jahres beginnt, startet die Intensivphase bereits in der letzten Ferienwoche und umfasst die ersten beiden Schulwochen. Da dieses Ausbildungselement praktische Unterrichtsarbeit erfordert, kann es nicht vollständig in die Ferien gelegt werden. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 3. Dezember 2014 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4185 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die exakte Erhebung der betroffenen Unterrichtsstunden wäre mit einem Verwal tungsaufwand verbunden, der im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht zu leisten ist. Deshalb muss auf eine Modellbetrachtung zurückgegriffen werden: Zu Beginn des Schuljahres 2013/2014 wurden an drei Seminarstandorten insgesamt 230 Referendarinnen und Referendare in den Vorbereitungsdienst eingestellt, davon ca. 70 mit vier Wochenstunden eigenverantwortlichem Unterricht im ersten Halbjahr. Für die Intensivphase über zwei Wochen ergeben sich landesweit ca. 560 Unterrichtsstunden. Zu Beginn des Schuljahres 2014/2015 wurden wiederum 230 Referendarinnen und Referendare eingestellt , davon ca. 115 mit eigenverantwortlichem Unterricht; betroffen waren ca. 920 Unterrichtsstunden. Um die Größenverhältnisse einordnen zu können, wird in der Modellbetrachtung ein rheinland-pfälzisches Gymnasium mit der Durchschnittsgröße von 1 000 Schülerinnen und Schülern sowie sechs Referendarinnen bzw. Referendaren zugrunde gelegt, an dem pro Woche ca. 1 500 Unterrichtsstunden erteilt werden. Der Anteil der durch die Intensivphase betroffenen Unterrichtsstunden läge bei dieser Betrachtung in den ersten beiden Wochen des Schuljahres 2013/2014 bei 0,5 % bzw. bei 0,8 % zu Beginn des Schuljahres 2014/2015. Legt man jeweils das gesamte erste Schulhalbjahr zugrunde, betrüge der Anteil der durch die Intensivphase betroffenen Unterrichtsstunden 0,05 bzw. 0,08 %. Der positive Effekt der besonderen Qualifizierungsmaßnahme rechtfertigt bei Weitem die Auswirkungen auf die Unterrichtsstunden. Zu Frage 2: Im Zuge der Reform der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung in Rheinland-Pfalz wurde die gesamte Ausbildung nach den zu erwerbenden beruflichen Kompetenzen weiterentwickelt. Dabei wurden die bildungs-, die fachwissenschaftliche und die fachdidaktische sowie die schulpraktische Ausbildung in den lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengängen intensiviert und stärker als bisher miteinander verzahnt. Hervorzuheben ist hier insbesondere der größere Umfang an studienbegleitenden Schulpraktika mit eigenen Unterrichtsbeiträgen, die zur Hälfte bereits von Studienseminaren betreut werden. Insgesamt wurde somit die Professionalisierung für den angestrebten Beruf gegenüber der früheren Ausbildungsstruktur erheblich gestärkt. Daher können Referendarinnen und Referendare im Vorbereitungsdienst nach der einführenden Intensivphase – ebenso wie die Anwärterinnen und Anwärter der anderen allgemein bildenden Lehrämter auch bereits bisher – unmittelbar eigenverantwortlich unterrichten und somit ein wesentliches Ausbildungselement für ihre individuelle Qualifizierung nutzen. Zu Frage 3: In der neuen Struktur des Vorbereitungsdienstes werden Referendarinnen und Referendare kompetenzorientiert und kriterienbezogen ausgebildet. Es erfolgen regelmäßig Unterrichtsbesuche und Unterrichtsmitschauen sowie verbindliche Beratungsgespräche, in denen Stärken und Schwächen ausgelotet und nächste Entwicklungsschritte aufgezeigt werden. Diese Ausbildung ist als kontinuierlicher Prozess zu verstehen. Benotungen bereits während der Ausbildung würden dem entgegenstehen, weil Benotungen erster Ausbildungsergebnisse, z. B. von Unterrichtsbesuchen, kein valides Leistungskriterium darstellen. Vielmehr ist die Ausbildung ein aufbauendes Voranschreiten, an dessen Ende erst eine auch für den Erfolg der Zweiten Staatsprüfung entscheidende Benotung erfolgen kann. Insoweit unterscheiden sich Ausbildungsleistungen von Referendarinnen und Referendaren im Vorbereitungsdienst grundlegend beispielsweise von Klassenarbeiten von Schülerinnen und Schülern nach abgeschlossenen Unterrichtseinheiten in der Schule. Zu Frage 4: Der Referentenentwurf für ein Lehrkräftebildungsgesetz befindet sich in Vorbereitung. Über konkrete Inhalte können erst Aussagen gemacht werden, wenn sich der Ministerrat mit der Vorlage befasst hat. In Vertretung: Hans Beckmann Staatssekretär