Drucksache 16/4222 12. 11. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Ulrich Steinbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Kommunale Stiftungen und Kommunalaufsicht in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 2758 vom 20. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Das rheinland-pfälzische Kommunal- und Landesrecht gewährt Kommunen oder kommunalen Eigenbetrieben die Möglichkeit, Stiftungen im Rahmen der Aufgabenerfüllung einer Gemeinde zu gründen. Nach § 84 Abs. 2 der Gemeindeordnung (GemO) ist dies nur dann möglich, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Der Landesrechnungshof kritisiert in seinem Kommunalbericht 2014 einige Beispiele kommunaler Stiftungen aus Rheinland-Pfalz. Dort sollen die kommunalrechtlichen Voraussetzungen der Stiftungsgründung oder für deren weiteren Fortbestand nicht gegeben sein. Insbesondere die erforderlichen Finanzierungsanteile privater Dritter würden nicht erbracht. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Prüfergebnisse des Landesrechnungshofes bezüglich der kommunalen Stiftungen in seinem Kommunalbericht 2014? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Rechtsauffassung des Landesrechungshofes bezüglich der Gründung und Geschäftstätig- keit kommunaler Stiftungen? 3. Wie regelmäßig prüfen die zuständigen Stellen insbesondere die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Gründung und die Tätigkeit kommunaler Stiftungen? 4. Wie beabsichtigt die Landesregierung die Einhaltung von Rechtsvorschriften bei kommunalen Stiftungen in Zukunft sicherzu- stellen? 5. In welchen Verwaltungsvorschriften, Rundschreiben oder anderen Verwaltungsakten könnten die zuständigen Stellen auf die gesetzlichen Grundlagen einer Stiftungsgründung und eines Stiftungsfortbestands hinweisen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 12. November 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: In seinem Kommunalbericht 2014 vom 23. Juni 2014 (Drucksache 16/3650) hat der Rechnungshof unter Punkt 6.6 auf Seite 67 folgende auszugsweise wiedergegebene Prüfergebnisse veröffentlicht: „Der Rechnungshof hat in der jüngeren Vergangenheit bei Prüfungen von zwei Städten sowie einer Eigengesellschaft einer weiteren Stadt auch deren Stiftungstätigkeit einbezogen. Eine der beiden Städte hatte 1990 eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet und das Stiftungskapital von rund 9,0 Mio. Euro aus Verkaufserlösen aufgebracht. Stiftungszweck waren die Förderung von Kunst und Kultur, von Wissenschaft und Forschung, der Umwelt, die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen und die Förderung des Sports. Die Stiftung wendete 2007 bis 2010 jährlich 0,2 Mio. Euro bis 0,3 Mio. Euro für diese Zwecke auf. Überwiegend wurden damit Maßnahmen finanziert, die ansonsten im Haushalt der Stadt zu den freiwilligen Ausgaben gehören würden. Zum Teil wurden Stiftungsmittel auch für Vorhaben ohne örtlichen Bezug verwendet. Die andere Stadt errichtete 2007 eine Stiftung des bürgerlichen Rechts und stattete diese mit einem Stiftungsvermögen von 350 000 Euro aus. Daneben erhielt die Stiftung mehrfach städtische Spenden von jeweils 0,4 Mio. Euro, finanziert aus weitergeleiteten Gewinnausschüttungen der Sparkasse. Zweck der Stiftung war Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 4. Dezember 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4222 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode die nachhaltige Förderung des Sports, der Tierzucht, des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes sowie des traditionellen Brauchtums. Nach dem Ergebnis der Prüfung bestand ein erheblicher Sanierungs- und Instandhaltungsbedarf an den der Stiftung gehörenden Gebäuden und Anlagen. Die Eigengesellschaft der Stadt errichtete eine zunächst mit 250 000 Euro dotierte Stiftung des bürgerlichen Rechts. Durch weitere Zustiftungen in den Folgejahren erhöhte sie das Stiftungskapital auf 400 000 Euro. Stiftungsziele waren die Förderung von Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, der Jugend- und Altenhilfe, des Wohlfahrtswesens, des Sports sowie der Brauchtumspflege und des Heimatgedankens. Die Stiftung unterstützte u. a. Theater- und Musikveranstaltungen, Sportvereine sowie caritative und auch städtische Einrichtungen durch Zuschüsse. In allen Fällen gab es keine Zustiftungen Dritter zum Stiftungsvermögen.“ Da der Rechnungshof lediglich über die Prüfungen von zwei Städten sowie einer Eigengesellschaft einer weiteren Stadt und deren Stiftungstätigkeit berichtet, ist eine Beurteilung dieser Prüfungstätigkeit durch die Landesregierung nicht angezeigt. Zu Frage 2: In seinem Kommunalbericht 2014 ist vom Rechnungshof bezüglich der Gründung und Geschäftstätigkeit kommunaler Stiftungen (Drucksache 16/3650) unter Ziffer 6.6 auf den Seiten 67, 68 unter anderem Folgendes ausgeführt worden: „Nach der Rechtsprechung ist die Subsidiarität der Stiftungsgründung nur dann gewährleistet, wenn mit der Vermögensübertragung durch die Kommune ein Mehrwert verbunden ist. Dieser kann nur dann angenommen werden, wenn sich mit Hilfe der Stiftungsgründung bzw. der Einbringung kommunalen Vermögens zusätzliche private Finanzierungsressourcen erschließen lassen, das heißt schon im Stadium der Stiftungsgründung gesicherte Erkenntnisse über eine quantitativ bedeutsame finanzielle Beteiligung Dritter am Stiftungsvermögen vorliegen“. Die vom Rechnungshof zitierte Rechtsprechung betrifft ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW). Es erschließt sich der Landesregierung nicht, warum nach dem Urteil des OVG NRW ein Mehrwert nur dann angenommen werden kann, wenn sich mit Hilfe der Stiftungsgründung bzw. der Einbringung kommunalen Vermögens zusätzliche private Finanzierungsressourcen erschließen lassen. Sie verweist zum einen auf einen Mehrwert durch die Einbringung zusätzlicher öffentlicher Finanzierungsressourcen und zum anderen auf einen ideellen Mehrwert. Zu Frage 3: Bei jeder Stiftung des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts, die als rechtsfähig anerkannt werden soll und deren Stifter oder Mitstifter eine kommunale Gebietskörperschaft ist, wird die betroffene Kommune von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als der regelmäßig nach § 4 Abs. 1 des Landesstiftungsgesetzes (LStiftG) in Rheinland-Pfalz zuständigen Stiftungsbehörde aufgefordert, eine Stellungnahme der zuständigen Kommunalaufsicht im Hinblick auf § 84 Abs. 2 Gemeindeordnung (GemO) vorzulegen . Die Beteiligung erfolgt immer, wenn eine Kommune finanzielle Mittel einbringt, unabhängig davon, ob die Stiftung als kommunale Stiftung oder als öffentliche Stiftung des privaten Rechts errichtet werden soll. In § 84 Abs. 2 GemO wird dabei nicht nur auf die kommunalen Stiftungen Bezug genommen. Gemeindevermögen darf prinzipiell nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung und nur dann in Stiftungsvermögen eingebracht werden, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Damit gilt diese Regelung nicht nur für diejenigen Fälle, in denen die Gemeinde selbst eine Stiftung gründen will, sondern generell für jede Einbringung gemeindlichen Vermögens in eine Stiftung, unabhängig davon, wer der Stifter oder die Stifterin ist. Folglich ist nicht nur die Gründung einer Stiftung durch die Kommune einer kommunalrechtlichen Prüfung zu unterziehen, sondern jegliche Zuführung gemeindlichen Vermögens in eine Stiftung. Sofern eine Kommune eine Stiftung gründen will, erfolgt eine Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig nur dann, wenn die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde keine Bedenken äußert und die weiteren Voraussetzungen des LStiftG und des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfüllt werden. Bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen besteht seitens des oder der Stifter ein Anspruch auf Anerkennung. Die Stiftungsbehörde setzt sich bei einer negativen kommunalaufsichtsrechtlichen Stellungnahme nicht über diese hinweg. Wenn eine Kommune in eine bestehende Stiftung Vermögenswerte einbringen möchte, ist sie selbst verpflichtet, die Vorschriften der GemO einzuhalten und hat im Zweifel die zuständige Kommunalaufsicht zu beteiligen. Die Frage, ob § 84 Abs. 2 GemO der Einbringung von Gemeindevermögen in eine schon bestehende Stiftung entgegensteht, kann von der Stiftungsaufsicht nicht geprüft werden, da Zustiftungen und Schenkungen nicht bei der Stiftungsaufsicht anzumelden sind und die Stiftungsaufsicht hiervon in aller Regel erst im Nachhinein bei der Prüfung der Jahresrechnung und Vermögensübersicht Kenntnis erlangt. Im Übrigen ist die Stiftungsaufsicht als reine Rechtsaufsicht nach Maßgabe des § 9 LStiftG darauf beschränkt zu prüfen, ob die Verwaltung der Stiftung im Einklang mit dem LStiftG, der Satzung und dem Stifterwillen steht. Zu Frage 4: Bei rechtsfähigen kommunalen Stiftungen werden die Aufgaben nach § 9 LStiftG (Stiftungsaufsicht) von der Behörde wahrgenommen, die die Staatsaufsicht über die stiftungsverwaltende kommunale Gebietskörperschaft oder den stiftungsverwaltenden Zweckverband führt (§ 11 LStiftG). Infolge dessen wird die Rechtsaufsicht über eine kommunale Stiftung von der nach § 118 GemO, § 61 LKO, § 13 BezO zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde wahrgenommen (vgl. LStiftG, Drucksache 14/3129). 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4222 Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, wonach die Kommunalaufsicht ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht umfassend nachkommt und demgemäß die Stiftungsaufsicht nicht ordnungsgemäß wahrgenommen wird. Zu Frage 5: Auf die gesetzlichen Grundlagen, die bei der Gründung einer rechtsfähigen Stiftung und im Rahmen ihres Fortbestehens zu beachten sind, weisen die Stiftungsbehörden der Bundesländer und sonstige mit dem Stiftungswesen befasste Organisationen, wie beispielsweise der Bundesverband Deutscher Stiftungen e. V. sowie darüber hinaus für diesen Zweck spezialisierte Anwaltskanzleien , hin. Für Rheinland-Pfalz informiert die ADD als landesweit zentral zuständige Stiftungsbehörde auf ihrer Homepage unter www.add.rlp.de potenzielle Stiftungsgründer und sonstige Interessierte ausführlich darüber, was bei der Gründung und Verwaltung einer rechtsfähigen Stiftung zu beachten ist. Die Informationen umfassen das LStiftG sowie die einschlägigen Bestimmungen im BGB (§§ 80 bis 89) zur Entstehung einer rechtfähigen Stiftung, zum Stiftungsgeschäft, zur Übertragungspflicht des Stifters, zur Stiftung von Todes wegen, zur Anerkennung einer Stiftung nach dem Tod des Stifters, zur Stiftungsverfassung, zur Anwendung des Vereinsrechts, zur Zweckänderung und Aufhebung sowie zum Vermögensanfall und zur Haftung für Organe und zur Insolvenz. Schließlich sind auf der Internetseite der ADD die wichtigsten steuerlichen Regelungen, die für (gemeinnützige) Stiftungen gelten, veröffentlicht . Die Internetseite enthält zudem eine Übersicht über die im Land Rheinland-Pfalz für den Sitz der Stiftungen zuständigen Finanzämter. Darüber hinaus hat die ADD ein Kompendium mit dem Titel „Eine Stiftung zu gründen, heißt auf Dauer Zeichen setzen!“ erstellt. Es enthält für Interessierte ausführliche Informationen zur Gründung und Verwaltung einer rechtsfähigen Stiftung. Zusätzlich ist von der ADD eine Broschüre mit speziellen Informationen zur Errichtung einer (rechtsfähigen) Bürgerstiftung aufgelegt worden, in der explizit auf § 84 Abs. 2 GemO hingewiesen wird. Ein darüber hinausgehendes Informationsbedürfnis ist nach Einschätzung der Landesregierung nicht gegeben. Roger Lewentz Staatsminister 3